im nachgang: „Sturm“ von Hans-Christian Schmid

Zwar liegt der Bundesstart nun schon einige Wochen zurück (10. September 2009), doch ist es mir ein großes Anliegen, diesem wunderbaren Film ein paar Zeilen zu widmen.

Es gibt bisher nur wenige Filme, die sich mit den Verbrechen und Folgen des sogenannten „Jugoslawienkonflikts“ befasst haben. Besonders außereuropäische Filmemacher wagen es selten bis nie, sich dieses komplexen Themas anzunehmen, was passenderweise dem gesellschaftlichen Bewusstsein diesbezüglich entgegen zu kommen scheint. Zwei sehenswerte Ausnahmen boten Richard Shepards Poltisatire „Hunting Party“ von 2007 mit Richard Gere und Terrence Howard in den Hauptrollen, eine spannend-ironische Abrechnung mit der UN, CIA und deren „Engagement“ in Mitteleuropa, sowie Michael Winterbottoms radikal-authentisches „Welcome to Sarajevo“ (1997), unter anderem mit Kerry Fox.

Sie ist es auch, die uns nun in „Sturm“ von Hans-Christian Schmid wieder zurück in das vom Krieg Mitte der 1990er Jahre immer noch gezeichnete Sarajevo nimmt. Spuren an den Häuserwänden, jedoch vor allem in den Erinnerungen der Menschen sind überall präsent, Misstrauen, Skepsis und Angst ebenso. „Sturm“ weiß diese Atmosphäre in all ihrer Bedrohlichkeit und Verzweiflung fabelhaft einzufangen, dank kluger Dramaturgie, interessanten Figuren und wertungsfreier Abbildung politischer Gegebenheiten. Letzteres vor allem im niederländischen Den Haag, einem Ort, wo Gerechtigkeit zur Verhandlungssache werden kann.

Denn Hannah Maynard (Kerry Fox) arbeitet hier am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien. Als Juristin und Anklägerin ist es ihre Aufgabe, einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher hinter Gitter zu bringen. Zu Recherchezwecken reist sie nach Sarajevo und findet in Mira (Anamaria Marinca, bekannt aus „4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage“) eine Zeugin, die möglicherweise zu einer Aussage bereit wäre. Dass bosnisch-serbische Nationalisten, die eine Verurteilung verhindern wollen, daraufhin mit ihren Säbeln rasseln, überrascht Hannah zunächst kaum. Doch auch in Den Haag bauen sich plötzlich neue Hürden auf, werden Absprachen mit Anwälten getroffen, Maulkörbe verteilt und internationale Interessen über das Schicksal von Mira gestellt, deren persönliche Geschichte beispielhaft für so viele andere Opfer steht. Gerechtigkeit ist halt Verhandlungssache.

Oftmals verwundert das scheinbar langsame und nur in seltenen Fällen fruchtbare Arbeiten der ICTY (International Criminal Tribunal For The Former Yugoslavia) in Den Haag. Doch Schmid gelingt das Kunststück, genau hier präzise und verständlich die Komplexität jedes einzelnen Falles zu verdeutlichen. Auch wenn seine Hauptfigur Hannah überzeugt, engagiert und moralisch gerecht vorgeht, weiß sie von den Hindernissen und Gräben, die es zu überwinden gilt, bevor ein zweifelsfrei schuldiger Kriegsverbrecher in einem fairen und trotzdem von eindeutigen Indizien getragenen Prozess angeklagt werden kann. Denn, so Michael Karnavas, ein in Den Haag tätiger Verteidiger: „Alle Urteilssprüche wären ohne eine gute Verteidigung wertlos. Und der bloße Umstand, dass wir Menschen vertreten, die vielleicht etwas Schlimmes getan haben könnten, heißt nicht, dass wir gutheißen, was sie getan haben.“ Das bringt die Crux der Chose treffend auf den Punkt: Werde Täter und nutze die Rechte eines Angeklagten. Werde Opfer und fürchte die Rechte eines Angeklagten. Denn Gerechtigkeit bleibt Verhandlungssache.

In einem Interview gab Schmid an, einen Stoff gesucht zu haben, mit dem er einen Film im Sinne des „New Hollywood“ hätte machen können. Eine Eigenschaft dieses Genres war es immer, reale Geschichten der Gegenwart kritisch und spannend zu präsentieren. Dies ist ihm mit „Sturm“ auf großartige Weise gelungen. Ein wichtiger, wütender und zutiefst menschlicher Film.

P.S.: Interessante Einblicke, historische Fakten zum Krieg im ehemaligen Jugoslawien, sowie aktuelle Prozessberichte und Internet-Liveübertragungen zu laufenden Verhandlungen bietet die offizielle Webseite des ICTY: www.icty.org.

Aus dem „Kinokalender Dresden“, Ausgabe Oktober 2009.

„Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen“ (Kinostart: 24. September 2009)

„Ein bewegendes Porträt der faszinierendsten Frauenfigur des Mittelalters“ soll es sein, jener neue Film von Margarethe von Trotta, den die vielfach ausgezeichnete Regisseurin, Autorin und Fassbinder-Aktrice drei Jahre nach „Ich bin die Andere“ nun präsentiert. Da sind große Erwartungen tatsächlich gerechtfertigt, zumal die Biographie der Bingen (1098-1179) genug Potenzial für interessante Einblicke zur Rolle der Frau im Mittelalter hergibt.

Mit acht zur religiösen Erziehung in ein Kloster gegeben, entscheidet sie sich für ein Leben als Nonne, wird Äbtissin eines Frauenklosters, entdeckt die Heilkraft von Kräutern, komponiert eigene Musikstücke und bringt göttliche Visionen zu Papier. Ein Novum im 12. Jahrhundert, was heftige Widerstände innerhalb der Klostermauern bedingt. Nach päpstlicher Anerkennung ihrer Gabe gründet sie ein Frauenkloster bei Bingen, das fortan als Wallfahrtsort landesweit Aufmerksamkeit erlangt.

Was womöglich als Rebellenstück gegen kirchliche Engstirnigkeit gedacht war, entpuppt sich im Fall von „Vision“ als spannungsarmes Kammerspiel, dessen kühle, eindimensional aufspielende Hauptdarstellerin (Barbara Sukowa) enttäuscht, während das Drehbuch von Bingens soziale und gesellschaftliche Bedeutung völlig außer Acht lässt. Formal verärgern fehlende Untertitel für lateinische Phrasen, inhaltlich bleibt die naive Ergebenheit ihrer Schülerin (Hannah Herzsprung) wie so vieles unerklärt. „Vision“ hat kein Interesse, diese historische Figur einem Publikum abseits ihrer Verehrer nahezubringen und gleicht eher einer filmischen Heiligsprechung. Verschenkt.

Aus der „Sächsischen Zeitung“ (PluSZ) vom 24. September 2009.

„Oben“ (Kinostart: 17. September 2009)

Schon wieder ein Jahr vergangen? Stets Mitte September schenkt uns die Animationsschmiede Pixar einen neuen Leinwandspaß, oder treffender: einen abendfüllenden Trick- („Oben“) mitsamt amüsantem Vorfilm („Teilweise wolkig“).

Auch „Oben“-Hauptfigur Carl, ein grantiger alter Mann, der sein Haus tapfer und beinahe hoffnungslos gegen fiese Bauunternehmer verteidigt, wundert sich über den Verbleib seiner Lebenszeit. Schon immer hatte er den Traum, zusammen mit seiner großen Jugendliebe Elli einmal nach Südamerika zu reisen. Nun ist Elli fort, Carl verwitwet und sogar ein Treppenlift zur Etagenbezwingung nötig. Irgendwann hat Carl genug und wagt ein letztes großes Abenteuer: Er befestigt tausende Luftballons an seinem Dach und fliegt der Langeweile einfach davon. Mit an Bord: Pfadfinder Russell, der soeben die Veranda betrat.

Die Erfolgsbilanz von Pixar ist erstaunlich: neun Oscars, unzählige Nominierungen und weltweiter Erfolg bei Jung und Alt. Das kalifornische Unternehmen zählt zweifellos zu den Wegbereitern animierter Filmkunst und schafft es auch mit seinem zehnten Abenteuer wieder zu begeistern. Wobei der Einfluss des ehemaligen Konkurrenten und neuen Kooperationspartners Disney jedoch diesmal stärker hervortritt, als noch in früheren, frecheren Werken („Monster AG“, „Wall•E“): Nach einer sehr emotionalen und ernsten Einleitung, die Carls Leben und Verluste beleuchtet, wandelt sich „Oben“ mit zunehmender Laufzeit in ein actionreiches, vor allem Kinder ansprechendes Feuerwerk, das zwar gewohnt fabelhafte Animationen und gelungene Seitenhiebe auf’s Älterwerden bietet, mit sprechenden Hunden, die Flugzeuge steuern können allerdings auch ein wenig inhaltliches Potenzial verschenkt.

Doch Kritik beiseite, „Oben“ macht Spaß, unterhält prächtig und hat mit dem Duo Carl/Russell ein unschlagbares Team zu bieten!

„Antichrist“ (Kinostart: 10. September 2009)

Lars von Trier nennt ihn den „wichtigsten Film meiner ganzen Karriere“. Schon auf dem Filmfestival von Cannes, wo er seinen neuen 100Minüter dieses Jahr vorstellte, nutzte der umstrittene Däne das Podium, um auf die physische und psychische Grenzüberschreitung hinzuweisen, die er mit „Antichrist“ vollzogen habe.

In der Tat ist das in Nordrhein-Westfalen entstandene Werk eine Herausforderung für den Zuschauer. Visuell als auch erzählerisch lässt von Trier seine Dämonen von der Leine und auf sein Publikum los, das es im besten Fall gar nicht erst wagt, den Saal zu verlassen.
Grundlage für das schemenhafte Skript bildete eine Depression von Triers, die ihn vor zwei Jahren zur Tatenlosigkeit verdammte: „Alles, egal was, schien unwichtig, trivial. Ich konnte nicht arbeiten. Das Drehbuch wurde ohne großen Enthusiasmus beendet und verfilmt, da dabei nur die Hälfte meiner körperlichen und intellektuellen Kapazität genutzt wurde.“

Die einzigen Figuren des Films werden verkörpert von Charlotte Gainsbourg und Willem Dafoe, beides Darsteller, die schon öfter Charaktere jenseits von Gut und Böse gaben. Beide durchwandeln einen alptraumhaften Weg inmitten eines dunklen Waldes, wo „er“, ausgebildeter Psychologe, „sie“ therapieren und von Schuldgefühlen befreien will, die sie nach dem Unfalltod ihres gemeinsamen Kindes hat.
„Antichrist“ exerziert das Seeelenleben und die Ehe der beiden und gleicht in seiner spartanischen Umsetzung eher einem Theaterstück, das im letzten Drittel die psychologische Ebene hinter sich lässt, um fortan in aller optischen Deutlichkeit die Folgen körperlicher Gewalt zu präsentieren. Sexualität und Verderben gehen Hand in Hand, isoliert von der Außenwelt kommt es zum Kampf Frau gegen Mann, möglicherweise Bestie gegen Mensch.

Doch ist diese Konstellation keinesfalls Zufall. Das Bild, welches von Trier hier (einmal mehr) vom Geschöpf „Frau“ entwirft, könnte angsteinflößender, verletzlicher und stärker nicht sein. Ein Blick zurück auf „Dogville“ unterstreicht die Vermutung, von Trier sehe den weiblichen Organismus nicht zum ersten Mal als Ursache und Triebfeder des Bösen. Dass diese Sichtweise dem Film mitnichten eine angenehme Auflösung beschert, dürfte bereits früh klar sein.

Unabhängig von allen inhaltlichen Aspekten, über die es nach dem Film zu diskutieren lohnt, bleibt „Antichrist“ allerdings auch wegen eines anderen Merkmals in Erinnerung: Selten zuvor gelang es einem Filmemacher, eigene dunkle Erfahrungen so überwältigend groß, bedrohlich und konsequent auf Leinwand zu bannen. Nochmal von Trier: „Ich würde Sie gerne zu einem kleinen Blick hinter die Kulissen einladen, einen Blick in die dunkle Welt meiner Fantasie. In die Natur meiner Ängste, in die Natur von `Antichrist´.“

Na dann: wer traut sich?

„Fighting“ (Kinostart: 10. September 2009)

Wenn Kunst immer auch ein Zeugnis jener Zeit ist, in der sie entsteht, dann leben wir momentan in einer sehr schlimmen und traurigen Epoche. Schlimm, weil solch Blödsinn wie „Fighting“ überhaupt erdacht, finanziert und realisiert wird. Traurig, da es genug Menschen geben wird, die sich daran erfreuen, es akzeptieren und nachäffen werden.

Shawn (Channing Tatum) kommt nach New York, übt sich als Straßenverkäufer und wird bei der Verfolgung eines Diebes (!) von Harvey Boarden (Terrence Howard) „entdeckt“. Boarden verdient sein Geld mit illegalen Faustkämpfen, bei denen sich grenzdebile Muskelpakete die Körper zu Brei schlagen. Shawn steigt ein, wird zum neuen Helden der Szene und verliebt sich dank/trotz herrlich naivem Dackelblicks in eine alleinerziehende Kellnerin (Zulay Henao), die zusammen mit ihrem Sohnemann bei Oma wohnt.

Es fällt mir schwer, diesen Film zu kritisieren, ohne dabei dem Zielpublikum ein paar Worte zu widmen. Offensichtlich ist „Fighting“ nämlich nicht so weit von der Realität entfernt, wie ich es gern glauben möchte. Angesichts wachsender gewalttätiger Übergriffe, übermäßigem Alkoholkonsum und dem Verlust verbaler Ausdrucksfähigkeit, scheint das hier dargestellte Verhalten, Denken und Leben junger Menschen keine Drehbuchfantasie zu sein. Umso erschütternder, wie wenig gehaltvoll dieser Quatsch daherkommt. Eine Endlosschleife von Klischees, eingefangen in einer hippen Bildästhetik, untermalt mit den neuesten Klingeltonanwärtern, gekrönt mit einer drastischen und ärgerlichen finalen Aussage. In der Summe also all das, was genau jenes Publikum anspricht.

Vor einigen Jahren noch, am Anfang meiner Tätigkeit als Kinofilmrezensent, hätte ich mich über solchen Unsinn noch amüsiert, ihn als anspruchslosen, harmlosen Partyfilm bezeichnet und für den „Genuss am Freitagabend“ in Anwesenheit von männlichen Freunden und eines Kasten Bier empfohlen. Inzwischen beängstigt es mich jedoch vielmehr, in welcher Fülle solche Inhalte via Film und vor allem auch via Musik verbreitet, heroisiert und finanziell belohnt werden.

„Final Destination 4“ (Kinostart: 3. September 2009)

Den vierten Teil einer Horrorfilmreihe zu rezensieren, ist eigentlich ein Leichtes. Recycelte Storyelemente, kaum Innovation, vorhersehbarer Verlauf. Doch Moment! Wer behauptet denn, Fans und Freunde mehrteiliger Messer- und Metzelschlachten seien anspruchslos, leicht zu befriedigen und nicht an Neuem interessiert?
Dass selbst im Horrorgenre mit jedem neuen Aufguss einer Geschichte Einzigartiges geschaffen werden kann, machten – zumindest bis zu Teil drei – die „Alien“-Filme deutlich. Auch im „Saw“-Universum sind mit gutem Willen ab und an Ansätze von frischen Ideen erkennbar. Freilich kaum vom strengen Kritiker gewürdigt, wird dadurch versucht, die jährlich wiederkehrende Schlachterplatte so lang wie möglich vor einem „Halloween“- oder „Freitag, der 13.“-Schicksal zu bewahren, deren inzwischen sieben beziehungsweise neun Fortsetzungen dem jeweiligen Original nahezu bis auf jede Blutfontäne gleichen.

Trägt ein Film nun den Titel „Final Destination 4“, so knüpft der vorbelastete Zuschauer beim Lösen des Kinotickets selbstverständlich einige bestimmte Erwartungen. Die Grundaussage, Gevatter Tod holt sich seine Opfer mittels geschickt platzierter Zufälle im Alltag, kann als bekannt vorausgesetzt werden, die Art und Weise der „Unfälle“ sind eigentliches Herzstück und Hauptdarsteller der Serie.
Als die beiden „Akte-X“-Autoren Glen Morgan und James Wong im Jahr 2000 Teil eins präsentierten, gelang ihnen ein witzig-gruseliges Thrillerstück, in dem Flugzeuge, Badezimmer, Computer und Stromleitungen zu unerwarteten Todesfallen mutierten. War es in der Fortsetzung eine Autobahn, so stolperten die meist unbekannten Darsteller im dritten Aufguss schon viel zu ungelenk über seltsam auffällige Fallen in einem Freizeitpark. „Final Destination 4“ indessen ist die Realität inzwischen vollkommen abhanden gekommen: Hier fliegen Fahrzeuge, Steine und sonstige Wurfgeschosse dermaßen künstlich, treffsicher und zermanschend durch die Gegend, dass es für Fans ein einziges Ärgernis ist.

Ungewollten Witz erhält das Machwerk dank hilflos nach inhaltlicher Tiefe suchenden Darstellern, die – auch dies eine Beleidigung für den denkenden Zuschauer – jedes Klischee einer jugendlichen Clique erfüllen. Tatsächlich schert sich Regisseur David R. Ellis einen Dreck um seine Figuren, was das erschreckend unbekümmerte Verhalten selbiger nach dem Ableben eines Gruppenmitglieds eindrucksvoll beweist.
Wie es im Rahmen eines unterhaltsamen 3D-Horrorfilms besser geht, hat „My Bloody Valentine“ Anfang des Jahres fabelhaft bewiesen. Und dass dieses Genre und sein Publikum mehr verdient hat als „Final Destination 4“, bleibt hoffentlich kein Wunschdenken.

Aus der „Sächsischen Zeitung“ vom 4. September 2009.

„Whisky mit Wodka“ (Kinostart: 3. September 2009)

Eine anständige Mischung, die Regisseur Andreas Dresen („Halbe Treppe“, „Sommer vorm Balkon“) seinem Hauptdarsteller Henry Hübchen alias Otto Kullberg da ins Glas füllt. Nur für den Film-im-Film natürlich, in dem Otto seine Kollegen vom Set nebst hervorragender Schauspielkunst vor allem mit Trinkfestigkeit überrascht. Um einem finanziellen Fiasko zu entgehen, heuert der Produzent deshalb einen ebenso talentierten Ersatz für Otto an (Markus Hering), welcher jede einzelne Szene im Anschluss gleich nochmal dreht.

Ungeheuerlich, ein Verrat sondergleichen und doch für Otto ein Katalysator, um nun alles zu geben, den Nachwuchsstar vorzuführen und seiner Exfrau (Corinna Harfouch), ebenfalls Schauspielerin, die verpassten Möglichkeiten eines gemeinsamen Lebens noch einmal vor Augen zu führen.

In seiner melancholischen Komödie über das Älterwerden eines Schauspielers entlarvt Dresen das moderne Filmset als Schauplatz menschlicher Eitelkeiten, wo Egoismus, Selbstüberschätzung und verdrängte Gefühle auf das wahre Leben treffen, das vom überforderten Regisseur bis hin zur verliebten Assistentin jeden aus der Bahn wirft. Ironischerweise basiert das doppelbödige Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase auf einer Begebenheit, die sich 1957 während der Entstehung eines DEFA-Films tatsächlich ereignete. Frank Beyer, damals Regieassistent und Zeuge des Vorfalls, plante zunächst, diesen Stoff selbst zu verfilmen. Krankheitsbedingt verhindert, übernahm Dresen das Zepter und würzte das Geschehen mit seinem unverwechselbaren Sinn für Authentizität, Sensibilität sowie lakonischen Humor.

„Whisky mit Wodka“, ein Zickenkrieg unter Männern, das Porträt eines Mittelpunktmenschens, ein Ensemblefilm allererster Güte. Na dann: Prost!

Aus dem „Meißner Tageblatt“ vom 2. September 2009.