Heimkino-Tipp: „Master Gardener“ (2022)

Boy Trouble

Liebe ist wie eine Pflanze: Ist der Samen erst einmal im Boden eingepflanzt, bedarf es konstanter Pflege und Fürsorge, um sie zum Wachsen, Erblühen und Erhalt zu bringen. Traurigerweise gilt dies ebenso für Hass. Eine Metapher, die Regisseur und Drehbuchautor Paul Schrader für sein neuestes Werk „Master Gardener“ nutzt, um von der Annäherung zweier sehr verschiedener Menschen zu erzählen, deren Vergangenheit kaum Sonnenstrahlen bereithielt.

Narvel (Joel Edgerton) arbeitet als Chefgärtner auf dem Anwesen der wohlhabenden Norma Haverhill (Sigourney Weaver). Während der Vorbereitungen zum jährlichen Charity-Event auf dem Gelände bittet Norma ihren Angestellten, eine neue Praktikantin unter seine ‚grünen Daumen‘ zu nehmen: Ihre Großnichte Maya (Quintessa Swindell), Anfang 20, steht ihr zwar nicht nahe, braucht Normas Meinung nach jedoch etwas Führung und Ordnung in ihrem Leben – auch, um der Drogensucht zu entkommen. Tatsächlich fügt sich die junge Frau schnell in Narvels Team ein und zwischen Lehrer und Schülerin erblüht bald darauf sogar etwas mehr. Nicht nur aufgrund der ‚Beziehung‘ zu seiner Chefin ist das für Narvel jedoch eine sehr problematische Entwicklung.

Problematisch ist vielleicht auch der passende Begriff für Paul Schraders wechselvolle Karriere. Nach einem fulminanten Start als Drehbuchautor in den 1970er-Jahren (u.a. „Taxi Driver“, 1976, und „Wie ein wilder Stier“, 1980) und vielen weiteren erfolgreichen Skripten, die er teilweise selbst verfilmte, hatte er seit den 2010er-Jahren zunehmend Probleme, seine Wunschfassungen eigener Filme auf die Leinwand zu bringen. Dies änderte sich glücklicherweise 2017 mit dem Drama „First Reformed“, in dem Ethan Hawke als zweifelnder Pfarrer brilliert und der – zusammen mit dem nicht minder fesselnden Nachfolgewerk „The Card Counter“ (2021) und nun „Master Gardener“ – eine Art lose Trilogie über einsame Männerfiguren darstellt, die versuchen mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.

Auch in „Master Gardener“ bleibt Schrader seinem Konzept treu, einer ruhigen und bedächtigen Inszenierung messerscharfe Dialoge gegenüberzustellen, die aufmerksames Zuhören erfordern, da sie einiges über jene Personen verraten, die sie von sich geben. Hinzu kommen viele kleine Nuancen, seien es Frisuren, T-Shirts, Tapetenmuster im Hintergrund oder kaum wahrnehmbare Charakterticks, mit denen es Schrader gelingt, sehr viel mehr über seine Figuren zu erzählen anstatt mithilfe konkreter Handlungen. Inhaltlich kreist der Film um Themen wie zweite Chancen, Neuanfänge und familiäre Prägungen sowie Rassismus, Vorurteile und Machtspiele, und spiegelt all diese Themen auch immer wieder in der Gartenarbeit wider, einem Mikrokosmos der menschlichen Natur sozusagen.

Zugegeben, die finalen 15 Minuten wirken nicht nur im Vergleich zu den vorherigen eineinhalb Stunden, sondern ebenso zu den beiden oben genannten Vorgängerfilmen etwas holprig und nicht ganz zu Ende gedacht. Allerdings entschädigen das nuancierte Spiel der fabelhaften Darsteller und die kontinuierlich bedrückend/bedrohlich wirkende Atmosphäre für diesen kleinen Lapsus am Ende zur Genüge.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es Trailer. „Master Gardener“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 6. Oktober 2023 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © LEONINE Studios)