Heimkino-Tipp: „City of Lies“ (2018)

2 of amerikaz most wanted murderers

Die (Weiter-)Entwicklung der amerikanischen Rapmusik und deren weltweiter Erfolg ist untrennbar mit den beiden Künstlern 2Pac und The Notorious B.I.G. verbunden. Beide zählten in den 1990er-Jahren zur Sperrspitze des Genres und gelten auch heute noch als zwei der wichtigsten, einflussreichsten und bekanntesten Vertreter jener Musik, die mittels Sprechgesang ein realistisches Abbild des oftmals rauhen Alltags der people of color in den US of A zeichnet. Was beide Herren bedauerlicherweise ebenso verbindet, ist ihr früher gewaltsamer Tod: Sowohl Tupac Shakur alias 2Pac als auch Christopher Wallace alias The Notorious B.I.G. wurden im Alter von 25 bzw. 24 auf offener Straße erschossen. Beide Taten sind bis heute nicht aufgeklärt.

Etliche Dokumentar- und Spielfilme sind in den vergangenen 20 Jahren entstanden und haben mal mehr mal weniger gründlich die Umstände der Attentate thematisiert. Handelte es sich um Auftragsmorde? Waren die Künstler selbst oder zumindest ihre Entourage involviert? Mit „City of Lies“ fügt Regisseur Brad Furman („Der Mandant“, „The Infiltrator“) dieser scheinbar endlosen Diskussion nun ein weiteres Kapitel hinzu, in dem sich Johnny Depp und Forest Whitaker als Ermittler/Journalist-Gespann auf Spurensuche begeben.

Basierend auf einer realen Person verkörpert Depp den Polizisten Russell Poole, der sich nach der Ermordung von Wallace in den Fall regelrecht verbeißt und mit seinen Recherchen sehr schnell intern aneckt. Denn Poole findet heraus, dass das Produzenten-Schwergewicht Suge Knight, bei dem der zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbene Shakur unter Vertrag stand, etliche Polizisten beschäftigt und bezahlt, um ihm nicht nur den Rücken freizuhalten, sondern um ebenso Raubüberfälle, Drogengeschäfte und Schlimmeres zu kaschieren. Poole wird der Fall schließlich entzogen, er quittiert frustriert den Dienst. Jahre später spürt ihn der Reporter Jack Jackson (Whitaker) auf. Zusammen beginnen sie erneut nachzuforschen.

Obacht! „City of Lies“ ist kein Krimi, der stoisch die Fakten abarbeitet und hin und wieder ein paar flotte Actionszenen vom Stapel lässt. Vielmehr graben sich Regisseur Furman und sein Drehbuchautor Christian Contreras ebenso wie die Figur Poole tief in ein komplexes Geflecht mafiöser Strukturen hinein, die ihren realen Ursprung im „Rampart-Skandal“ haben, in dessen Folge damals mehr als 70 Polizisten von Los Angeles verschiedener schwerer Verbrechen angeklagt wurden. Depp gibt seinen Charakter als müden, ausgebrannten und einsamen Einzelgänger mit angedeuteter Plauze, die entsättigte Farbgebung unterstreicht derweil Pooles unübersehbare Ernüchterung über die Machenschaften seiner Kollegen. Gerade im direkten Vergleich mit Depps over-the-top-Auftritten als Jack Sparrow in den „Fluch der Karibik“-Filmen mag seine Performance hier lustlos und zurückgenommen wirken, ist jedoch in meinen Augen ganz großes Kino und eine Charakterstudie der außergewöhnlichen Art. Sein Kollege Whitaker macht seine Sache wie immer gut, bekommt aber nur in wenigen Szenen die Chance, seiner Figur ein wenig mehr Tiefe zu geben.

Letztendlich bilden die trostlose Stimmung und das behäbige Erzähltempo treffend die langjährigen, frustrierenden Ermittlungen ab, die diesen Fall so interessant und kompliziert zugleich erscheinen lassen – ganz nach meinem Geschmack. Wer es dagegen flotter, mit mehr Musik bestückt aber eben leider auch oberflächlicher mag, dem seien an dieser Stelle die beiden Filmbiografien „Notorious“ (2009, mit Wallace im Mittelpunkt) und „All Eyez On Me“ (2017, für 2Pac-Fans) empfohlen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer original und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Extras gibt es einen Audiokommentar, geschnittene Szenen, ein Making of sowie Trailer. „City of Lies“ erscheint bei Koch Films ab 12. August 2021 digital und ab 26. August 2021 auf DVD/Blu-ray. (Packshots + stills: © Koch Films)