Argh! Manchmal treiben mich die - Achtung: Ironie! - kreativen Köpfe hiesiger Filmverleihfirmen in den Wahnsinn. Aus amüsanten und gleichzeitig neugierig machenden Titeln wie „How to lose friends & alienate people“ wird ein schlichtes „New York für Anfänger“, und der zugehörige Trailer reduziert 110 Minuten wunderbare Unterhaltung auf ein „Tölpel ohne Manieren macht sich zum Obst“-Vehikel.
Bitte, liebe Leser, lasst euch davon nicht abhalten, „New York für Anfänger“ im Kino zu besuchen. Es ist natürlich nicht die Neuerfindung des Genres, der Verlauf der Geschichte sicherlich ebenso früh erkennbar, doch zusammen mit einer ganzen Reihe sympathischer Gaststars (Jeff Bridges, Gillian Anderson) und einigen bösen Spitzen gegen die Klatschpresse und übertriebenem Hollywood-Hype ein kurzweiliges und witziges Vergnügen.
Basierend auf den Memoiren eines britischen Schriftstellers, zeigt der Film den „Karrieresprung“ eines kleinen Wurschtblattautors aus London Richtung New York. Sidney (Simon Pegg, „Shaun of the Dead“) scheitert in seiner Heimat zwar mit seinem eigenen Celebrity-Magazin, doch als Clayton Harding (Bridges), seines Zeichens Chefredakteur des angesehenen „Sharps Magazine“, ihm eine befristete Stelle in Amerika anbietet, gibt es für den rothaarigen kleinen Witzbold kein Halten mehr. In der Redaktion angekommen, muss er sich jedoch erst einmal an Karrieregeile Kollegen, eingebildete Starlets und konservatives Zeitungmachen gewöhnen, was ihn immer wieder in absurde Situationen führt.
Es sind wie so oft die kleinen Dinge, die „New York für Anfänger“ zu mehr als nur einer halbgaren Außenseiterkomödie machen. Wie oben schon erwähnt, lässt Regisseur Robert Weide in seinem ersten Kinowerk kaum eine Gelegenheit aus, um sarkastisch und offen über die Glitzerwelt und der sich darin Suhlenden herzuziehen. Besonders Gillian Anderson („Akte X“) als Schauspielagentin beweist einmal mehr ihre Darstellerqualitäten, wenn es darum geht, ihr Küken (Megan Fox, „Transformers“) möglichst oft und sexy den Medien zu präsentieren. Doch statt sie auf ein dummes Starlet zu reduzieren, darf auch sie ihren Unmut über das ständige Posen und Schubladendenken in Hollywood kundtun, während Jeff Bridges mit langer Mähne und seltsam doppeldeutigem Blick an seine wohl berühmteste Rolle als „Dude“ in „The Big Lebowski“ erinnert. Kein Wunder also, dass Sidney seine Vermieterin osteuropäischen Ursprungs fälschlicherweise ständig mit Lebowski anspricht, während er einen White Russian schlürft.
Zwar begibt sich der Film hier und da leider auch auf ein derbes Niveau, doch ändert dies nichts an dem Spaß, den man bei der gemeinsamen Odyssee mit Flummi Simon Pegg erlebt. Und tatsächlich: Wer sich einen Notizblock mit ins Kino nimmt, findet auch ein paar Anregungen zum how to lose friends and alienate people.
Liebe Filmfreunde!
Ein halbes Dutzend Kinoneustarts wöchentlich und unzählige Heimkino-Veröffentlichungen machen es heutzutage nicht leicht, „cineastische Perlen“ zu entdecken. Ob Rezensionen da helfen? Ich weiß es nicht, trotzdem will ich hier meinen Senf zum Thema Film & Kino dazugeben, möchte es wagen Neues zu loben, Klassiker zu verdammen, Aktuelles zu verteufeln, Altes zu empfehlen.
Und wer weiß: Vielleicht entdecken Sie so Ihren neuen Lieblingsfilm?
„Novemberkind“ (Kinostart: 20. November 2008)
Um es gleich vorweg zu nehmen: „Novemberkind“ zählt für den Autor dieser Zeilen zu einem der Filmhöhepunkte 2008, womöglich gar zum gelungensten deutschen Werk des Jahres. Kaum zu glauben, dass es sich hierbei um ein Erstlingswerk, resp. eine Abschlussarbeit des Filmstudenten Christian Schwochow (Jahrgang 1978) handelt, der zudem als Co-Autor am Drehbuch mitgearbeitet hat. Als helfende (Schreib-)Hand agierte dessen Mutter, Heide Schwochow.
„Novemberkind“ widmet sich der jungen Inga (Anna Maria Mühe), die in einem kleinen Ort in Mecklenburg lebt und als Bibliothekarin der örtlichen Bücherei ihren ruhigen, geregelten Alltag verbringt. Aufgewachsen ist Inga bei ihren Großeltern, nachdem ihre Mutter beim Baden in der Ostsee vor vielen Jahren ertrunken – zumindest glaubt sie das. Denn wie sich durch den nur scheinbar zufälligen Besuch des Konstanzer Literaturprofessors Robert (Ulrich Mathes) herausstellt, ist Inga der wahre Umstand ihres Waisendaseins bislang verschwiegen worden. Geschockt, wütend und trotzdem neugierig begibt sie sich schließlich auf ihrem alten Motorrad zusammen mit Robert auf die Suche nach ihren Eltern quer durch Deutschland.
„Novemberkind“ punktet inhaltlich durch ein spannendes und gut durchdachtes Drehbuch, das trotz der vielen Themen, die angeschnitten werden – ostdeutscher Alltag in der Provinz, Flucht aus der DDR, familiäre Geheimnisse, egoistisches Handeln von Eltern, Großeltern und dem Professor – niemals seine beiden Hauptfiguren aus den Augen verliert und mit sehr viel mehr charakterlicher und emotionaler Tiefe ausstattet, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Zu sehen, wie nicht nur die beiden Hauptdarsteller diese starken Charaktere mit Leben füllen, ist ganz große Schauspielkunst. Dem stehen die zahlreichen bekannten Nebenakteure in nichts nach: Hermann Beyer & Christine Schorn als Großeltern und Thorsten Merten, Steffi Kühnert und Jevgenij Sitochin (alle drei bekannte Dresen-Gesichter) als Stationen auf der Reise von Inga und Robert.
Hinzu kommt eine unglaublich versiert-wirkende, tadellose optische Umsetzung, die in Abschlussfilmen ihresgleichen sucht.
Es ist schön zu sehen, wie ernsthaft, professionell und anspruchsvoll sich junge Filmemacher mit schwierigen Themen auseinandersetzen. Ich hoffe daher sehr, dass „Novemberkind“ sein Publikum findet und bin schon jetzt sehr gespannt, wie Christian Schwochows Karriere sich entwickeln wird. Der Start ist schon mal formidabel!
„Novemberkind“ widmet sich der jungen Inga (Anna Maria Mühe), die in einem kleinen Ort in Mecklenburg lebt und als Bibliothekarin der örtlichen Bücherei ihren ruhigen, geregelten Alltag verbringt. Aufgewachsen ist Inga bei ihren Großeltern, nachdem ihre Mutter beim Baden in der Ostsee vor vielen Jahren ertrunken – zumindest glaubt sie das. Denn wie sich durch den nur scheinbar zufälligen Besuch des Konstanzer Literaturprofessors Robert (Ulrich Mathes) herausstellt, ist Inga der wahre Umstand ihres Waisendaseins bislang verschwiegen worden. Geschockt, wütend und trotzdem neugierig begibt sie sich schließlich auf ihrem alten Motorrad zusammen mit Robert auf die Suche nach ihren Eltern quer durch Deutschland.
„Novemberkind“ punktet inhaltlich durch ein spannendes und gut durchdachtes Drehbuch, das trotz der vielen Themen, die angeschnitten werden – ostdeutscher Alltag in der Provinz, Flucht aus der DDR, familiäre Geheimnisse, egoistisches Handeln von Eltern, Großeltern und dem Professor – niemals seine beiden Hauptfiguren aus den Augen verliert und mit sehr viel mehr charakterlicher und emotionaler Tiefe ausstattet, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Zu sehen, wie nicht nur die beiden Hauptdarsteller diese starken Charaktere mit Leben füllen, ist ganz große Schauspielkunst. Dem stehen die zahlreichen bekannten Nebenakteure in nichts nach: Hermann Beyer & Christine Schorn als Großeltern und Thorsten Merten, Steffi Kühnert und Jevgenij Sitochin (alle drei bekannte Dresen-Gesichter) als Stationen auf der Reise von Inga und Robert.
Hinzu kommt eine unglaublich versiert-wirkende, tadellose optische Umsetzung, die in Abschlussfilmen ihresgleichen sucht.
Es ist schön zu sehen, wie ernsthaft, professionell und anspruchsvoll sich junge Filmemacher mit schwierigen Themen auseinandersetzen. Ich hoffe daher sehr, dass „Novemberkind“ sein Publikum findet und bin schon jetzt sehr gespannt, wie Christian Schwochows Karriere sich entwickeln wird. Der Start ist schon mal formidabel!
Ein Thema, zwei Filme: „Let´s Make Money“ (Kinostart: 30. Oktober 2008) & „It´s A Free World“ (Kinostart: 27. November 2008)
Die Kunst imitiert das Leben. Oder war es doch andersrum? Gleich, welcher Umstand schlussendlich tatsächlich zutrifft, erstaunlich ist es schon, mit welcher zeitlichen Treffsicherheit es Filmemachern immer wieder gelingt, aktuelle weltpolitische, kulturelle und gesellschaftliche Themen zeitnah auf die Leinwand zu bringen – nicht nur dank des cleveren Zeitmanagements der Verleihfirmen, denn immerhin benötigt eine durchschnittliche Produktion etwa ein Jahr bis zur Fertigstellung.
Beispiel: Finanz- und Wirtschaftskrise. Während der Unmut über nimmersatte Unternehmer, gedankenlose Investitionen und überhöhte Managementgehälter die Stammtischgespräche bestimmen, hält das Kino gleich mehrere Filme zum Thema bereit, nutzt es für spannende Thriller (ab Februar in Tom Tykwers „The International“), für Dokumentationen oder aufwühlende Sozialdramen.
Der dokumentarischen Aufarbeitung etwa widmet sich Erwin Wagenhofer in „Let´s Make Money“. Anhand von Gesprächen mit Unternehmern, Wirtschaftsberatern, Journalisten, sowie der hierzu passenden Bebilderung mit gewissenlosem Ressourcenumgang, schuftenden, unterbezahlten Arbeitern, leerstehenden Immobilien und anderen zahlreichen Absurditäten, versucht er den Ursprung der aktuellen Krise zu ergründen und gleichzeitig einen Einblick in die weltweite Finanzpolitik zu geben, die mit dem Geld des kleinen Arbeitnehmers handelt, Geschäfte macht und im schlimmsten Fall verjubelt.
Das alles mag auf den ersten Blick interessant klingen und einem ehrbaren Anspruch dienlich sein – denn wer weiß schon, was in den oberen Etagen der gläsernen Prachtbauten großer Banken geschieht? Doch reicht es bei weitem nicht, in 110 Minuten Interviews unkommentiert aneinanderzureihen, hier und da Episoden über in den Sand gesetzte Investitionen einzufügen (siehe Spanien) und sich auf profane Aussagen eines Porträtierten zu verlassen, der ein „Aufbegehren der Bevölkerung“ fordert und ansonsten keinerlei Lösungsansätze bietet. Denn dass die beim Zuschauer damit angestachelte Wut und Aggression noch lange nicht zum langanhaltenden Protest und gewünschten politischen Umdenken führt, haben nicht nur die „Hartz-IV“-Demonstrationen gezeigt. Zumal die erste Stunde von „Let´s Make Money“ außer Altbekanntem keinerlei neue Information enthält. Oder, um es provozierender auszudrücken: Jede „Frontal21“-Sendung im ZDF ist spannender, aufwühlender und inhaltlich ergiebiger als dieser Dokumentarfilm. Kopfschütteln ja, Diskussion mit verschiedenen (!) Standpunkten nach Filmende jedoch ausgeschlossen.
Anders im Sozialdrama „It´s a free world“ von Ken Loach: Auch hier geht es um die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und – viel mehr als bei Wagenhofer – um deren Opfer.
Protagonistin Angie (Kierston Wareing) ist in einer Personalvermittlung tätig, verliert trotz hervorragender Leistungen jedoch ihren Job. Zusammen mit ihrer ebenfalls arbeitsuchenden Mitbewohnerin baut sie mit den wenigen Rücklagen, die sie besitzen, ihre eigene Jobagentur auf. Überstunden, launige Arbeiter ohne Sprachkenntnisse und Bürokratie bestimmen fortan ihren Alltag. Als sie durch Missmanagement ihrer Geschäftspartner (!) ihre Arbeiter nicht ausbezahlen kann, steht sie plötzlich vor dem finanziellen Ruin.
Loach zielt nicht auf das Mitleid seiner Zuschauer ab, sondern verdeutlicht in Gestalt von Angie den schier aussichtslosen Kampf motivierter, fleißiger und trotz Rückschlägen immer weiter kämpfender Menschen, die für ihr Engagement weder Anerkennung noch Hilfe vom Staat bekommen und ohne Eigenverschulden die wirtschaftlichen Fehler anderer ausbaden müssen.
Dank Umsetzung, Verlauf und Hauptdarstellerin ist „It´s a free world“ bei weitem der aufwühlendere, nachvollziehbarere und bessere Film zur aktuellen Krise und deren (erfolgreichen?) Lösung. Diskussion nach Filmende eingeschlossen.
Beispiel: Finanz- und Wirtschaftskrise. Während der Unmut über nimmersatte Unternehmer, gedankenlose Investitionen und überhöhte Managementgehälter die Stammtischgespräche bestimmen, hält das Kino gleich mehrere Filme zum Thema bereit, nutzt es für spannende Thriller (ab Februar in Tom Tykwers „The International“), für Dokumentationen oder aufwühlende Sozialdramen.
Der dokumentarischen Aufarbeitung etwa widmet sich Erwin Wagenhofer in „Let´s Make Money“. Anhand von Gesprächen mit Unternehmern, Wirtschaftsberatern, Journalisten, sowie der hierzu passenden Bebilderung mit gewissenlosem Ressourcenumgang, schuftenden, unterbezahlten Arbeitern, leerstehenden Immobilien und anderen zahlreichen Absurditäten, versucht er den Ursprung der aktuellen Krise zu ergründen und gleichzeitig einen Einblick in die weltweite Finanzpolitik zu geben, die mit dem Geld des kleinen Arbeitnehmers handelt, Geschäfte macht und im schlimmsten Fall verjubelt.
Das alles mag auf den ersten Blick interessant klingen und einem ehrbaren Anspruch dienlich sein – denn wer weiß schon, was in den oberen Etagen der gläsernen Prachtbauten großer Banken geschieht? Doch reicht es bei weitem nicht, in 110 Minuten Interviews unkommentiert aneinanderzureihen, hier und da Episoden über in den Sand gesetzte Investitionen einzufügen (siehe Spanien) und sich auf profane Aussagen eines Porträtierten zu verlassen, der ein „Aufbegehren der Bevölkerung“ fordert und ansonsten keinerlei Lösungsansätze bietet. Denn dass die beim Zuschauer damit angestachelte Wut und Aggression noch lange nicht zum langanhaltenden Protest und gewünschten politischen Umdenken führt, haben nicht nur die „Hartz-IV“-Demonstrationen gezeigt. Zumal die erste Stunde von „Let´s Make Money“ außer Altbekanntem keinerlei neue Information enthält. Oder, um es provozierender auszudrücken: Jede „Frontal21“-Sendung im ZDF ist spannender, aufwühlender und inhaltlich ergiebiger als dieser Dokumentarfilm. Kopfschütteln ja, Diskussion mit verschiedenen (!) Standpunkten nach Filmende jedoch ausgeschlossen.
Anders im Sozialdrama „It´s a free world“ von Ken Loach: Auch hier geht es um die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und – viel mehr als bei Wagenhofer – um deren Opfer.
Protagonistin Angie (Kierston Wareing) ist in einer Personalvermittlung tätig, verliert trotz hervorragender Leistungen jedoch ihren Job. Zusammen mit ihrer ebenfalls arbeitsuchenden Mitbewohnerin baut sie mit den wenigen Rücklagen, die sie besitzen, ihre eigene Jobagentur auf. Überstunden, launige Arbeiter ohne Sprachkenntnisse und Bürokratie bestimmen fortan ihren Alltag. Als sie durch Missmanagement ihrer Geschäftspartner (!) ihre Arbeiter nicht ausbezahlen kann, steht sie plötzlich vor dem finanziellen Ruin.
Loach zielt nicht auf das Mitleid seiner Zuschauer ab, sondern verdeutlicht in Gestalt von Angie den schier aussichtslosen Kampf motivierter, fleißiger und trotz Rückschlägen immer weiter kämpfender Menschen, die für ihr Engagement weder Anerkennung noch Hilfe vom Staat bekommen und ohne Eigenverschulden die wirtschaftlichen Fehler anderer ausbaden müssen.
Dank Umsetzung, Verlauf und Hauptdarstellerin ist „It´s a free world“ bei weitem der aufwühlendere, nachvollziehbarere und bessere Film zur aktuellen Krise und deren (erfolgreichen?) Lösung. Diskussion nach Filmende eingeschlossen.
„Der Mann, der niemals lebte“ (Kinostart: 20. November 2008)
Eigentlich sollte diese Rezension mit einem in Worte gefassten Kniefall vor Ridley Scott beginnen. Schon seit Ende der 1970er beschenkt der britische Regisseur das Kino Jahr für Jahr mit außergewöhnlichen Filmen, angefangen bei „Alien“, über „Blade Runner“, „Thelma & Louise“, „Gladiator“ bis hin zu „American Gangster“. Doch lässt die Meldung über sein nächstes Projekt Schlimmes erahnen: „Monopoly“. Ridley Scott verfilmt ein Brettspiel!
Von solcherlei Unfug ist „Der Mann, der niemals lebte“ glücklicherweise weit entfernt, auch wenn der Hauptdarsteller ebenso wie eine machtlose Spielfigur umhergetrieben wird. CIA-Mann Ferris (ein fabelhaft aufspielender Leonardo DiCaprio) erledigt im Nahen Osten jene „dreckigen Jobs“ für seine Regierung, die weder rechtsstaatlich noch moralisch legitimiert sind. Angeleitet wird er dabei von seinem Kollegen Hoffman (Russell Crowe), der vom sicheren Washington aus jede Bewegung und jede Aktion Ferris´ über moderne Spionagetechnik verfolgen kann. So weist er Folterungen vom heimischen Garten aus an, oder klärt seinen Agenten während des Familieneinkaufs über die Notwendigkeit gezielter amerikanischer Eingriffe auf. Ferris indessen bewegt sich auf dünnem Eis: Wem kann er trauen? Wer kennt seine Identität? Als Hoffman ohne Absprache eine separate Aktion startet, steht Ferris plötzlich im Kreuzfeuer - und kämpft ums nackte Überleben.
Politisches Kino aus Hollywood leistet sich selten eine solche Konsequenz, Dichte und offene Kritik an den Methoden der eigenen Regierung wie in „Der Mann, der niemals lebte“. Handwerklich gehört Regisseur Scott seit jeher zu den Meistern seines Fachs, zusammen mit dem spannenden Drehbuch, verfasst von „Departed“-Autor William Monahan, gelingt ihm ein unbequemer und fesselnder Politkrimi im Stil von „Syriana“.
Von solcherlei Unfug ist „Der Mann, der niemals lebte“ glücklicherweise weit entfernt, auch wenn der Hauptdarsteller ebenso wie eine machtlose Spielfigur umhergetrieben wird. CIA-Mann Ferris (ein fabelhaft aufspielender Leonardo DiCaprio) erledigt im Nahen Osten jene „dreckigen Jobs“ für seine Regierung, die weder rechtsstaatlich noch moralisch legitimiert sind. Angeleitet wird er dabei von seinem Kollegen Hoffman (Russell Crowe), der vom sicheren Washington aus jede Bewegung und jede Aktion Ferris´ über moderne Spionagetechnik verfolgen kann. So weist er Folterungen vom heimischen Garten aus an, oder klärt seinen Agenten während des Familieneinkaufs über die Notwendigkeit gezielter amerikanischer Eingriffe auf. Ferris indessen bewegt sich auf dünnem Eis: Wem kann er trauen? Wer kennt seine Identität? Als Hoffman ohne Absprache eine separate Aktion startet, steht Ferris plötzlich im Kreuzfeuer - und kämpft ums nackte Überleben.
Politisches Kino aus Hollywood leistet sich selten eine solche Konsequenz, Dichte und offene Kritik an den Methoden der eigenen Regierung wie in „Der Mann, der niemals lebte“. Handwerklich gehört Regisseur Scott seit jeher zu den Meistern seines Fachs, zusammen mit dem spannenden Drehbuch, verfasst von „Departed“-Autor William Monahan, gelingt ihm ein unbequemer und fesselnder Politkrimi im Stil von „Syriana“.
Neu auf DVD: „Caramel“ von Nadine Labaki

Dass neben traditionellen Produktionsstätten wie Amerika und Indien auch anderswo talentierte Filmemacher ihrer Profession nachgehen, ist hinlänglich bekannt. Doch kleinere Werbebudgets, längere Vertriebswege und nicht zuletzt das Überangebot an gutem Material verhindern - trotz beispielsweise hunderter Programmkinos und Festivals in Deutschland - oftmals das Erreichen grenzüberschreitender Aufmerksamkeit. Umso erfreulicher, wenn es einigen Perlen dann doch gelingt und diese nach ihrem Ausflug auf die Leinwand auch noch eine angemessene DVD-Veröffentlichung erfahren. „Caramel“ zählt zweifellos dazu.
Die Libanesin Nadine Labaki, 34 Jahre jung und in ihrer Heimat bereits als Musikclipregisseurin bekannt, gibt mit dieser warmherzigen, sinnlichen und zum Teil frechen Romantikkomödie ihren Einstand als Darstellerin und Filmemacherin.
Zum Inhalt:
Auch abseits von Operationen ist der Weg zur vollkommenen Schönheit oftmals schmerzlich. Besonders dann, wenn frau sich in den Schönheitssalon von Layale (Nadine Labaki) begibt, deren Spezialität die Entfernung von Beinbehaarung ist – mit süßem Karamell als Hilfsmittel. Doch nicht nur während der Behandlung wird geschrien, ist der Laden inmitten von Beirut doch stets mit laut plappernden, lästernden und über die Liebe philosophierenden Frauen gefüllt. Während Layale auf ein Happy End mit einem verheirateten Mann hofft, bangt ihre demnächst heiratende Kollegin Nisrine (Yasmine Al Masri) um ihr Ansehen, da sie bereits vorehelichen Sex hatte. Freundin Rima (Joanna Moukarzel) indessen verliebt sich in eine Kundin, während Rose (Siham Haddad) zwischen Schneiderarbeit und Pflege ihrer kranken Schwester gar nicht bemerkt, dass sie einen heimlichen Verehrer hat.
Nicht nur in seinem Heimatland Libanon, sondern auch bei den Filmfestspielen in Cannes 2007, erhielt das Regiedebüt von Darstellerin Labaki viel Lob und wurde sogar für den Oscar als „Bester fremdsprachiger Film“ vorgeschlagen. Ein beachtenswerter Erfolg, wenn man bedenkt, wie spitzbübisch die Autoren auf gesellschaftliche Beschränkungen im Libanon hinweisen und damit viel Mut beweisen.
Optisch ist diese Perle nicht nur ob der wunderschönen Darstellerinnen ein Genuss: Den ganzen Film durchschimmert ein leicht brauner, karamellfarbener Braunton, sommerliche Schauplätze vermitteln Wärme und Lebensfreude, arabische Musik untermalt die Szenerie mit den passenden Klängen.
Doch Handlungsort hin oder her, am Ende steht die Einsicht, dass auch im Libanon Liebende leiden, Amor ungenau zielt und Haarentfernungen schmerzhaft sind. Ein tröstender Gedanke!
Zur gelungene DVD sei noch angemerkt: Auf ihr sind sowohl die synchronisierte deutsche, als auch die originale, arabische Sprachfassung (mit optionalen Untertiteln) vorhanden, ein Interview mit Labaki, in dem sie über die Figuren des Films spricht, ein 12minütiges „Making of“, welches hauptsächlich aus Behind-the-scenes-Material besteht, sowie ein kurzes Feature über die Reise von „Caramel“ rund um den Globus zu verschiedenen Festivals. Trailer zum Film und weiteren Titeln aus dem Katalog von Alamode Film, dem deutschen Verleih, runden die Extras (etwa 30 Minuten) ab.
„Caramel“ erschienen bei Alamode Film/Al!ve AG. FSK ohne Altersbeschränkung.
„Die Stadt der Blinden“ (Kinostart: 23. Oktober 2008)
Ist das Verhalten eines Menschen vorhersehbar? Im Alltag, unter äußerer Beeinflussung, in Extremsituationen? Schon viele Philosophen, Autoren und Filmemacher haben sich dieser Frage gewidmet und immer wieder versucht, die Spezies Mensch zu deuten, zu verstehen, zu erklären. Untrennbar damit verbunden ist auch die Frage nach moralischen Grenzen, die man gewillt ist zu überschreiten, um das eigene Überleben zu sichern. Die Antwort auf „Was wäre wenn…?“ bietet dabei so viele Interpretationsmöglichkeiten wie erschreckende Wahrheiten, die je nach Glaubhaftigkeit immer wieder Stoff für spannende und nachdenkliche Geschichten liefern.
Der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago nahm sich 1995 dieser Thematik in seinem Roman „Die Stadt der Blinden“ an.
Ausgehend von der Dystopie, dass rund um den Globus Menschen ohne Vorwarnung erblinden, beschreibt „Die Stadt der Blinden“ zum einen das panische Verhalten der „gesunden“, sehenden Gesellschaft, die alle Betroffenen zunächst Hals über Kopf isoliert und anschließend ihrem Schicksal überlässt. Zum anderen skizziert der Roman den nun ausbrechenden Macht- und Existenzkampf der Erkrankten innerhalb ihrer kleinen, begrenzten Welt, frei von Regeln, Gesetzen und Moral. Einzig der Stärkere hat das Sagen – zumindest solange die Unterdrückten nicht den Aufstand wagen. Doch wie wehrt man sich gegen Ungerechtigkeit in einer wertefreien, gewaltsamen und auf Hierarchie beruhenden Welt?
Dies sind nur einige der Fragen, die Saramago in „Die Stadt der Blinden“ stellt und Fernando Meirelles in seiner filmischen Adaption ebenso aufgreift. Wie von seinen beiden abendfüllenden Meisterwerken „City of God“ und „Der ewige Gärtner“ bereits gewöhnt, weiß der brasilianische Regisseur mit der Kamera, mit Stimmungen und vor allem mit seinen Darstellern umzugehen und präsentiert ein optisch über jeden Zweifel erhabenes Werk. Julianne Moore, Mark Ruffalo, Gael García Bernal und noch viele andere spielen fabelhaft auf, die einzelnen Charaktere spiegeln zwar, wie von anderen Filmen mit ähnlicher Thematik bekannt (beispielsweise „Cube“), typische Eckpfeiler der Gesellschaft wider, doch werden diese dank der literarischen Vorlage sehr viel tiefgründiger und nachvollziehbarer präsentiert, als es viele Drehbücher schon aufgrund ihres begrenzten Umfangs und ihrer erzwungenen Oberflächlichkeit sein können.
„Die Stadt der Blinden“ ist nachdenklicher Stoff, filmisch hervorragend umgesetzt und dem Roman durchaus ebenbürtig.
Der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago nahm sich 1995 dieser Thematik in seinem Roman „Die Stadt der Blinden“ an.
Ausgehend von der Dystopie, dass rund um den Globus Menschen ohne Vorwarnung erblinden, beschreibt „Die Stadt der Blinden“ zum einen das panische Verhalten der „gesunden“, sehenden Gesellschaft, die alle Betroffenen zunächst Hals über Kopf isoliert und anschließend ihrem Schicksal überlässt. Zum anderen skizziert der Roman den nun ausbrechenden Macht- und Existenzkampf der Erkrankten innerhalb ihrer kleinen, begrenzten Welt, frei von Regeln, Gesetzen und Moral. Einzig der Stärkere hat das Sagen – zumindest solange die Unterdrückten nicht den Aufstand wagen. Doch wie wehrt man sich gegen Ungerechtigkeit in einer wertefreien, gewaltsamen und auf Hierarchie beruhenden Welt?
Dies sind nur einige der Fragen, die Saramago in „Die Stadt der Blinden“ stellt und Fernando Meirelles in seiner filmischen Adaption ebenso aufgreift. Wie von seinen beiden abendfüllenden Meisterwerken „City of God“ und „Der ewige Gärtner“ bereits gewöhnt, weiß der brasilianische Regisseur mit der Kamera, mit Stimmungen und vor allem mit seinen Darstellern umzugehen und präsentiert ein optisch über jeden Zweifel erhabenes Werk. Julianne Moore, Mark Ruffalo, Gael García Bernal und noch viele andere spielen fabelhaft auf, die einzelnen Charaktere spiegeln zwar, wie von anderen Filmen mit ähnlicher Thematik bekannt (beispielsweise „Cube“), typische Eckpfeiler der Gesellschaft wider, doch werden diese dank der literarischen Vorlage sehr viel tiefgründiger und nachvollziehbarer präsentiert, als es viele Drehbücher schon aufgrund ihres begrenzten Umfangs und ihrer erzwungenen Oberflächlichkeit sein können.
„Die Stadt der Blinden“ ist nachdenklicher Stoff, filmisch hervorragend umgesetzt und dem Roman durchaus ebenbürtig.
And the winner is…
Etwas überrascht und doch erfreut ob der Tatsache, aus über 160 Filmvorstellungen zufällig den Gewinner auch selbst gesehen zu haben, möchte ich aus der Pressemitteilung zitieren:
„Die drei Preisträger des Internationalen Spiel- und Dokumentarfilmwettbewerbs des 4. Zurich Film Festival stehen fest. […] Als Bester Spielfilm wurde die schweizerische Koproduktion TULPAN von Sergey Dvortsevoy ausgezeichnet, das Flüchtlingsdrama FOR A MOMENT, FREEDOM von Arash T. Riahi erhielt das Goldene Auge für den Besten Debütspielfilm und BLIND LOVES des slowakischen Regisseurs Juraj Lehotský gewann in der Kategorie Bester Dokumentarfilm. Das Publikum wählte THE WORLD IS BIG AND SALVATION LURKS AROUND THE CORNER von Stephan Komanderev zu seinem Lieblingsfilm und das Filmmagazin Variety vergab den Variety-Award an MOSCOW, BELGIUM des belgischen Regisseurs Christophe van Rompaey. […] Das Festival kann in seinem vierten Jahr ein beachtliches Wachstum vorweisen und zog mit 36`000 Besuchern ein Drittel mehr als im Vorjahr an. […]
Unter dem Vorsitz von Peter Fonda als Spielfilm-Jurypräsident wurde im Internationalen Wettbewerb der mit viel Sinn für feinen Humor erzählte Film über kleinere und grössere kasachische Lebenskrisen, TULPAN von Sergey Dvortsevoy (Deutschland/Schweiz/Kasachstan/ Russland/Polen) als ‚Bester Spielfilm‘ ausgezeichnet. Die Jury begründete ihre Auswahl wie folgt: „Wir haben einen einzigartig menschlichen und herzerwärmenden Film über die universelle Suche nach dem Glück als Gewinner gewählt, der in einer spektakulär kahlen und einsamen Umgebung spielt.“ […]“
Einen offiziellen deutschen Starttermin gibt es noch nicht, in Belgien und Frankreich wird der Film jedoch Anfang März 2009 im Kino zu sehen sein. Ein zeitnaher Deutschlandtermin ist daher wahrscheinlich.
„Die drei Preisträger des Internationalen Spiel- und Dokumentarfilmwettbewerbs des 4. Zurich Film Festival stehen fest. […] Als Bester Spielfilm wurde die schweizerische Koproduktion TULPAN von Sergey Dvortsevoy ausgezeichnet, das Flüchtlingsdrama FOR A MOMENT, FREEDOM von Arash T. Riahi erhielt das Goldene Auge für den Besten Debütspielfilm und BLIND LOVES des slowakischen Regisseurs Juraj Lehotský gewann in der Kategorie Bester Dokumentarfilm. Das Publikum wählte THE WORLD IS BIG AND SALVATION LURKS AROUND THE CORNER von Stephan Komanderev zu seinem Lieblingsfilm und das Filmmagazin Variety vergab den Variety-Award an MOSCOW, BELGIUM des belgischen Regisseurs Christophe van Rompaey. […] Das Festival kann in seinem vierten Jahr ein beachtliches Wachstum vorweisen und zog mit 36`000 Besuchern ein Drittel mehr als im Vorjahr an. […]
Unter dem Vorsitz von Peter Fonda als Spielfilm-Jurypräsident wurde im Internationalen Wettbewerb der mit viel Sinn für feinen Humor erzählte Film über kleinere und grössere kasachische Lebenskrisen, TULPAN von Sergey Dvortsevoy (Deutschland/Schweiz/Kasachstan/ Russland/Polen) als ‚Bester Spielfilm‘ ausgezeichnet. Die Jury begründete ihre Auswahl wie folgt: „Wir haben einen einzigartig menschlichen und herzerwärmenden Film über die universelle Suche nach dem Glück als Gewinner gewählt, der in einer spektakulär kahlen und einsamen Umgebung spielt.“ […]“
Einen offiziellen deutschen Starttermin gibt es noch nicht, in Belgien und Frankreich wird der Film jedoch Anfang März 2009 im Kino zu sehen sein. Ein zeitnaher Deutschlandtermin ist daher wahrscheinlich.
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