Heimkino-Tipp: „Steven Seagal: Actionstar“ (1990-1997)

Es war einmal ...

Zugegeben, der Lebenslauf des inzwischen 72-jährigen gebürtigen Amerikaners Steven Seagal liest sich beeindruckend – zumindest bis zum Beginn seiner Filmkarriere im Jahre 1988 mit „Nico – Above the Law“ (LINK). Dass er heute u.a. die russische Staatsbürgerschaft besitzt, als Abgeordneter für die Duma kandidierte und Wladimir Putin verehrt (für den er laut eigener Aussage sogar bereit wäre zu sterben; Quelle), macht ihn in meinen Augen jedoch inzwischen zu einem sehr unsympathischen Menschen.

Insofern erscheint es schon mutig für ein Label, zu Beginn des dritten Jahres eines Krieges, den Putin angezettelt und der unzähligen Menschen unendlich viel Leid beschert hat, nun eine Seagal-Filmbox zu veröffentlichen. Doch soll es hier genau darum nur gehen: Um die darin enthaltenen Filme, die allesamt aus den 1990er-Jahren und somit aus einer Zeit stammen, in denen der Aikidō-Profi zu den profitabelsten Actionfilm-Stars Hollywoods zählte. Alle fünf Streifen sind bislang nicht in Deutschland auf Blu-ray erschienen und enthalten zudem interessantes Bonusmaterial, welches Fans dieser Frühwerke entzücken wird (gelöschte Szenen, alternative Fassungen, Promo-Material).

Während „Hard To Kill“ (1990) und „Deadly Revenge“ (1991) geradlinig und ohne unnötigen inhaltlichen Schnickschnack daherkommen, schimmert bei „Auf brennendem Eis“ (1994) bereits sein – damals ehrenwertes – Anliegen zum Umweltschutz durch, während „Glimmer Man“ (1996) sowie „Fire Down Below“ (1997) in einer Zeit entstanden, in der es die einstigen Action-Helden (Schwarzenegger, Stallone, van Damme) ohnehin schwer hatten, überhaupt noch einen Hit an den Kinokassen zu landen.

Daher möchte ich an dieser Stelle nur zwei der fünf Filme kurz kommentieren, da sie, zumindest was die Inszenierung angeht, beide ordentlich abliefern. Zum einen ist dies „Deadly Revenge – Das Brooklyn-Massaker“ (OT: „Out for Justice“, Regie: John Flynn), in dem Seagals Cop Gino im titelgebenden New Yorker Stadtteil einen Amoklaufenden Irren, mit dem er einst aufgewachsen ist, zur Strecke bringen will. Der Film macht keinen Hehl daraus, dass es sich hier um eine simple, allen Regeln der modernen Rechtsprechung widerlaufende Selbstjustiz-Story handelt, in der der Polizist sowohl von Vorgesetzten, als auch von örtlich ansässigen Mafiapaten und sogar den Eltern des Gejagten einen Freibrief erhält, den Kerl umzunieten. Schiebt man diese Prämisse beiseite, ist „Deadly Revenge“ knallhartes Unterhaltungskino mit tollen, handgemachten Stunts, Fights und Autojagden, das keine Gefangenen macht. William Forsythe alias Richie schlägt zudem als Ginos Gegner völlig über die Stränge und ist ein Paradebeispiel für wirklich böse, völlig freidrehende Bösewichte. Ganz groß!

Zum anderen Seagals bislang einzige Regiearbeit „Auf brennendem Eis“ („On Deadly Ground“), für die er immerhin den zweifachen Oscar-Preisträger Michael Caine gewinnen konnte. Der spielt einen skrupellosen Geschäftsmann, der in einem Inuit-Reservat nach Öl bohren will und bereit ist, dafür über Leichen zu gehen. Eine „Mischung aus Actionthriller und Öko-Western mit grandiosen Naturaufnahmen. Heldenverehrung und Rechtfertigung von Gewalt werden scheinheilig mit ökologischen Motiven bemäntelt.“ urteilte damals das ‚Lexikon des internationalen Films‘ und fasst den 100-Minüter damit treffend zusammen. Ergänzung meinerseits: Für ein Erstlingswerk wirklich gut umgesetzt und weit weniger belehrend als viele spätere Seagal-Filme mit ähnlichem Anliegen (siehe „Fire Down Below“), das darüber hinaus wohldosierte, aber nicht minder harte, Seagal-typische Zweikämpfe bietet. Ein solider, unterhaltsamer Actioner, der nicht ganz so dumm sein will (es bleibt beim Wollen) wie viele andere aus seiner Filmografie.

Die „Steven Seagal: Actionstar“-Collection ist für Fans der sogenannten old-school-Actionflicks auf jeden Fall einen Blick wert und auch eine filmhistorische Erinnerung daran, was das Genre einmal ausmachte, bevor computergenerierte Effekte überhandnahmen.

Die Blu-ray-Collection bietet für alle fünf enthaltenen Filme („Hard To Kill“, „Deadly Revenge“, „Auf brennendem Eis“, „Glimmer Man“, „Fire Down Below“) die englische Original- und die deutsch synchronisierte Sprachfassung. Deutsche und englische Untertitel sind optional vorhanden. Das Bonusmaterial unterscheidet sich je nach Disc, Highlights sind auf jeden Fall die alternativen Fassungen (anderes Bildformat) von „Deadly Revenge“, „Hard To Kill“, „Glimmer Man“ und „Fire Down Below“. Ein Booklet rundet das Gesamtpaket vorzüglich ab. „Steven Seagal: Actionstar“ erscheint bei Plaion Pictures und ist seit 30. Januar 2025 erhältlich. (Packshot + stills: © Plaion Pictures GmbH)

Heimkino-Tipp: „Megalopolis“ (2024)

Eine Fabel

Erinnert sich noch jemand an „The Man Who Killed Don Quixote“ (2018)? Dies war für viele viele Jahre ein Herzensprojekt für den amerikanisch-britischen Filmemacher (und Monty-Python-Mitbegründer) Terry Gilliam, welches jedoch zuvor so oft und spektakulär scheiterte, dass es sogar einen gefeierten Dokumentarfilm über dieses Scheitern gab („Lost in La Mancha“, 2002). Die größte Überraschung nach all dem Warten: Es war in allen Belangen ein durchschnittliches Werk.

Zwar gibt es zur Entstehung von „Megalopolis“ (noch) keinen eigenständigen Film, doch ähnlich wie Gilliam bastelte auch Francis Ford Coppola schon ewig an diesem seinen Projekt: Seit den 1970ern geplant, verhinderten u.a. eine private Insolvenz, nicht verfügbare Wunschdarsteller und fehlende Geldgeber die Produktion ein ums andere Mal. Die Erwartungshaltung hingegen wuchs, gleichzeitig machten seltsame Meldungen die Runde: Der inzwischen 85-Jährige Coppola investiere einerseits 120 Mio. US-Dollar aus eigener Tasche, bremse andererseits die Dreharbeiten selbst aus, entlässt kurz vor der Fertigstellung das gesamte Visual-Effects-Team und der vorab veröffentlichte Teaser nutzt gefälschte Zitate bekannter Filmrezensenten, um die sich anbahnende Kritikerhäme schon im Vorfeld als Unwissen und beschränkte Intelligenz der Verfasser zu brandmarken. Uff!

Doch sei’s drum. Was zählt, ist das Endprodukt. Und das ist ... nun ja ... im besten Falle seltsam. Die erste Frage, die sich nach Filmende (zumindest mir) stellte: Für wen zur Hölle ist das gedacht? Wer ist das Zielpublikum? Wen könnte das interessieren? Die plausibelste – positive – Antwort darauf könnte heißen: Cineasten. Denn „Megalopolis“ bietet einige schöne Schauwerte, zitiert auf visueller Ebene Klassiker und versucht sich trotz weniger Schauplätze als Epos zu verkleiden, das große Ideen und Themen mit intimen Dialogszenen verknüpft, ganz so, wie es Coppola einst selbst in den „Der Pate“-Filmen bravourös inszenierte.

Die (wahrscheinlich) profane Wahrheit jedoch, für wen Coppola „Megalopolis“ geschaffen hat, ist: Für sich selbst. Für sein Ego. Um der Welt zu zeigen, wie belesen, wie intelligent und wie zukunftsweisend sein Denken, seine Arbeit, seine Kunst ist. Wer von den zahlreichen Shakespeare-Zitaten, der Gesellschaftskritik und der Symbolik überfordert ist, sitzt halt im falschen Film. Pech gehabt.

Demgegenüber steht eine Liebesgeschichte, die dermaßen ausgelutscht und klischeebeladen erzählt wird, dass sie beinahe wie bloße Ironie wirkt. Von der oft besungenen ‚Chemie‘ zwischen den Schauspielern, die das Paar darstellen, ist nichts zu spüren, sie wirken vielmehr ebenso in ihren Dialogen verloren wie ihr Publikum, das sich darauf einen Reim machen soll.

Apropos: Dass der deutsche Verleih „Megalopolis“ den Zweittitel „Eine Fabel“ gegeben hat, lässt vermuten, dass auch dort nach der Erstsichtung viele Fragezeichen im Raum standen. Bis auf den gleich zu Beginn etablierten Konflikt zwischen dem Architekten Cäsar Catilina (Adam Driver) und dem Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito), dessen Tochter Julia (Nathalie Emmanuel) sich in den Baumeister verliebt, erschöpft sich die Handlung darin, bekannte Gesichter wie Shia LaBeouf, Jon Voight, Jason Schwartzman, Aubrey Plaza und Dustin Hoffman durchs Bild zu scheuchen, während sie komische Kostüme tragen. Laurence Fishburne kommt dabei noch die besondere Funktion zu, für Drivers Cäsar Chauffeur, Berater und Sklave in Personalunion ohne eigenen Charakter zu sein. Was zum ...?

Ja, Mr. Coppola, was zum ... ist „Megalopolis“, bitte? Eine Satire auf die Welt von heute? Eine missverstandene Entzauberung der ‚Traumwelt Hollywood‘? Ihre finale Arbeit als Regisseur? Es wäre in sehr unwürdiger Abgang Ihrer an Meisterwerken reichen Karriere.

Die Blu-ray/DVD bietet den Film in deutscher Synchron- und englischer Originalsprachfassung. Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind optional vorhanden. Zudem gibt es eine deutsche Hörfilmfassung für Sehgeschädigte (sehr lobenswert!). Als Extras gibt es Interviews und Trailer. „Megalopolis“ ist seit 19. Dezember 2024 auch digital bei Constantin Film im Vertrieb von Highlight/Universal erhältlich. (Packshot + stills: © American Zoetrope/Constantin Film)