Lethal Boredom
Schauspieler müssen Geld verdienen. Das Agieren vor Publikum resp. der Kamera ist ihr Job und dafür möchten sie entlohnt werden. Deshalb werfe ich keiner/m vor, wenn sie ab und an in B-Movies als Nebendarsteller mitwirken, bei denen sie für wenige Tage Arbeit gut entlohnt werden und vielleicht noch einen Bonus erhalten, wenn sie ihr Gesicht prominent aufs Filmplakat drucken lassen. Pacino tut es, De Niro und Stallone ebenso, Nicolas Cage sowieso. Und auch Oscar-Preisträger Mel Gibson scheint immer mehr Gefallen daran zu finden, wie ein Blick auf seine jüngste Filmografie bestätigt.
Aber puh, manchmal machen es die Stars von einst ihren Fans nicht leicht. „Boneyard“ ist so ein Fall, der seine besten Momente gleich zu Beginn hat – dank eines halbwegs stimmigen Vorspanns, unterlegt mit einem neugierig machenden Song –, kurz danach allerdings die wackelige Handkamera auspackt und mit jeder weiteren Szene tiefer in die Abgründe der semi-professionell inszenierten Langeweile abrutscht. Dass das vorhandene Budget gering war, ist dabei gar nicht problematisch. Es ist vielmehr erschreckend, wie offenkundig Regisseur Asif Akbar schon nach scheinbar fünf Minuten das Interesse an seinem eigenen Film verloren hat und gar nicht erst versucht, auf irgendeine Weise kreativ zu sein. Das zeigt sich auch am Skript, welches er mit zwei weiteren Ideenverweigerern ‚erschaffen‘ hat und das von Klischee-Dialogen nur so strotzt. Ernsthaft: Dieses ‚Werk‘ eignet sich hervorragend für ein Bullshit-Bingo in geselliger Runde, da jeder – wirklich jeder – Satz bereits in hunderten anderen Cop-Thrillern vorkam.
Apropos Cop: Als Polizeichef ist kein geringerer als Curtis „50 Cent“ Jackson zu erleben, was die Casting-Sensation des Jahrzehnts sein dürfte. Nicht nur, dass Mr. Jackson leider immer noch besser rappen als schauspielern kann, nein, mit seiner (realen) Vorgeschichte und seinem öffentlichen ‚Gangster-Image‘ ist er in dieser Rolle maximal unglaubwürdig. Zumal ihm seine Garderobe, eine Uniform, sichtbar zu klein ist. Neben ihm beweist Brian Van Holt in der Hauptrolle eindrucksvoll, wie man 90 Minuten lang in jeder Szene grimmig-nichtssagend dreinschauen kann, während Gibson irgendwo zwischen völlig überzogen und halbseriös seine wenigen Auftritte absolviert.
Aber wovon handelt „Boneyard“ eigentlich? Basierend auf wahren Mordfällen, folgt der Film der Ermittlungsarbeit von Polizei und FBI, während der Täter munter weiter killt. Klingt spannend? Ist es nicht. Vielleicht als ‚guilty pleasure‘ noch erträglich? Nein! Für B-Movie-Fans akzeptabel? Macht euch nicht lächerlich!
Die Blu-ray/DVD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional verfügbar. Als Bonus gibt es Trailer. „Boneyard“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 8. November 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine/Lionsgate)
CineCsaba
Liebe Filmfreunde!
Ein halbes Dutzend Kinoneustarts wöchentlich und unzählige Heimkino-Veröffentlichungen machen es heutzutage nicht leicht, „cineastische Perlen“ zu entdecken. Ob Rezensionen da helfen? Ich weiß es nicht, trotzdem will ich hier meinen Senf zum Thema Film & Kino dazugeben, möchte es wagen Neues zu loben, Klassiker zu verdammen, Aktuelles zu verteufeln, Altes zu empfehlen.
Und wer weiß: Vielleicht entdecken Sie so Ihren neuen Lieblingsfilm?
Heimkino-Tipp: „Kinds of Kindness“ (2024)
Crazy Wild Things
Lust auf Verrücktes? Im Dreierpack? Mit tollen Darstellern, die komische Dinge tun, die wahlweise absurd, schräg, verstörend, beängstigend, amüsant und manchmal sogar berührend sind? Dann dürfte „Kinds of Kindness“, das aktuelle Werk von Yorgos Lanthimos („The Lobster“, „Poor Things“), ein passendes Filmexperiment sein.
In drei Episoden, die auf den ersten Blick inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, lässt der bereits fünf Mal für einen Oscar nominierte Regisseur und Co-Drehbuchautor mehrere SchauspielerInnen, u.a. Emma Stone, Jesse Plemons, Willem Dafoe und Margaret Qualley, in verschiedenen Rollen Seltsames mit- und nebeneinander erleben. Was alle drei Geschichten jedoch – neben den Darstellern – gemein haben, ist ihre stets unvorhersehbare Handlung, die an irgendeiner Stelle sexuelle Neigungen thematisiert. Nicht offensichtlich, nicht direkt, sondern beinahe nebensächlich und dabei immer überraschend.
So erzählt die erste Geschichte von einer überaus irritierenden Chef-Angestellten-Beziehung, in der der Vorgesetzte seinem Untergebenen nicht nur den Tagesablauf und das Essen diktiert, sondern ebenso die Häufigkeit des ehelichen Geschlechtsverkehrs. Episode zwei hingegen berichtet von einem Polizisten, dessen Frau nach ihrer Rettung und Rückkehr von einer abgelegenen Insel scheinbar ein komplett anderer Mensch geworden ist, was sich u.a. auch in der Art ihrer Verführungsversuche zeigt. Der finale Teil des mit 164 Minuten nicht unbedingt kurzen Films wiederum gewährt Einblicke in eine Art spiritueller Kommune, deren Mitglieder sich offenbar gern einander hingeben – wenn bestimmte Regeln eingehalten werden.
Um offen zu sein: Ob dieses drei-in-einem-Film-Projekt einer Agenda folgt, etwas über unser (sexuelles) Zusammenleben aussagen soll oder als Fabel für unser gesellschaftliches, ähh, Treiben dient, erschließt sich mir nicht. Wobei ich persönlich ja großer Fan von Werken bin, die sich das Publikum erst selbst erschließen muss. Jedoch ist in „Kinds of Kindness“ das Agieren der Figuren in vielen Situationen zumindest für den Autor dieser Zeilen nicht nachvollziehbar bzw. rational erklärbar, was dem ‚Hineinfühlen‘ mitunter arg im Weg steht. Doch auch das hat seine Fans.
Unbestreitbar hingegen ist die formale Finesse, die Regisseur Lanthimos einmal mehr an den Tag legt: Das Setting ist exquisit, die Kameraperspektiven – oftmals Weitwinkelaufnahmen – eine Augenweide und der Musikeinsatz präzise und atmosphärisch. Optisch und akustisch gibt’s hier also viel zu staunen.
Skurril, fordernd und gleichsam unterhaltend: Wer auf inhaltliche Experimente steht und tollen SchauspielerInnen dabei zusehen möchte, wie sie abstruses Verhalten wie das Normalste der Welt erscheinen lassen, ist bei „Kinds of Kindness“ genau richtig.
Die Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche und englische Untertitel sind (neben anderen) optional vorhanden. Als Bonus gibt es ein Making of und zwei zusätzliche Szenen. „Kinds of Kindness“ erscheint bei Searchlight Pictures/Walt Disney im Vertrieb von Leonine Studios und ist seit 25. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Searchlight Pictures/Walt Disney/Leonine)
Lust auf Verrücktes? Im Dreierpack? Mit tollen Darstellern, die komische Dinge tun, die wahlweise absurd, schräg, verstörend, beängstigend, amüsant und manchmal sogar berührend sind? Dann dürfte „Kinds of Kindness“, das aktuelle Werk von Yorgos Lanthimos („The Lobster“, „Poor Things“), ein passendes Filmexperiment sein.
In drei Episoden, die auf den ersten Blick inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, lässt der bereits fünf Mal für einen Oscar nominierte Regisseur und Co-Drehbuchautor mehrere SchauspielerInnen, u.a. Emma Stone, Jesse Plemons, Willem Dafoe und Margaret Qualley, in verschiedenen Rollen Seltsames mit- und nebeneinander erleben. Was alle drei Geschichten jedoch – neben den Darstellern – gemein haben, ist ihre stets unvorhersehbare Handlung, die an irgendeiner Stelle sexuelle Neigungen thematisiert. Nicht offensichtlich, nicht direkt, sondern beinahe nebensächlich und dabei immer überraschend.
So erzählt die erste Geschichte von einer überaus irritierenden Chef-Angestellten-Beziehung, in der der Vorgesetzte seinem Untergebenen nicht nur den Tagesablauf und das Essen diktiert, sondern ebenso die Häufigkeit des ehelichen Geschlechtsverkehrs. Episode zwei hingegen berichtet von einem Polizisten, dessen Frau nach ihrer Rettung und Rückkehr von einer abgelegenen Insel scheinbar ein komplett anderer Mensch geworden ist, was sich u.a. auch in der Art ihrer Verführungsversuche zeigt. Der finale Teil des mit 164 Minuten nicht unbedingt kurzen Films wiederum gewährt Einblicke in eine Art spiritueller Kommune, deren Mitglieder sich offenbar gern einander hingeben – wenn bestimmte Regeln eingehalten werden.
Um offen zu sein: Ob dieses drei-in-einem-Film-Projekt einer Agenda folgt, etwas über unser (sexuelles) Zusammenleben aussagen soll oder als Fabel für unser gesellschaftliches, ähh, Treiben dient, erschließt sich mir nicht. Wobei ich persönlich ja großer Fan von Werken bin, die sich das Publikum erst selbst erschließen muss. Jedoch ist in „Kinds of Kindness“ das Agieren der Figuren in vielen Situationen zumindest für den Autor dieser Zeilen nicht nachvollziehbar bzw. rational erklärbar, was dem ‚Hineinfühlen‘ mitunter arg im Weg steht. Doch auch das hat seine Fans.
Unbestreitbar hingegen ist die formale Finesse, die Regisseur Lanthimos einmal mehr an den Tag legt: Das Setting ist exquisit, die Kameraperspektiven – oftmals Weitwinkelaufnahmen – eine Augenweide und der Musikeinsatz präzise und atmosphärisch. Optisch und akustisch gibt’s hier also viel zu staunen.
Skurril, fordernd und gleichsam unterhaltend: Wer auf inhaltliche Experimente steht und tollen SchauspielerInnen dabei zusehen möchte, wie sie abstruses Verhalten wie das Normalste der Welt erscheinen lassen, ist bei „Kinds of Kindness“ genau richtig.
Die Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche und englische Untertitel sind (neben anderen) optional vorhanden. Als Bonus gibt es ein Making of und zwei zusätzliche Szenen. „Kinds of Kindness“ erscheint bei Searchlight Pictures/Walt Disney im Vertrieb von Leonine Studios und ist seit 25. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Searchlight Pictures/Walt Disney/Leonine)
Heimkino-Tipp: „Vincent must die“ (2023)
Der Gejagte
Nicht die beste Art, sich einander vorzustellen: Als der Büroangestellte Vincent (Karim Leklou) den neuen Firmenpraktikanten kennenlernt, fordert er ihn auf, einen Kaffee zu bringen. Zwar ist sein Kommentar nicht ganz ernst gemeint, doch er bleibt nicht folgenlos. Denn kurze Zeit später drischt der Praktikant mit seinem Laptop auf Vincent ein und verletzt ihn damit ordentlich. Ein Missverständnis? Eine übertriebene Retour für Vincents bescheuerten Kommentar zuvor? Dass dem nicht so ist, muss er bald darauf schmerzhaft feststellen – es bleibt nämlich nicht der einzige Angriff auf Vincent. Aus irgendeinem Grund beginnen fremde Menschen plötzlich auf ihn einzuschlagen, ihn zu würgen und versuchen nichts weniger, als ihn zu töten.
In seiner Not flüchtet Vincent ins abgelegene Landhaus seiner Eltern und versucht, etwas über dieses Verhalten herauszufinden. Dabei stößt er auf ein Online-Netzwerk, in dem sich andere Opfer gegenseitig Tipps und Infos geben. Ist es ein Virus? Steht eine Zombie-Apokalypse bevor? Oder rasten die Menschen gerade schlicht und grundlos aus? Bei der Suche nach Antworten erhält er Unterstützung von seiner Zufallsbekanntschaft Margaux (Vimala Pons). Aber wer garantiert ihm, dass sie nicht irgendwann auch auf ihn losgeht?
Es ist eine einfache und doch sehr bedrohliche Prämisse: Was tust du, wenn du nirgends mehr sicher bist, weil dir plötzlich (fast) jeder Böses will? „Vincent must die“ von Stéphan Castang beginnt als fiese Komödie, nur um sich im Verlauf der Handlung sukzessive zu einem Szenario zu entwickeln, das erschreckend real wirkt. Denn was Castang und sein Drehbuchautor Mathieu Naert hier präsentieren, ist nichts weiter als die Definition von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in ihrer einfachsten, auf niederste Instinkte reduzierten Form: Es gibt – zumindest im ersten Teil des Films – keinerlei nachvollziehbare, rational erklärbare Ursache für den Hass, der der Hauptfigur entgegenschlägt. Es geschieht spontan, ohne Vorwarnung, brutal und kommentarlos. Deutlicher kann mensch diese widerlichen Krebsgeschwüre Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht zeigen.
Auch die damit einhergehende Einsamkeit der Opfer und welche Folgen dies für deren Sozialleben hat, arbeitet der Film gut heraus. Wenn Annäherung nur noch möglich ist, wenn dein Gegenüber (mit seinem/ihrem Einverständnis) gefesselt ist, um dich beim Liebesspiel nicht zu verletzen, dann ist die Welt gehörig aus den Fugen geraten. Trotzdem eine Beziehung einzugehen und schlussendlich auf alle ‚Sicherheitsnetze‘ zu verzichten, ist andererseits ebenso eine schöne Allegorie auf das Vertrauen, ohne das keine zwischenmenschliche Beziehung auskommt.
Mag der zweite Teil des Films sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch nicht ganz so packend sein wie die 50 Minuten zuvor, so ist „Vincent must die“ trotzdem einen Blick wert, da er in meinem Augen ziemlich gelungen den Zustand unserer Gesellschaft zunächst amüsant, später konsequent kaltschnäuzig kommentiert.
Die Blu-ray/DVD bietet den Film in französischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es mehrere ausführliche Interviews mit Cast & Crew sowie Trailer. „Vincent must die“ erscheint bei Elite Film AG (Ascot Elite Entertainment) und ist seit 24. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Ascot Elite Ent.)
Nicht die beste Art, sich einander vorzustellen: Als der Büroangestellte Vincent (Karim Leklou) den neuen Firmenpraktikanten kennenlernt, fordert er ihn auf, einen Kaffee zu bringen. Zwar ist sein Kommentar nicht ganz ernst gemeint, doch er bleibt nicht folgenlos. Denn kurze Zeit später drischt der Praktikant mit seinem Laptop auf Vincent ein und verletzt ihn damit ordentlich. Ein Missverständnis? Eine übertriebene Retour für Vincents bescheuerten Kommentar zuvor? Dass dem nicht so ist, muss er bald darauf schmerzhaft feststellen – es bleibt nämlich nicht der einzige Angriff auf Vincent. Aus irgendeinem Grund beginnen fremde Menschen plötzlich auf ihn einzuschlagen, ihn zu würgen und versuchen nichts weniger, als ihn zu töten.
In seiner Not flüchtet Vincent ins abgelegene Landhaus seiner Eltern und versucht, etwas über dieses Verhalten herauszufinden. Dabei stößt er auf ein Online-Netzwerk, in dem sich andere Opfer gegenseitig Tipps und Infos geben. Ist es ein Virus? Steht eine Zombie-Apokalypse bevor? Oder rasten die Menschen gerade schlicht und grundlos aus? Bei der Suche nach Antworten erhält er Unterstützung von seiner Zufallsbekanntschaft Margaux (Vimala Pons). Aber wer garantiert ihm, dass sie nicht irgendwann auch auf ihn losgeht?
Es ist eine einfache und doch sehr bedrohliche Prämisse: Was tust du, wenn du nirgends mehr sicher bist, weil dir plötzlich (fast) jeder Böses will? „Vincent must die“ von Stéphan Castang beginnt als fiese Komödie, nur um sich im Verlauf der Handlung sukzessive zu einem Szenario zu entwickeln, das erschreckend real wirkt. Denn was Castang und sein Drehbuchautor Mathieu Naert hier präsentieren, ist nichts weiter als die Definition von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in ihrer einfachsten, auf niederste Instinkte reduzierten Form: Es gibt – zumindest im ersten Teil des Films – keinerlei nachvollziehbare, rational erklärbare Ursache für den Hass, der der Hauptfigur entgegenschlägt. Es geschieht spontan, ohne Vorwarnung, brutal und kommentarlos. Deutlicher kann mensch diese widerlichen Krebsgeschwüre Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht zeigen.
Auch die damit einhergehende Einsamkeit der Opfer und welche Folgen dies für deren Sozialleben hat, arbeitet der Film gut heraus. Wenn Annäherung nur noch möglich ist, wenn dein Gegenüber (mit seinem/ihrem Einverständnis) gefesselt ist, um dich beim Liebesspiel nicht zu verletzen, dann ist die Welt gehörig aus den Fugen geraten. Trotzdem eine Beziehung einzugehen und schlussendlich auf alle ‚Sicherheitsnetze‘ zu verzichten, ist andererseits ebenso eine schöne Allegorie auf das Vertrauen, ohne das keine zwischenmenschliche Beziehung auskommt.
Mag der zweite Teil des Films sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch nicht ganz so packend sein wie die 50 Minuten zuvor, so ist „Vincent must die“ trotzdem einen Blick wert, da er in meinem Augen ziemlich gelungen den Zustand unserer Gesellschaft zunächst amüsant, später konsequent kaltschnäuzig kommentiert.
Die Blu-ray/DVD bietet den Film in französischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es mehrere ausführliche Interviews mit Cast & Crew sowie Trailer. „Vincent must die“ erscheint bei Elite Film AG (Ascot Elite Entertainment) und ist seit 24. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Ascot Elite Ent.)
Heimkino-Tipp: „King’s Land“ (2023)
Der Unbeugsame
Überhebliches Gelächter, abwertende Kommentare und unhöfliches Benehmen: All das erträgt der stolze Ex-Offizier Ludvig (Mads Mikkelsen) mit Ruhe und Beharrlichkeit, als er 1755 am Hofe des Königs vorspricht, um eine Erlaubnis zum Bewirtschaften der kargen dänischen Heide zu erhalten. Zwar wird ihm der Wunsch gewährt, doch an einen Erfolg glaubt keiner – außer Ludvig selbst, der erst allein, später mit Unterstützung Ausgestoßener, den toten Boden zum Leben erwecken will. Doch die oftmals gnadenlose Natur ist dabei nicht sein einziger Gegner: Der junge Gutsherr De Schinkel (Simon Bennebjerg) will was vom Kuchen abhaben – und nutzt fortan jedes Mittel, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, auch wenn er damit geltendes Recht ignoriert.
Mittelloser Bauer vs. allmächtiger Adel: „King’s Land“ greift die biblische Geschichte vom Kampf David gegen Goliath auf und verlegt sie ins Dänemark des 18. Jahrhunderts, um daraus einen fesselnden ‚skandinavischen Western‘ zu kreieren. Und wie sich das für einen dänischen Film gehört, vor allem wenn Profis wie Nikolaj Arcel (Skript/Regie) und Anders Thomas Jensen (Skript) am Werk sind (u.a. „Adams Äpfel“, „Nach der Hochzeit“, „Helden der Wahrscheinlichkeit“), ergibt das einen ungemein packenden, unvorhersehbar verlaufenden und wenig zimperlichen Historienfilm, der sich wie ein moderner Thriller anfühlt.
Dabei präsentiert sich die Hauptfigur wunderbar ambivalent, tritt einerseits mit Vehemenz für Gerechtigkeit ein, nimmt andererseits (zunächst) aber wenig Rücksicht auf ihr Umfeld, wenn es dem Ziel, den trockenen Acker zum Blühen zu bringen, scheinbar entgegensteht. Wie Mikkelsen es einmal mehr gelingt, aus einem störrischen Egoisten eine Figur rauszuschälen, der man als Zuschauer bei jeder neuen Hürde motivierend auf die Schulter klopfen will, ist eine schauspielerische Klasse für sich. Das Setting fügt sich wunderbar in diese Charakterstudie ein, wenn aus dem harten, undurchdringlichen Boden sukzessive eine lebendige Oase wird, die jedoch immer wieder zu verwelken droht, wenn Ludvig und seine UnterstützerInnen die nächste Hiobsbotschaft ereilt. ‚Argumentieren‘ einzelne zudem mit rassistischen Vorurteilen, während andere willkürlich und von männlichen Allmachtsfantasien geblendet Gewalt als scheinbar einziges probates Mittel immer und immer wieder einsetzen, so sind die Bezüge zur aktuellen Weltpolitik leicht auszumachen.
Ja, der Kampf des ‚kleinen Mannes‘ gegen einen übermächtigen, an Ressourcen niemals ermüdenden Gegner war im 18. Jahrhundert ebenso ungerecht wie heute: Gesetze und Vereinbarungen werden bewusst gebrochen, Kollateralschäden bereitwillig akzeptiert, Folgen hat es für die im Unrecht Handelnden selten. Ernüchternd, gewiss, aber der Kampf lohnt. Ebenso wie dieser großartige Film.
Die 4K Ultra HD/Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in dänischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es diverse Interviews, ein Making of der Visual Effects sowie Trailer. „King’s Land“ erscheint bei Plaion Pictures und ist seit 24. Oktober 2024 auch im Mediabook (mit einem Text von Stefan Jung) und digital erhältlich. (Packshot + stills: © Henrik Ohsten/Zentropa/Plaion Pictures GmbH)
Überhebliches Gelächter, abwertende Kommentare und unhöfliches Benehmen: All das erträgt der stolze Ex-Offizier Ludvig (Mads Mikkelsen) mit Ruhe und Beharrlichkeit, als er 1755 am Hofe des Königs vorspricht, um eine Erlaubnis zum Bewirtschaften der kargen dänischen Heide zu erhalten. Zwar wird ihm der Wunsch gewährt, doch an einen Erfolg glaubt keiner – außer Ludvig selbst, der erst allein, später mit Unterstützung Ausgestoßener, den toten Boden zum Leben erwecken will. Doch die oftmals gnadenlose Natur ist dabei nicht sein einziger Gegner: Der junge Gutsherr De Schinkel (Simon Bennebjerg) will was vom Kuchen abhaben – und nutzt fortan jedes Mittel, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, auch wenn er damit geltendes Recht ignoriert.
Mittelloser Bauer vs. allmächtiger Adel: „King’s Land“ greift die biblische Geschichte vom Kampf David gegen Goliath auf und verlegt sie ins Dänemark des 18. Jahrhunderts, um daraus einen fesselnden ‚skandinavischen Western‘ zu kreieren. Und wie sich das für einen dänischen Film gehört, vor allem wenn Profis wie Nikolaj Arcel (Skript/Regie) und Anders Thomas Jensen (Skript) am Werk sind (u.a. „Adams Äpfel“, „Nach der Hochzeit“, „Helden der Wahrscheinlichkeit“), ergibt das einen ungemein packenden, unvorhersehbar verlaufenden und wenig zimperlichen Historienfilm, der sich wie ein moderner Thriller anfühlt.
Dabei präsentiert sich die Hauptfigur wunderbar ambivalent, tritt einerseits mit Vehemenz für Gerechtigkeit ein, nimmt andererseits (zunächst) aber wenig Rücksicht auf ihr Umfeld, wenn es dem Ziel, den trockenen Acker zum Blühen zu bringen, scheinbar entgegensteht. Wie Mikkelsen es einmal mehr gelingt, aus einem störrischen Egoisten eine Figur rauszuschälen, der man als Zuschauer bei jeder neuen Hürde motivierend auf die Schulter klopfen will, ist eine schauspielerische Klasse für sich. Das Setting fügt sich wunderbar in diese Charakterstudie ein, wenn aus dem harten, undurchdringlichen Boden sukzessive eine lebendige Oase wird, die jedoch immer wieder zu verwelken droht, wenn Ludvig und seine UnterstützerInnen die nächste Hiobsbotschaft ereilt. ‚Argumentieren‘ einzelne zudem mit rassistischen Vorurteilen, während andere willkürlich und von männlichen Allmachtsfantasien geblendet Gewalt als scheinbar einziges probates Mittel immer und immer wieder einsetzen, so sind die Bezüge zur aktuellen Weltpolitik leicht auszumachen.
Ja, der Kampf des ‚kleinen Mannes‘ gegen einen übermächtigen, an Ressourcen niemals ermüdenden Gegner war im 18. Jahrhundert ebenso ungerecht wie heute: Gesetze und Vereinbarungen werden bewusst gebrochen, Kollateralschäden bereitwillig akzeptiert, Folgen hat es für die im Unrecht Handelnden selten. Ernüchternd, gewiss, aber der Kampf lohnt. Ebenso wie dieser großartige Film.
Die 4K Ultra HD/Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in dänischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es diverse Interviews, ein Making of der Visual Effects sowie Trailer. „King’s Land“ erscheint bei Plaion Pictures und ist seit 24. Oktober 2024 auch im Mediabook (mit einem Text von Stefan Jung) und digital erhältlich. (Packshot + stills: © Henrik Ohsten/Zentropa/Plaion Pictures GmbH)
Heimkino-Tipp: „A Killer Romance“ (2023)
Bad Teacher
Das muss der Traum für jeden Schauspieler sein: In einem Film nicht nur eine, sondern gleich mehrere Rollen verkörpern zu können. Alle mit seltsamen Eigenheiten, witzigen Ticks und wechselndem Äußeren. Peter Sellers hat das einst in den 1960er- und 1970er-Jahren in diversen Komödien auf die Spitze getrieben, der großartige James McAvoy hingegen im Psychothriller „Spilt“ (2016, Rezi HIER) die dunkle Seite einer mehrfachen Persönlichkeitsspaltung präsentiert. Was diese Filme aus verschiedenen Genres alle gemeinsam haben (müssen): Einen talentierten Hauptdarsteller, der zwischen all diesen Rollen mühelos hin- und herwechseln kann und dabei stets glaubhaft agiert. Glen Powell zählt zweifellos dazu.
In „A Killer Romance“, an dessen Drehbuch er selbst mitgewirkt hat, lernen wir ihn zunächst als ziemlich unscheinbaren Lehrer Gary kennen, der zwar viel über Philosophie und Psychologie weiß, aber ansonsten bis zwei Katzen nicht viel zu bieten hat. Seine Freizeit vertreibt er sich u.a. als Techniker bei polizeilichen Abhöraktionen. Das macht Spaß, bringt etwas Nervenkitzel in sein Leben, birgt aber keinerlei Gefahr. Das ändert sich, als er kurzfristig für seinen Kollegen Jasper (Austin Amelio) einspringen muss. Dessen Spezialität: Sich als Killer ausgeben und Menschen überführen, die jemanden gegen Bezahlung umbringen lassen wollen.
Und siehe da: Als ‚bestellter Auftragsmörder Ron‘ entdecken Gary und seine Undercover-KollegInnen plötzlich ganz neue Seiten an ihm. Ob cool, knallhart, mitfühlend oder psychotisch, Ron füllt jede Rolle perfekt aus und sorgt für einen Verhaftungsrekord, der Jasper ziemlich schnell anpisst. Kompliziert wird es für Gary/Ron erst, als ihn die hübsche Madison (Adria Arjona) um seine Dienste bittet. Ihr cholerischer und kontrollsüchtiger Ehemann, der ihr das Leben zur Hölle macht, soll weg. Statt sie jedoch auflaufen zu lassen, gibt er ihr wertvolle Ratschläge – und beginnt bald darauf als Ron eine Affäre mit ihr. Sexy ja, clever nein. Definitiv nein.
Klingt alles ein wenig konstruiert? Tja, basiert aber – zumindest bis etwa hierhin – auf der Lebensgeschichte einer realen Person. Und ist nebenbei bemerkt – nicht nur bis hierhin – so ungemein charmant und leichtfüßig erzählt, dass es eine wahre Freude ist zuzusehen. Irgendwo zwischen Verwechslungskomödie, Krimi, Romanze und Satire findet Co-Autor und Regisseur Richard Linklater genau die richtige Balance und lässt die sichtbar gutgelaunten Darsteller in einer herrlich abstrus-verrückten (halb-)wahren Handlung aufeinander los. Hier zeigt sich auch das ganze Können von Linklater, der ja eher aus der Independent-Ecke stammt und dort seit vielen Jahren wunderbare Filme kreiert („School of Rock“, Boyhood“, die „Before“-Trilogie). Inszenatorisch eher unauffällig, verzichtet er auf optische Sperenzchen oder stylische ‚money shots‘ und vertraut lieber ganz auf die Aura, das Spiel und das Feuer zwischen seinen Protagonisten. Mag „A Killer Romance“ an manchen Stellen auch etwas dialoglastig sein, langweilig wird es nie.
Nebenbei ist „A Killer Romance“, der im Original schlicht den Titel „Hit Man“ trägt, eine überaus interessante Abhandlung und Lehrstunde darüber, wie Rollenspiele das eigene Leben bereichern, aber eben auch belasten und uns und/oder andere in Gefahr bringen können. Arthur Fleck alias ‚Joker‘ kann davon – Achtung, schlechter Kalauer – sicher mehr als nur ein Lied singen.
Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es Interviews, ein paar Making of-Clips und Trailer. „A Killer Romance“ erscheint bei Leonine und ist seit 18. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)
Das muss der Traum für jeden Schauspieler sein: In einem Film nicht nur eine, sondern gleich mehrere Rollen verkörpern zu können. Alle mit seltsamen Eigenheiten, witzigen Ticks und wechselndem Äußeren. Peter Sellers hat das einst in den 1960er- und 1970er-Jahren in diversen Komödien auf die Spitze getrieben, der großartige James McAvoy hingegen im Psychothriller „Spilt“ (2016, Rezi HIER) die dunkle Seite einer mehrfachen Persönlichkeitsspaltung präsentiert. Was diese Filme aus verschiedenen Genres alle gemeinsam haben (müssen): Einen talentierten Hauptdarsteller, der zwischen all diesen Rollen mühelos hin- und herwechseln kann und dabei stets glaubhaft agiert. Glen Powell zählt zweifellos dazu.
In „A Killer Romance“, an dessen Drehbuch er selbst mitgewirkt hat, lernen wir ihn zunächst als ziemlich unscheinbaren Lehrer Gary kennen, der zwar viel über Philosophie und Psychologie weiß, aber ansonsten bis zwei Katzen nicht viel zu bieten hat. Seine Freizeit vertreibt er sich u.a. als Techniker bei polizeilichen Abhöraktionen. Das macht Spaß, bringt etwas Nervenkitzel in sein Leben, birgt aber keinerlei Gefahr. Das ändert sich, als er kurzfristig für seinen Kollegen Jasper (Austin Amelio) einspringen muss. Dessen Spezialität: Sich als Killer ausgeben und Menschen überführen, die jemanden gegen Bezahlung umbringen lassen wollen.
Und siehe da: Als ‚bestellter Auftragsmörder Ron‘ entdecken Gary und seine Undercover-KollegInnen plötzlich ganz neue Seiten an ihm. Ob cool, knallhart, mitfühlend oder psychotisch, Ron füllt jede Rolle perfekt aus und sorgt für einen Verhaftungsrekord, der Jasper ziemlich schnell anpisst. Kompliziert wird es für Gary/Ron erst, als ihn die hübsche Madison (Adria Arjona) um seine Dienste bittet. Ihr cholerischer und kontrollsüchtiger Ehemann, der ihr das Leben zur Hölle macht, soll weg. Statt sie jedoch auflaufen zu lassen, gibt er ihr wertvolle Ratschläge – und beginnt bald darauf als Ron eine Affäre mit ihr. Sexy ja, clever nein. Definitiv nein.
Klingt alles ein wenig konstruiert? Tja, basiert aber – zumindest bis etwa hierhin – auf der Lebensgeschichte einer realen Person. Und ist nebenbei bemerkt – nicht nur bis hierhin – so ungemein charmant und leichtfüßig erzählt, dass es eine wahre Freude ist zuzusehen. Irgendwo zwischen Verwechslungskomödie, Krimi, Romanze und Satire findet Co-Autor und Regisseur Richard Linklater genau die richtige Balance und lässt die sichtbar gutgelaunten Darsteller in einer herrlich abstrus-verrückten (halb-)wahren Handlung aufeinander los. Hier zeigt sich auch das ganze Können von Linklater, der ja eher aus der Independent-Ecke stammt und dort seit vielen Jahren wunderbare Filme kreiert („School of Rock“, Boyhood“, die „Before“-Trilogie). Inszenatorisch eher unauffällig, verzichtet er auf optische Sperenzchen oder stylische ‚money shots‘ und vertraut lieber ganz auf die Aura, das Spiel und das Feuer zwischen seinen Protagonisten. Mag „A Killer Romance“ an manchen Stellen auch etwas dialoglastig sein, langweilig wird es nie.
Nebenbei ist „A Killer Romance“, der im Original schlicht den Titel „Hit Man“ trägt, eine überaus interessante Abhandlung und Lehrstunde darüber, wie Rollenspiele das eigene Leben bereichern, aber eben auch belasten und uns und/oder andere in Gefahr bringen können. Arthur Fleck alias ‚Joker‘ kann davon – Achtung, schlechter Kalauer – sicher mehr als nur ein Lied singen.
Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es Interviews, ein paar Making of-Clips und Trailer. „A Killer Romance“ erscheint bei Leonine und ist seit 18. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)
Heimkino-Tipp: „Robot Dreams“ (2023)
Dancin’ in September
Schon mal einen Hund einen Hot Dog essen sehen? Einen Hirsch mit einer Kuh kuscheln? Oder einen Oktopus, der in einer U-Bahn-Station mit seinem Trommelspiel begeistert? Dies alles gibt es tatsächlich – im bunten New York der 1980er-Jahre, wie es Regisseur Pablo Berger in seinem herzerwärmenden „Robot Dreams“ präsentiert. Bei so vielen menschlichen Eigenschaften, die seine tierischen Bewohner besitzen, braucht es die Zweibeiner gar nicht mehr. Stattdessen leben Tiere aller Art harmonisch neben- und miteinander und genießen den warmen Herbst.
Außer Dog, ein alleinlebender Hund, der sich sehr nach einer Begleitung sehnt. Die kommt in Form eines selbst zusammenschraubbaren Roboters in sein Leben, den er sich eines Abends beim Teleshopping-Kanal bestellt. Kaum erwacht, lächelt der große Blechmann unentwegt, verbreitet gute Laune und beschert Dog endlich den Freund fürs Leben, den er sich schon immer gewünscht hat. Doch das Glück ist endlich: Als der Roboter nach einem Ausflug an den Strand unbeweglich im Sand liegen bleibt, muss Dog ihn nach diversen Rettungsversuchen zurücklassen – zumindest bis zum nächsten Sommer, wenn er wieder an den Strand darf. Doch wie weiterleben, wenn der beste Freund plötzlich nicht mehr da ist?
Basierend auf einer Comicvorlage von Sara Varon und komplett auf Dialoge verzichtend, könnte mensch „Robot Dreams“ ob seiner tierischen Hauptdarsteller als Fabel bezeichnen – über das Überwinden von Einsamkeit, das Glück von Freundschaften und Abnabelungsprozesse, vor denen (fast) keine Beziehung gefeit ist. Erzählt ist dies stets zart und gefühlvoll, niemals bösartig und doch ehrlich. Diese Balance macht den Film sowohl für ein junges als auch erwachsenes Publikum interessant, wobei Letzteres sich zudem noch über einige Filmzitate freuen kann, die immer wieder durchs Bild huschen.
„Robot Dreams“ ist kein ‚lauter‘ Action- und Slapstickspaß wie beispielsweise „Pets“ oder „Zoomania“, in denen Tiere ganz eindeutig bestimmte menschliche Charaktere und Eigenarten darstellen. Welche Tierart hier gerade mit wem über die Straße spaziert, ist völlig irrelevant. Regisseur Berger konzentriert sich nur auf die zu erzählende Geschichte – und die ist universell. Genauso wie Musik, jene universelle Sprache, die trösten, begeistern und mitreißen kann. Im Falle von „Robot Dreams“ ist das vor allem der groovige 70er-Jahre-Hit „September“ der Band Earth, Wind & Fire, der das Leitmotiv dieses filmischen Kleinods darstellt, das zu Recht 2024 eine Oscar-Nominierung als Bester Animationsfilm erhielt.
Die Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film, der ohne Dialoge auskommt, mit optionalen deutschen Untertiteln für die Übersetzung von Schildern u.a., welche englisch erscheinen. Als Bonus gibt es mehrere Kurzdokumentation, die sich mit der Entstehung des Films befassen. Zudem gibt es noch eine ‚Special Edition‘, die zusätzlich noch eine Soundtrack-CD enthält. „Robot Dreams“ erscheint bei Plaion Pictures und ist ab 17. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Plaion Pictures GmbH)
Schon mal einen Hund einen Hot Dog essen sehen? Einen Hirsch mit einer Kuh kuscheln? Oder einen Oktopus, der in einer U-Bahn-Station mit seinem Trommelspiel begeistert? Dies alles gibt es tatsächlich – im bunten New York der 1980er-Jahre, wie es Regisseur Pablo Berger in seinem herzerwärmenden „Robot Dreams“ präsentiert. Bei so vielen menschlichen Eigenschaften, die seine tierischen Bewohner besitzen, braucht es die Zweibeiner gar nicht mehr. Stattdessen leben Tiere aller Art harmonisch neben- und miteinander und genießen den warmen Herbst.
Außer Dog, ein alleinlebender Hund, der sich sehr nach einer Begleitung sehnt. Die kommt in Form eines selbst zusammenschraubbaren Roboters in sein Leben, den er sich eines Abends beim Teleshopping-Kanal bestellt. Kaum erwacht, lächelt der große Blechmann unentwegt, verbreitet gute Laune und beschert Dog endlich den Freund fürs Leben, den er sich schon immer gewünscht hat. Doch das Glück ist endlich: Als der Roboter nach einem Ausflug an den Strand unbeweglich im Sand liegen bleibt, muss Dog ihn nach diversen Rettungsversuchen zurücklassen – zumindest bis zum nächsten Sommer, wenn er wieder an den Strand darf. Doch wie weiterleben, wenn der beste Freund plötzlich nicht mehr da ist?
Basierend auf einer Comicvorlage von Sara Varon und komplett auf Dialoge verzichtend, könnte mensch „Robot Dreams“ ob seiner tierischen Hauptdarsteller als Fabel bezeichnen – über das Überwinden von Einsamkeit, das Glück von Freundschaften und Abnabelungsprozesse, vor denen (fast) keine Beziehung gefeit ist. Erzählt ist dies stets zart und gefühlvoll, niemals bösartig und doch ehrlich. Diese Balance macht den Film sowohl für ein junges als auch erwachsenes Publikum interessant, wobei Letzteres sich zudem noch über einige Filmzitate freuen kann, die immer wieder durchs Bild huschen.
„Robot Dreams“ ist kein ‚lauter‘ Action- und Slapstickspaß wie beispielsweise „Pets“ oder „Zoomania“, in denen Tiere ganz eindeutig bestimmte menschliche Charaktere und Eigenarten darstellen. Welche Tierart hier gerade mit wem über die Straße spaziert, ist völlig irrelevant. Regisseur Berger konzentriert sich nur auf die zu erzählende Geschichte – und die ist universell. Genauso wie Musik, jene universelle Sprache, die trösten, begeistern und mitreißen kann. Im Falle von „Robot Dreams“ ist das vor allem der groovige 70er-Jahre-Hit „September“ der Band Earth, Wind & Fire, der das Leitmotiv dieses filmischen Kleinods darstellt, das zu Recht 2024 eine Oscar-Nominierung als Bester Animationsfilm erhielt.
Die Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film, der ohne Dialoge auskommt, mit optionalen deutschen Untertiteln für die Übersetzung von Schildern u.a., welche englisch erscheinen. Als Bonus gibt es mehrere Kurzdokumentation, die sich mit der Entstehung des Films befassen. Zudem gibt es noch eine ‚Special Edition‘, die zusätzlich noch eine Soundtrack-CD enthält. „Robot Dreams“ erscheint bei Plaion Pictures und ist ab 17. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Plaion Pictures GmbH)
Heimkino-Tipp: „Der Untergang“ (2004)
Der Wahn(sinnige) und seine Anhänger
Schon bevor „Der Untergang“ im September 2004 in den hiesigen Kinos anlief, hatte er dank seiner Marketingstrategen (und ganz sicher auch dank Produzent Bernd Eichinger) für Furore gesorgt. Ein deutscher(!) Spielfilm, der ausschließlich die letzten Tage im „Führerbunker“ zeigt und Adolf Hitler im Alltag begleitet? Basierend auf authentischen Dokumenten, Gesprächsprotokollen und Situationen? Die Fallhöhe war immens – der (ebenso internationale) Erfolg im Anschluss jedoch nicht minder beachtlich.
Dabei haben es speziell deutsche Produktionen, die sich dem ‚Dritten Reich‘ widmen, bei Publikum und Kritikern noch nie leicht gehabt. Nur ein paar Beispiele, die das belegen sollen (und z.T. vor und nach „Der Untergang“ entstanden sind): „Nichts als die Wahrheit“ (1999) erzählt die – fiktive – Geschichte eines am Leben gebliebenen Josef Mengele (dargestellt von Götz George), der mithilfe eines Anwalts (Kai Wiesinger) im Rentenalter an die Öffentlichkeit tritt, um sich und seine Taten zu rechtfertigen. Ein faszinierendes Filmexperiment, das seine Story dafür nutzt, um vor der latenten Gefahr der Verführung und Relativierung von rechts zu warnen. Oder Dani Levys Parodie „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ (2007), in der ausgerechnet ein deutscher Jude (Ulrich Mühe) Hitler (Helge Schneider) die Redekunst beibringen soll. Nicht zu vergessen Oskar Roehlers umstrittener Skandalstreifen „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ (2010), der zwar Fakten nutzte, diese aber sehr eigenwillig interpretierte. Seltsamerweise erhalten ausländische Produktionen zu Hitler-Deutschland und den damit verbundenen Ereignissen selten solch harsche Kritik wie die eben genannten, ganz gleich wie freigeistig sie sich dem Stoff nähern (siehe u.a. „Jojo Rabbit“, 2019).
Die Häme für „Der Untergang“ kam derweil erst mit einigen Jahren Verzögerung und dann auch eher aus Respekt für die Schauspielkunst von Bruno Ganz statt als Veräppelung. Ganz spielte Hitler nämlich so beeindruckend nah am Original, dass er seither aufgrund seiner Mimik, Gestik und Sprachmelodie für unzählige Persiflagen auf YouTube herhalten muss, in denen ‚Hitler‘ die unsinnigsten Dinge sagt.
Lässt man die inzwischen bekannten inhaltlichen Fehler und ärgerlichen Ereignisse während der Produktion außen vor (wer es genauer wissen will, kann dies u.a. auf der Wikipedia-Seite zum Film nachlesen), so muss man Regisseur Hirschbiegel zweifellos großes Talent attestieren, diese Menge an Personen und Storyschnipseln, die ihm Eichingers Drehbuch vorgegeben hat, zu einer in großen Teilen kohärenten, spannenden Geschichte verknüpft zu haben. Vorausgesetzt das Publikum ist dazu bereit, den hier präsentierten Menschen ihre Zeit zu widmen und sich ihrer Konflikte anzunehmen. Keine moralischen Konflikte wohlgemerkt, denn ihre Rollen im großen Ganzen, ihre Verantwortung und ja, Schuld, für das Leid, welches ihre Taten bewirkt haben, egal ob als Sekretärin, Fußsoldat oder Handlanger, werden in keiner Szene thematisiert. Ist dies problematisch? Auf jeden Fall. Doch aus Sicht eines Drehbuchautors, der sich ganz auf seine Figuren konzentriert, um aus ihren Handlungen einen Spannungsbogen zu erschaffen, in gewisser Weise nachvollziehbar.
Zumal dieser Film bei allen Nebenschauplätzen von Anfang an nur einen Mittelpunkt hat: Bruno Ganz’ Hitler-Darstellung. Dies sind die money shots, das ist der unique selling point, dafür ström(t)en die Menschen ins Kino. Und Ganz liefert: im Lauten, im Stillen, im Übertriebenen, im Subtilen. Es ist die Rolle, die mit ihm – damals 63 Jahre alt – bis an sein Lebensende verbunden bleiben sollte, obwohl er davor schon und danach noch unzählige weitere großartige Rollen verkörpert hatte.
Was aber ist der Mehrwert von einem Film wie „Der Untergang“: Bebilderung historischer Ereignisse zum besseren Verständnis und als Warnung vor Wiederholung? Normalisierung von einst einflussreichen Unmenschen, um ihre Fehlbarkeit zu unterstreichen (und somit eine Relativierung ihrer Taten)? Oder doch nur cleverer Schachzug eines Produzenten, der die Faszination mit Personen wie Hitler zu nutzen wusste, um mit viel Herzblut, Geld, Talent und geschichtlichen Quellen einfach einen guten, erfolgreichen Film kreieren wollte? Das Urteil liegt wie so oft im Auge der Betrachter.
Die nun neu erschienene 4K Ultra HD/Blu-ray-Edition bietet den Film in deutscher Originalsprachfassung. Englische Untertitel sowie deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind optional vorhanden. Zudem gibt es eine deutsche Hörfilmfassung für Sehgeschädigte (sehr lobenswert!). Die Blu-ray enthält umfangreiches Bonusmaterial zur Entstehungsgeschichte, etliche Interviews und auch einen Audiokommentar. Einziges Manko: Leider ist die Extended-TV-Version des Films nicht mit auf den Discs enthalten. „Der Untergang“ ist seit 26. September 2024 bei Constantin Film im Vertrieb von Highlight/Universal erhältlich. (Packshot + stills: © Constantin Film)
Schon bevor „Der Untergang“ im September 2004 in den hiesigen Kinos anlief, hatte er dank seiner Marketingstrategen (und ganz sicher auch dank Produzent Bernd Eichinger) für Furore gesorgt. Ein deutscher(!) Spielfilm, der ausschließlich die letzten Tage im „Führerbunker“ zeigt und Adolf Hitler im Alltag begleitet? Basierend auf authentischen Dokumenten, Gesprächsprotokollen und Situationen? Die Fallhöhe war immens – der (ebenso internationale) Erfolg im Anschluss jedoch nicht minder beachtlich.
Dabei haben es speziell deutsche Produktionen, die sich dem ‚Dritten Reich‘ widmen, bei Publikum und Kritikern noch nie leicht gehabt. Nur ein paar Beispiele, die das belegen sollen (und z.T. vor und nach „Der Untergang“ entstanden sind): „Nichts als die Wahrheit“ (1999) erzählt die – fiktive – Geschichte eines am Leben gebliebenen Josef Mengele (dargestellt von Götz George), der mithilfe eines Anwalts (Kai Wiesinger) im Rentenalter an die Öffentlichkeit tritt, um sich und seine Taten zu rechtfertigen. Ein faszinierendes Filmexperiment, das seine Story dafür nutzt, um vor der latenten Gefahr der Verführung und Relativierung von rechts zu warnen. Oder Dani Levys Parodie „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ (2007), in der ausgerechnet ein deutscher Jude (Ulrich Mühe) Hitler (Helge Schneider) die Redekunst beibringen soll. Nicht zu vergessen Oskar Roehlers umstrittener Skandalstreifen „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ (2010), der zwar Fakten nutzte, diese aber sehr eigenwillig interpretierte. Seltsamerweise erhalten ausländische Produktionen zu Hitler-Deutschland und den damit verbundenen Ereignissen selten solch harsche Kritik wie die eben genannten, ganz gleich wie freigeistig sie sich dem Stoff nähern (siehe u.a. „Jojo Rabbit“, 2019).
Die Häme für „Der Untergang“ kam derweil erst mit einigen Jahren Verzögerung und dann auch eher aus Respekt für die Schauspielkunst von Bruno Ganz statt als Veräppelung. Ganz spielte Hitler nämlich so beeindruckend nah am Original, dass er seither aufgrund seiner Mimik, Gestik und Sprachmelodie für unzählige Persiflagen auf YouTube herhalten muss, in denen ‚Hitler‘ die unsinnigsten Dinge sagt.
Lässt man die inzwischen bekannten inhaltlichen Fehler und ärgerlichen Ereignisse während der Produktion außen vor (wer es genauer wissen will, kann dies u.a. auf der Wikipedia-Seite zum Film nachlesen), so muss man Regisseur Hirschbiegel zweifellos großes Talent attestieren, diese Menge an Personen und Storyschnipseln, die ihm Eichingers Drehbuch vorgegeben hat, zu einer in großen Teilen kohärenten, spannenden Geschichte verknüpft zu haben. Vorausgesetzt das Publikum ist dazu bereit, den hier präsentierten Menschen ihre Zeit zu widmen und sich ihrer Konflikte anzunehmen. Keine moralischen Konflikte wohlgemerkt, denn ihre Rollen im großen Ganzen, ihre Verantwortung und ja, Schuld, für das Leid, welches ihre Taten bewirkt haben, egal ob als Sekretärin, Fußsoldat oder Handlanger, werden in keiner Szene thematisiert. Ist dies problematisch? Auf jeden Fall. Doch aus Sicht eines Drehbuchautors, der sich ganz auf seine Figuren konzentriert, um aus ihren Handlungen einen Spannungsbogen zu erschaffen, in gewisser Weise nachvollziehbar.
Zumal dieser Film bei allen Nebenschauplätzen von Anfang an nur einen Mittelpunkt hat: Bruno Ganz’ Hitler-Darstellung. Dies sind die money shots, das ist der unique selling point, dafür ström(t)en die Menschen ins Kino. Und Ganz liefert: im Lauten, im Stillen, im Übertriebenen, im Subtilen. Es ist die Rolle, die mit ihm – damals 63 Jahre alt – bis an sein Lebensende verbunden bleiben sollte, obwohl er davor schon und danach noch unzählige weitere großartige Rollen verkörpert hatte.
Was aber ist der Mehrwert von einem Film wie „Der Untergang“: Bebilderung historischer Ereignisse zum besseren Verständnis und als Warnung vor Wiederholung? Normalisierung von einst einflussreichen Unmenschen, um ihre Fehlbarkeit zu unterstreichen (und somit eine Relativierung ihrer Taten)? Oder doch nur cleverer Schachzug eines Produzenten, der die Faszination mit Personen wie Hitler zu nutzen wusste, um mit viel Herzblut, Geld, Talent und geschichtlichen Quellen einfach einen guten, erfolgreichen Film kreieren wollte? Das Urteil liegt wie so oft im Auge der Betrachter.
Die nun neu erschienene 4K Ultra HD/Blu-ray-Edition bietet den Film in deutscher Originalsprachfassung. Englische Untertitel sowie deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind optional vorhanden. Zudem gibt es eine deutsche Hörfilmfassung für Sehgeschädigte (sehr lobenswert!). Die Blu-ray enthält umfangreiches Bonusmaterial zur Entstehungsgeschichte, etliche Interviews und auch einen Audiokommentar. Einziges Manko: Leider ist die Extended-TV-Version des Films nicht mit auf den Discs enthalten. „Der Untergang“ ist seit 26. September 2024 bei Constantin Film im Vertrieb von Highlight/Universal erhältlich. (Packshot + stills: © Constantin Film)
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