Heimkino-Tipp: „Robot Dreams“ (2023)

Dancin’ in September

Schon mal einen Hund einen Hot Dog essen sehen? Einen Hirsch mit einer Kuh kuscheln? Oder einen Oktopus, der in einer U-Bahn-Station mit seinem Trommelspiel begeistert? Dies alles gibt es tatsächlich – im bunten New York der 1980er-Jahre, wie es Regisseur Pablo Berger in seinem herzerwärmenden „Robot Dreams“ präsentiert. Bei so vielen menschlichen Eigenschaften, die seine tierischen Bewohner besitzen, braucht es die Zweibeiner gar nicht mehr. Stattdessen leben Tiere aller Art harmonisch neben- und miteinander und genießen den warmen Herbst.

Außer Dog, ein alleinlebender Hund, der sich sehr nach einer Begleitung sehnt. Die kommt in Form eines selbst zusammenschraubbaren Roboters in sein Leben, den er sich eines Abends beim Teleshopping-Kanal bestellt. Kaum erwacht, lächelt der große Blechmann unentwegt, verbreitet gute Laune und beschert Dog endlich den Freund fürs Leben, den er sich schon immer gewünscht hat. Doch das Glück ist endlich: Als der Roboter nach einem Ausflug an den Strand unbeweglich im Sand liegen bleibt, muss Dog ihn nach diversen Rettungsversuchen zurücklassen – zumindest bis zum nächsten Sommer, wenn er wieder an den Strand darf. Doch wie weiterleben, wenn der beste Freund plötzlich nicht mehr da ist?

Basierend auf einer Comicvorlage von Sara Varon und komplett auf Dialoge verzichtend, könnte mensch „Robot Dreams“ ob seiner tierischen Hauptdarsteller als Fabel bezeichnen – über das Überwinden von Einsamkeit, das Glück von Freundschaften und Abnabelungsprozesse, vor denen (fast) keine Beziehung gefeit ist. Erzählt ist dies stets zart und gefühlvoll, niemals bösartig und doch ehrlich. Diese Balance macht den Film sowohl für ein junges als auch erwachsenes Publikum interessant, wobei Letzteres sich zudem noch über einige Filmzitate freuen kann, die immer wieder durchs Bild huschen.

„Robot Dreams“ ist kein ‚lauter‘ Action- und Slapstickspaß wie beispielsweise „Pets“ oder „Zoomania“, in denen Tiere ganz eindeutig bestimmte menschliche Charaktere und Eigenarten darstellen. Welche Tierart hier gerade mit wem über die Straße spaziert, ist völlig irrelevant. Regisseur Berger konzentriert sich nur auf die zu erzählende Geschichte – und die ist universell. Genauso wie Musik, jene universelle Sprache, die trösten, begeistern und mitreißen kann. Im Falle von „Robot Dreams“ ist das vor allem der groovige 70er-Jahre-Hit „September“ der Band Earth, Wind & Fire, der das Leitmotiv dieses filmischen Kleinods darstellt, das zu Recht 2024 eine Oscar-Nominierung als Bester Animationsfilm erhielt.

Die Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film, der ohne Dialoge auskommt, mit optionalen deutschen Untertiteln für die Übersetzung von Schildern u.a., welche englisch erscheinen. Als Bonus gibt es mehrere Kurzdokumentation, die sich mit der Entstehung des Films befassen. Zudem gibt es noch eine ‚Special Edition‘, die zusätzlich noch eine Soundtrack-CD enthält. „Robot Dreams“ erscheint bei Plaion Pictures und ist ab 17. Oktober 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Plaion Pictures GmbH)

Heimkino-Tipp: „Der Untergang“ (2004)

Der Wahn(sinnige) und seine Anhänger

Schon bevor „Der Untergang“ im September 2004 in den hiesigen Kinos anlief, hatte er dank seiner Marketingstrategen (und ganz sicher auch dank Produzent Bernd Eichinger) für Furore gesorgt. Ein deutscher(!) Spielfilm, der ausschließlich die letzten Tage im „Führerbunker“ zeigt und Adolf Hitler im Alltag begleitet? Basierend auf authentischen Dokumenten, Gesprächsprotokollen und Situationen? Die Fallhöhe war immens – der (ebenso internationale) Erfolg im Anschluss jedoch nicht minder beachtlich.

Dabei haben es speziell deutsche Produktionen, die sich dem ‚Dritten Reich‘ widmen, bei Publikum und Kritikern noch nie leicht gehabt. Nur ein paar Beispiele, die das belegen sollen (und z.T. vor und nach „Der Untergang“ entstanden sind): „Nichts als die Wahrheit“ (1999) erzählt die – fiktive – Geschichte eines am Leben gebliebenen Josef Mengele (dargestellt von Götz George), der mithilfe eines Anwalts (Kai Wiesinger) im Rentenalter an die Öffentlichkeit tritt, um sich und seine Taten zu rechtfertigen. Ein faszinierendes Filmexperiment, das seine Story dafür nutzt, um vor der latenten Gefahr der Verführung und Relativierung von rechts zu warnen. Oder Dani Levys Parodie „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ (2007), in der ausgerechnet ein deutscher Jude (Ulrich Mühe) Hitler (Helge Schneider) die Redekunst beibringen soll. Nicht zu vergessen Oskar Roehlers umstrittener Skandalstreifen „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ (2010), der zwar Fakten nutzte, diese aber sehr eigenwillig interpretierte. Seltsamerweise erhalten ausländische Produktionen zu Hitler-Deutschland und den damit verbundenen Ereignissen selten solch harsche Kritik wie die eben genannten, ganz gleich wie freigeistig sie sich dem Stoff nähern (siehe u.a. „Jojo Rabbit“, 2019).

Die Häme für „Der Untergang“ kam derweil erst mit einigen Jahren Verzögerung und dann auch eher aus Respekt für die Schauspielkunst von Bruno Ganz statt als Veräppelung. Ganz spielte Hitler nämlich so beeindruckend nah am Original, dass er seither aufgrund seiner Mimik, Gestik und Sprachmelodie für unzählige Persiflagen auf YouTube herhalten muss, in denen ‚Hitler‘ die unsinnigsten Dinge sagt.

Lässt man die inzwischen bekannten inhaltlichen Fehler und ärgerlichen Ereignisse während der Produktion außen vor (wer es genauer wissen will, kann dies u.a. auf der Wikipedia-Seite zum Film nachlesen), so muss man Regisseur Hirschbiegel zweifellos großes Talent attestieren, diese Menge an Personen und Storyschnipseln, die ihm Eichingers Drehbuch vorgegeben hat, zu einer in großen Teilen kohärenten, spannenden Geschichte verknüpft zu haben. Vorausgesetzt das Publikum ist dazu bereit, den hier präsentierten Menschen ihre Zeit zu widmen und sich ihrer Konflikte anzunehmen. Keine moralischen Konflikte wohlgemerkt, denn ihre Rollen im großen Ganzen, ihre Verantwortung und ja, Schuld, für das Leid, welches ihre Taten bewirkt haben, egal ob als Sekretärin, Fußsoldat oder Handlanger, werden in keiner Szene thematisiert. Ist dies problematisch? Auf jeden Fall. Doch aus Sicht eines Drehbuchautors, der sich ganz auf seine Figuren konzentriert, um aus ihren Handlungen einen Spannungsbogen zu erschaffen, in gewisser Weise nachvollziehbar.

Zumal dieser Film bei allen Nebenschauplätzen von Anfang an nur einen Mittelpunkt hat: Bruno Ganz’ Hitler-Darstellung. Dies sind die money shots, das ist der unique selling point, dafür ström(t)en die Menschen ins Kino. Und Ganz liefert: im Lauten, im Stillen, im Übertriebenen, im Subtilen. Es ist die Rolle, die mit ihm – damals 63 Jahre alt – bis an sein Lebensende verbunden bleiben sollte, obwohl er davor schon und danach noch unzählige weitere großartige Rollen verkörpert hatte.

Was aber ist der Mehrwert von einem Film wie „Der Untergang“: Bebilderung historischer Ereignisse zum besseren Verständnis und als Warnung vor Wiederholung? Normalisierung von einst einflussreichen Unmenschen, um ihre Fehlbarkeit zu unterstreichen (und somit eine Relativierung ihrer Taten)? Oder doch nur cleverer Schachzug eines Produzenten, der die Faszination mit Personen wie Hitler zu nutzen wusste, um mit viel Herzblut, Geld, Talent und geschichtlichen Quellen einfach einen guten, erfolgreichen Film kreieren wollte? Das Urteil liegt wie so oft im Auge der Betrachter.

Die nun neu erschienene 4K Ultra HD/Blu-ray-Edition bietet den Film in deutscher Originalsprachfassung. Englische Untertitel sowie deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind optional vorhanden. Zudem gibt es eine deutsche Hörfilmfassung für Sehgeschädigte (sehr lobenswert!). Die Blu-ray enthält umfangreiches Bonusmaterial zur Entstehungsgeschichte, etliche Interviews und auch einen Audiokommentar. Einziges Manko: Leider ist die Extended-TV-Version des Films nicht mit auf den Discs enthalten. „Der Untergang“ ist seit 26. September 2024 bei Constantin Film im Vertrieb von Highlight/Universal erhältlich. (Packshot + stills: © Constantin Film)