Heimkino-Tipp: „Zombie – Dawn of the Dead“ (1978)

Hell Yeah!

Es erstaunt immer wieder, mit welchem Gespür Filmemacher menschliches (Fehl-)Verhalten voraussagen können. Beispiel George A. Romero: Der 2017 im Alter von 77 Jahren verstorbene Regisseur und Drehbuchautor wirft zu Beginn seines hier besprochenen Klassikers einen Blick in die Nachrichtenredaktion eines TV-Senders, bei dem eine Live-Sendung völlig aus dem Ruder läuft: Hier ein Talkshow-Gast, der mit wissenschaftlichen Fakten verzweifelt versucht, sich Gehör zu verschaffen. Dort ein Moderator, der dessen Aussagen bezweifelt und als übertrieben brandmarkt. Und dazwischen ratlose Mitarbeiter, die sich entweder laut und wütend oder still und besorgt auf jeweils eine der beiden Seiten stellen. Grund des Chaos: Ein seltsames Virus, das die Bevölkerung im Rekordtempo dezimiert.

Klingt vertraut? Dabei stammt diese Szene aus einem Film, der bereits 1978 entstanden ist – und inzwischen als Klassiker gilt: „Zombie – Dawn of the Dead“. Nun, pünktlich zum Ende eines Jahres, das uns – bedauerlicherweise – ähnliche Situationen im realen Umfeld beschert hat, erscheint das Werk erstmalig ungeschnitten mit einer FSK-Freigabe, nachdem es 28 Jahre indiziert und beschlagnahmt war. Tja, wie sich die Zeiten ändern ...

Thematisch aufbauend auf seinem Debüt „Die Nacht der lebenden Toten“ (OT: „Night of the Living Dead“, 1968), porträtiert der Horrorfilm von Romero eine kleine Gruppe unterschiedlicher Charaktere, die gemeinsam in einem scheinbar leeren Einkaufszentrum Unterschlupf finden, während außerhalb des Konsumtempels mehr und mehr Menschen getötet/infiziert werden und daraufhin als Untote wiederauferstehen. Eine Heilung scheint es nicht zu geben, Ursache und Ausbruch des Virus bleiben ein Rätsel.

Nun ist es nicht schwer, einen derartigen Filminhalt als ‚nichtssagend‘ oder ‚plump‘ zu bezeichnen. Romeros Ansinnen war jedoch ein anderes: Er zielte mit seiner Zombie-Apokalypse auf die Auswirkungen des Kapitalismus ab, in der der Mensch nicht mehr ist als ein konsumierendes Wesen, das ohne viel Gehirnschmalz willenlos und triebgesteuert seinen Bedürfnissen nachschlürft. Darüber hinaus legte Romero mit seinen vier Hauptfiguren quasi die Blaupause für bis heute immer wieder gern genutzte Filmcharaktere in Notsituationen, die sich trotz gegenseitigem Misstrauen zusammenraufen müssen, um überleben zu können.

Aber es gibt auch andere Interpretationsansätze: Sind die Zombies möglicherweise eine Allegorie auf die armen Bevölkerungsschichten, die gegen die Wohlhabenden und deren Lebensstil aufbegehren? Stehen die vier Verteidiger des Kaufhauses demzufolge für die Reichen und Mächtigen, die zur Selbstverteidigung greifen, um ihren Reichtum zu schützen?

Zugegeben, für mich persönlich sind beide Lesarten nachvollziehbar, aber nur mit viel Wohlwollen ersichtlich. Grund hierfür ist vornehmlich die Gewaltdarstellung, die 1978 geradezu revolutionär wirkte und das Zeigbare im Kino neu definierte. Und ja, künstlerisch gesehen ist die Arbeit von Effekteguru Tom Savini, der hier in der Rolle eines aggressiven Rockers sogar selbst vor der Kamera agiert, bemerkenswert. Allerdings lassen die schauspielerischen Qualitäten einzelner Personen zu wünschen übrig, was zusammen mit der stellenweise etwas holprigen Inszenierungsweise die Glaubhaftigkeit des Szenarios beeinträchtigt (ja ich weiß, Zombies und Realität ...).

Filmhistorisch betrachtet ist diese FSK-bewertete Neuauflage jedoch eine erfreuliche Nachricht. Etliche Genre-Produktionen wären ohne „Zombie – Dawn of the Dead“ nicht denkbar und auch das in meinen Augen gelungene Remake von Zack Snyder aus dem Jahre 2004 verdankt dem Ruf von Romeros Original viel.

Noch ein paar Sätze zu den verfügbaren Fassungen: Es existieren drei unterschiedliche Versionen des Films, wobei der hier rezensierte sogenannte Argento-Cut die in Europa bekannteste ist. In den USA erschien eine etwas längere Fassung („Romero-Cut“), die als weniger temporeich gilt, da sie den Fokus mehr auf die Charakterisierung der Figuren legt. Schließlich existiert noch ein Director’s Cut, der in den 1990ern von Romero selbst angefertigt wurde. Wer alle drei Fassungen besitzen möchte, kann diese exklusiv über die Seite des Anbieters Koch Films bestellen. Alle anderen Editionen, die deutschlandweit verkauft werden, enthalten lediglich den Argento-Cut.

„Zombie – Dawn of the Dead“ erscheint in diversen Formaten auf DVD, Blu-ray und 4K-UHD in remasterter Qualität. Darauf befindet sich der Film in englischer original und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche und englische Untertitel sind optional verfügbar. Die Extras variieren je nach Format. Verkaufsstart ist der 17.12.2020 (Packshots + stills: © Koch Films)

Heimkino-Tipp: „Die Epoche des Menschen – Das Anthropozän“ (2018)

Bestie Mensch

Der Moderator Claus Kleber, bekannt u.a. aus dem ‚heute journal‘ des ZDF, sagte einmal als Anmoderation zu einem Beitrag:

„Wir haben den biblischen Auftrag so ausgelegt, dass unsere Habgier da reinpasst. Wir haben uns die Erde nicht Untertan gemacht, sondern zur Beute. Wir behandeln Land und Meere, Pflanzen und Tiere wie Material mit dem wir machen können was wir wollen. Die haben keine Chance – und hätten sie verdient.“

Das war im Jahre 2013. Wie wenig sich an dieser präzise formulierten Zustandsbeschreibung seither geändert hat – und wenn, dann wohl nur im negativen Sinn –, verdeutlicht eine Dokumentation, die nun zwei Jahre nach ihrer Entstehung auf DVD und Blu-ray erscheint. Sie trägt den Titel „Die Epoche des Menschen“ und befasst sich mit der These, dass die Spezies Mensch eine neues Zeitalter auf dem Planeten Erde eingeläutet habe: das Anthropozän.

Wann dieses begann, ist noch immer Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Vom Beginn des 17.Jahrhunderts bis 1950 reicht das Spektrum jener Zeit, vor der ab der Mensch die Erde signifikant verändert hat, sei es durch Atombombentests, Bevölkerungswachstum, Siedlungsbewegungen, Ressourcenverbrauch oder einer zunehmenden Flut an Plastikpartikeln. Diese Aufzählung ließe sich leider um viele weitere Beispiele ergänzen.

Wie einschneidend die Eingriffe der Menschen in die Natur auch optisch sind, verdeutlicht diese beeindruckende Dokumentation mit einer Bilderflut sondergleichen. Über mehrere Kontinente hinweg werden Orte gezeigt, die sich wahrscheinlich unabänderlich zum Schlechteren entwickelt haben, weil der Mensch in seinem Bedarf (lies: seiner Gier) der Natur rigoros zu Leibe rückt, ohne sich um die Folgen für das Ökosystem zu scheren. Ohne verbal erhobenem Zeigefinger im Off-Kommentar (in der Originalversion eingesprochen von Aktrice Alicia Vikander, in der deutschen Fassung von Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke) sorgen die nackten Fakten verbunden mit den Filmaufnahmen beim Zuschauen für Unbehagen.

Nun könnte man der Doku von Jennifer Baichwal, Nicholas de Pencier und Edward Burtynsky vorwerfen, parteiisch zu sein und die andere Seite, beispielweise Wiederaufforstungsprojekte oder die Leipziger Neuseenlandschaft, die ehemalige Braunkohleabbaugebiete zu wunderschöne Naherholungszentren umwandelt, gar nicht erst zu erwähnen. Doch ist dem nicht so: Als thematische Klammer des Films dient die (bewusste) Vernichtung von Elfenbein in Afrika, das von Wilderern stammt und nun verbrannt wird, um ein Geschäftemachen mit dem edlen Material, für dessen Gewinn noch immer Elefanten getötet werden, zu unterbinden.

Von kleinen Hoffnungsschimmern wie diesen abgesehen, ist die Kernaussage von „Die Epoche des Menschen“ jedoch bedrückend: Wenn der Mensch den Planeten weiterhin so schröpft wie bisher, bleiben schon bald nur noch Erinnerungen übrig an das, was hier einst vergeblich versuchte, neben uns ‚Weltherrschern‘ zu existieren.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und in englischer Originalfassung sowie optionale deutsche Untertitel. Als Bonus sind Trailer beigefügt. „Die Epoche des Menschen – Das Anthropozän“ erscheint bei Happy Entertainment im Vertrieb von AL!VE und ist seit 11. Dezember 2020 erhältlich. (Packshot + stills: Happy Entertainment)