Heimkino-Tipp: „Spinning Man“ (2018)

Mein unbekannter Ehemann

Da staunt die zweifache Mutter Ellen (Minnie Driver) nicht schlecht: Eines Tages steht der Ermittler Malloy (Pierce Brosnan) mitsamt Kollegen auf ihrer Veranda und erkundigt sich nach ihrem Ehemann, dem Philosophieprofessor Evan (Guy Pearce). Dessen Wagen wurde nicht weit entfernt von einem potenziellen Tatort gesehen, an dem eine junge Studentin vor ihrem Verschwinden zuletzt gearbeitet hat. Der eigene Gatte womöglich ein Mörder? Oder hat Evan gar eine Affäre vertuschen wollen, die er mit der jungen Dame hatte? Evan weist alle Vorwürfe von sich – und macht sich doch verdächtig: durch sein Verhalten, seine, wie er es nennt, zahlreichen Erinnerungslücken und seine früheren amourösen Abenteuer, die ihn und seine Frau einst zum Umzug in eine andere Stadt zwangen.

Ebenso wie Malloy erfährt der Zuschauer nur wenig mehr über den Verdächtigen, was dem Film von Simon Kaijser von Anfang an Raum für Spannung gibt. Oder anders formuliert: „Spinning Man“ geht es gemächlich an und beschreibt ohne unnötige (filmische wie inhaltliche) Übertreibungen den (Arbeits-)Alltag von drei erwachsenen Personen, deren Leben aufgrund des Verschwindens eines Mädchens nachhaltig beeinflusst wird. Das des Polizisten, der versucht, Spuren wie Puzzleteile zusammenzusetzen, das des Verdächtigen, der sich zu Unrecht angegriffen fühlt, und das der Ehefrau, die ihre Familie schützen will, gleichzeitig nicht sicher ist, ob ihr Mann Geheimnisse vor ihr verbirgt.

Es ist eine interessante Dynamik, die sich mit zunehmender Laufzeit entwickelt und den drei Hauptdarstellern viele Möglichkeiten bietet, ihr Können vor der Kamera zu beweisen. Ein klassischer Krimi mit mehreren Tätervarianten ist „Spinning Man“ jedoch nicht, da der Fokus ausschließlich auf Evan als möglicher Mörder liegt. Das kann man – gerade in Bezug auf die finale Auflösung – als Versäumnis kritisieren. Aber gerade die macht ebenso deutlich, dass es Regisseur Kaijser eben nicht um einen bloßen ‚Whodunit‘ geht, sondern um die psychologischen Aspekte seiner Figuren.

Das mag für Fans von Thrillern enttäuschend sein. Für Freunde gediegener Unterhaltung mit großartigen Schauspielern jedoch ein schönes Erlebnis.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Extras gibt es eine Bildergalerie mit Aufnahmen von den Dreharbeiten sowie Trailer. „Spinning Man – Im Dunkel deiner Seele“ erscheint bei New KSM und ist seit 28. Februar 2019 erhältlich. (Packshot + Filmstills: © KSM GmbH)

Heimkino-Tipp: „Girl“ (2018)

Boy Erased

Es sorgt stets für viel Aufsehen, wenn sich Schauspieler für ihre Rollen körperlich verändern. Christian Bale beispielsweise zeigt sich aktuell im Kinofilm „Vice“ mit einer Monsterwampe als Ex-US-Vizepräsident Dick Cheney und erntet (nicht nur) dafür viel Kritikerlob. Ebenso erging es 2011 Natalie Portman, die in „Black Swan“ eine heruntergemagerte Ballerina gab. Eine ähnlich beeindruckende Transformation gab es im Oktober 2018 auf großer Leinwand (und nun im Heimkino) in dem Drama „Girl“ zu sehen: Darin porträtiert der junge Victor Polster ein 15-jähriges Transgender-Mädchen, das kurz vor einer geschlechtsangleichenden Operation steht. Für seine Leistung vor der Kamera wurde Polster im vergangenen Jahr vollkommen zu Recht in Cannes als Bester Darsteller ausgezeichnet.

Lara (Polster) hat zwei große Wünsche, an deren Verwirklichung sie hart arbeitet – eine Ballerina zu werden und endlich ihren männlichen Körper abzustreifen. Denn Lara wurde als Junge geboren, fühlt sich jedoch wie ein Mädchen. Ihre Familie unterstützt sie auf diesem Weg mit allen Kräften. Selbst ihre neuen KlassenkameradInnen nehmen sie wohlgesonnen in ihre Mitte auf. Man könnte also meinen, alles verlaufe hervorragend: die Ballett-Schule gibt ihr trotz Trainingsrückstands eine Chance, ihre Ärzte sind zuversichtlich, dass die Hormontherapie anschlägt, und auch zu Hause geht es harmonisch zu. Wären da nur nicht Laras Zweifel: Was, wenn die Medikamente nicht anschlagen? Wird sie ihren Traumberuf erreichen können? Steht sie eher auf Boys oder Girls? Für Lara wird es zunehmend schwieriger, dem immensen Druck, den sie sich vor allem selbst aussetzt, standzuhalten. Und auch ihr Körper kommt bald an seine Grenzen.

Es ist nicht einfach, einen guten Film über die Leiden, Sorgen und Ängste einer Pubertierenden zu erschaffen. Debüt-Regisseur Lukas Dhont war das aber scheinbar noch nicht herausfordernd genug: Er ergänzt seine Teenie-Geschichte mit zwei weiteren harten Brocken, der Transgender-Thematik und dem anstrengenden Training an einer Ballettschule. Dass er dabei an keiner der drei Fronten scheitert, zeigt sein außergewöhnliches Können als Filmemacher.

Sein in warmes Licht getauchtes Drama stellt die verschiedenen ‚Kriegsschauplätze‘, die Lena durchstehen muss, gleichberechtigt gegenüber. Ohne Sensationsgier zeigt er einerseits die selbstauferlegten Rituale Lenas, wenn sie sich beispielsweise ihr Geschlechtsteil abklebt, bevor sie sich in ihr Ballettoutfit zwängt. Andererseits fühlt man als Zuschauer gleichermaßen den Schmerz, den ihre blutenden Füße nach dem Training verursachen. Dass diese doppelte physische Belastung bald auch psychische Folgen haben wird, ist schnell abzusehen – und schlicht großartig inszeniert bzw. dargestellt.

Nun könnte man „Girl“ vorwerfen, dass es außerhalb von Lenas Kosmos kaum Konfliktpotenzial gibt. Bis auf eine einzelne Szene, in der sie von ihren Mitschülerinnen im Rahmen einer kleinen Party bloßgestellt wird, scheint es keinerlei Reibungen mit anderen Menschen von Außerhalb zu geben. Das ist natürlich ein starkes Plädoyer für eine offene Gesellschaft, in der das ‚Anderssein‘ kein Thema ist. Jedoch bleibt das nahezu völlige Ausblenden von Problemen jenseits von Lenas Bekanntenkreis nicht unbemerkt. Ist das schlimm? Keineswegs, denn „Girl“ fokussiert vornehmlich das Innenleben des Mädchens und verdeutlicht damit, dass es auch ohne ignorante Arschlöcher genug Herausforderungen gibt, die man/frau in der Pubertät überwinden muss. Wer sich zudem gerade in dieser Zeit noch für eine Geschlechtsumwandlung entscheidet, verdient höchsten Respekt – ebenso wie Hauptdarsteller Victor Polster, vor dessen Mut und Leistung ich meinen Hut ziehe.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und flämisch/französischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Als Bonusmaterial gibt es Trailer. „Girl“ erscheint bei DCM Film Distribution GmbH/Universum Film und ist seit 22. Februar 2019 erhältlich. (Packshot + stills: © DCM/Menuet)

Heimkino-Tipp: „Grenzenlos“ (2017)

In too deep

„Als ich den Roman las, hat mir das große Angst gemacht. Das ist gut – denn wenn ich nicht weiß, wie ich etwas angehen soll, will ich es machen.“ Einen Satz wie diesen von einem erfahrenen und mehrfach ausgezeichneten Filmemacher wie Wim Wenders zu hören/zu lesen, ist sicherlich nicht alltäglich. Gleichzeitig wird deutlich, dass der inzwischen 73-Jährige noch immer viel Demut an den Tag legt, wenn es um die Annäherung an einen Stoff geht. Im Fall von „Grenzenlos“ stammt die literarische Vorlage von J.M. Ledgard, das Drehbuch zur Verfilmung verfasste Erin Dignam („Das gelbe Segel“, 2008).

Was Wenders an der Geschichte möglicherweise verängstigte, wird schnell deutlich: „Grenzenlos“ ist nämlich selbst ohne Beschränkung, was die thematischen Schwerpunkte angeht. Wissenschaft, Glauben und Liebe kollidieren in diesem ruhig erzählten, wunderbar gefilmten Werk auf schöne und gleichsam unheilvolle Weise miteinander und verdeutlichen, wie diese drei Dinge Leben bereichern und gleichzeitig zerstören können.

Die Wissenschaftlerin Danny (Alicia Vikander) bereitet sich in einem Hotel in der Normandie auf eine Expedition in den Tiefen des Meeres vor. Dort trifft sie auf James (James McAvoy), der angeblich Wasseraufbereitungsanlagen in Afrika baut und ebenfalls kurz vor der Abreise steht. Dass er eigentlich britischer Agent ist, der in Somalia einen Terroristen aufspüren soll, verrät er ihr nicht – seine Gefühle für sie schon. Und so ist beiden nach wenigen Tagen klar, dass sie ihren weiteren Lebensweg zusammen gehen wollen. Doch als er während seiner Mission in Gefangenschaft gerät und sich nicht mehr bei ihr meldet, beginnt sie an ihrer neuen Liebe und seinen Absichten zu zweifeln.

Der Film beeindruckt auf mehreren Ebenen: Optisch dank atemberaubender Landschafts-und Tiefseeaufnahmen, schauspielerisch dank der hervorragenden Hauptdarsteller, die die charakterliche Tiefe, Intelligenz und den beruflichen Ehrgeiz ihrer Figuren glaubhaft vermitteln. Und inhaltlich dank der zahlreichen Themen, die in langen und zum Teil ungewöhnlichen Dialogen angesprochen werden. Ungewöhnlich deshalb, da sie eben nicht wirken wie von einem Drehbuchautor nach dem „Wir stellen uns oberflächliche Fragen um unser Gegenüber ins Bett zu kriegen“-Schema formuliert wurden. Nein, Wenders und seine Autorin Dignam nehmen sich Zeit – viel Zeit –, um von der Annäherung der beiden Workaholics auf gleicher Augenhöhe zu erzählen. Ein seltener Genuss in einem Film dieser Größenordnung.

Dies alles erfährt das Publikum in Rückblenden, während Danny in einem gelben(!) U-Boot sitzt und James in einem Kerker von Dschihadisten dahinvegetiert. Später wird er Gelegenheit haben, mit seinen Entführern über deren Glauben und Beweggründe zu sprechen, während Danny an der unerwarteten Funkstille zu James beinahe verzweifelt und infolgedessen selbst den Tod in der Tiefe mit passiver Gleichgültigkeit zu akzeptieren bereit ist.

So groß die Entfernung der Liebenden, so groß sind an manchen Stellen des Films leider auch die Stolpersteine, die Wenders mal mehr, mal weniger gut überwinden kann. Sein Bemühen, die vielen Schauplätze und Themen zusammenzubringen, ist unübersehbar. Nur leider funktioniert es nicht immer problemlos, sodass „Grenzenlos“ hier und da wie ein Zusammenschnitt dreier separater Geschichten wirkt. Mit zunehmender Laufzeit zerfasert der Film ein wenig, was sich auch in einer höheren Schnittfrequenz widerspiegelt, mit der zwischen den einzelnen Handlungsorten gewechselt wird.

Doch vielleicht ist genau dies die intendierte Aussage: Wissenschaft, Glaube und Liebe mögen auf einem gemeinsamen Planeten existieren. So richtig zusammen kommen sie jedoch nie. Es sei denn man ist bereit, an allen drei Fronten etwas zu verlieren.

Der Film ist bisher nur auf DVD erschienen und bietet neben der originalen englischen Sprachversion auch eine deutsch synchronisierte sowie eine (untertitelte) Hörfilmfassung. ‚Normale‘ deutsche Untertitel sind nur für die englische Version vorhanden. Als Extras befinden sich ein Making of-Clip sowie Trailer (u.a. von anderen Wenders-Filmen wie „Das Salz der Erde“) auf der Disc. „Grenzenlos“ erscheint bei NFP marketing & distribution im Vertrieb von Warner Bros. und ist seit 21. Februar 2019 erhältlich. (Packshot + stills: © Submergence SARL / NFP)

Heimkino-Tipp: „The Cloverfield Paradox“ (2018)

Twilight Zone

Es war eine der Überraschungen im Februar 2018: Während des Super Bowls, das alljährlich stattfindende Finale der US-amerikanischen American Football-Profiliga NFL, kündigte der Streamingdienst Netflix die Veröffentlichung des Films „The Cloverfield Paradox“ noch für dieselbe Nacht an. Im Geheimen gedreht, ohne den üblichen Marketingblitzkrieg im Voraus, war nun der inoffizielle dritte Teil einer Reihe da, die 2008 mit „Cloverfield“ begann und 2016 mit „10 Cloverfield Lane“ fortgesetzt worden war. Schon bei diesen beiden Vorgängern spielte das Überraschungsmoment eine wichtige Rolle und es ist allen schweigsamen Beteiligten hoch anzurechnen, dass es auch beim dritten Mal so überaus grandios funktionierte.

Dies mag auch daran liegen, dass „The Cloverfield Paradox“ unter dem Arbeitstitel „God Particle“ realisiert und erst spät als Teil der Reihe deklariert wurde. Und wie schon bei Teil 2 sind es hier ebenso nur wenige Szenen, die einen Zusammenhang erkennen lassen – ein in meinen Augen großer Trumpf der Produzenten um J.J. Abrams („Lost“, „Super 8“, „Star Wars: Das Erwachen der Macht“), die damit eine Art Anthologie geschaffen haben, in der völlig unterschiedliche Geschichten erzählt werden können, ohne dass sie zwingend aufeinander aufbauen müssten. Wer also noch keinen „Cloverfield“-Film gesehen hat, kann dem „Paradox“ trotzdem problemlos folgen.

Wobei: Ein Werk mit solch einem Titel lässt bereits erahnen, dass es um mehr geht als bloßes Actionballett. Und tatsächlich: Wir finden uns in einer Raumstation wieder, dessen Crew (u.a. Daniel Brühl, David Oyelowo, Gugu Mbatha-Raw) beauftragt wurde, die Energiereserven der Erde mit einem riskanten wissenschaftlichen Experiment zu erneuern. Die Zeit drängt, denn auf dem ehemals blauen Planeten begeben sich immer mehr Staaten in den Angriffsmodus gegeneinander, was für die Harmonie der internationalen Crew auf der Station nicht gerade förderlich ist. Als sie einen neuen Anlauf des bereits mehrmals gescheiterten Experiments wagt, hat das befremdliche Folgen: Die Raumstation verliert den (Blick-)Kontakt zum Heimatplaneten und an Bord scheinen Realität und Albtraum eine seltsame Symbiose einzugehen. Wurde die Mannschaft womöglich in eine alternative (Horror-)Welt katapultiert?

Was nach Science Fiction klingt, hat nach Aussage von Drehbuchautor Oren Uziel seine Wurzeln in einem ganz konkreten, irdischen Ereignis: Als 2010 am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf ein Teilchenbeschleuniger in Betrieb genommen wurde, befürchteten einige Wissenschaftler unumkehrbare, katastrophale Folgen für den Planeten und seine Bewohner. Eingetreten ist davon glücklicherweise nichts. Doch was, wenn ein ähnliches Experiment, im Falle von „The Cloverfield Paradox“ im All stattfindend, tatsächlich schiefgeht?

Diese Prämisse nutzen Uziel und Regisseur Julius Onah für einen spannenden Trip, der irgendwo zwischen SciFi, Horror und Drama angesiedelt ist und etliche Schocks bereithält. Die sind wohldosiert gesetzt und verdeutlichen neben dem menschlichen Dilemma, in dem sich die Protagonisten befinden – was, wenn sie nie wieder nach Hause finden? -, welch’ gruseligen Folgen alternative Realitäten/Dimensionen haben könnten. Zugegeben, die großen ethischen Fragen lässt „The Cloverfield Paradox“ unangetastet, das zunehmende Misstrauen der einzelnen Besatzungsmitglieder untereinander genügt aber bereits, um ordentlich Suspense aufzubauen. Dass diese alle in ihren Muttersprachen miteinander kommunizieren, ist dabei nur eine von vielen interessanten Ideen, die die Filmemacher bei ihrem Blick in die nicht allzu ferne Zukunft präsentieren.

Abgesehen davon kann der Streifen auch optisch punkten und hätte auf großer Leinwand sicherlich ebenso gut ausgesehen. Also nicht lumpen lassen: Obwohl es sich ‚nur‘ um eine Video-on-Demand bzw. nun Heimkino-Produktion handelt, ist „The Cloverfield Paradox“ fettes Spektakelkino mit beeindruckenden Effekten. Nicht unbedingt tiefgründig, aber doch packend genug, um 90 Minuten klasse Unterhaltung zu bieten.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film u.a. in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie diverse Untertitel. Als Extras gibt es zwei Kurzdokus über die Entstehung und die Besetzung. „The Cloverfield Paradox“ erscheint bei Universal Pictures Germany GmbH/Paramount und ist seit 7. Februar 2019 erhältlich (oder wie gehabt bei Netflix abrufbar). (Packshot + stills: © Universal Pictures/Paramount)

Heimkino-Tipp: „Book Club“ (2018)

Heiße Lesestunde

Vivian, Diane, Carol und Sharon kennen sich seit ihrer Jugend. Nun sind sie alle bereits jenseits der 60, haben verschiedene Lebenswege gewählt und schon viel erlebt – beruflich wie privat. Zwei Dinge jedoch blieben stets konstant: ihre Freundschaft und ihr monatlicher „Book Club“, bei dem sie sich in weinseliger Laune über ihr ‚Buch des Monats‘ und ihre Erlebnisse austauschen. Die neue Leseempfehlung aber, mitgebracht von Vivian, hat es in sich: „Fifty Shades of Grey“, der Bestseller von E. L. James, in dem eine junge Studentin dank einer Affäre in BDSM-Praktiken ‚geschult‘ wird. Und siehe da: Die Lektüre hat für alle vier Leserinnen schon bald ganz unterschiedliche amouröse Folgen.

Nachdem sich 2013 in „Last Vegas“ ein Quartett aus Schauspielerlegenden – Michael Douglas, Robert De Niro, Morgan Freeman und Kevin Kline – noch einmal sämtlicher Hemmungen entledigte und einen feuchtfröhlichen Junggesellenabschied feierte, sind nun die Damen dran. Mit Diane Keaton, Jane Fonda, Candice Bergen sowie Mary Steenburgen in den Hauptrollen großartig besetzt, ist „Book Club“ zwar weniger schlüpfrig und kindisch, dafür sehr viel humorvoller. Denn Regie-Debütant Bill Holderman gelingt es wunderbar, seine Protagonistinnen nicht zu verklemmten Witzfiguren zu reduzieren, sondern in vielen Szenen mit ihnen zu lachen – über altersbedingte Ungeschicklichkeit, eigene Vorurteile oder die Unerfahrenheit bei einem Blind Date. Sogar die Schönheits-OPs von Fonda werden augenzwinkernd kommentiert, was überaus witzig und sehr ehrlich wirkt.

Eingebettet in einen hinreißenden Soundtrack mit schönen Popsongs und zudem garniert mit Gourmet-Männern à la Andy Garcia und Don Johnson, bietet „Book Club“ somit leichtfüßige Unterhaltung, die frau am besten mit einem Gläschen Wein und im Kreise der besten Freundinnen genießen sollte.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und original englischer Sprachfassung sowie optionale deutsche Untertitel. Als Extras gibt es Interviews sowie Trailer. „Book Club – Das Beste kommt noch“ erscheint bei EuroVideo und ist seit 31. Januar 2019 erhältlich. (Packshot + stills: © EuroVideo)

Heimkino-Tipp: „Stilles Land“ (1992)

Umbrüche

Lust auf eine außergewöhnliche Zeitreise in die jüngere deutsch-deutsche Geschichte? Dann ist die nun wieder neu aufgelegte Doppel-DVD zu „Stilles Land“, dem Debütfilm von Andreas Dresen, genau die richtige Wahl! Einerseits, da der Hauptfilm ein interessantes Dokument der Wendezeit darstellt, andererseits ob einer zusätzlichen Sammlung von Kurzfilmen, die der gebürtige Geraer Dresen zuvor als Student der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg kreierte – und die spannende Einblicke in ein Land geben, das kurz darauf selbst Geschichte sein sollte. Insofern auch eine inhaltlich gelungene Veröffentlichung, die ein Ende, einen Übergang und den Versuch eines Neuanfangs filmisch abbildet.

In „Stilles Land“ ist es Thorsten Merten, der als junger Theaterregisseur Kai im Herbst 1989 ins norddeutsche Anklam kommt, um dort das Stück „Warten auf Godot“ auf die Bühne zu bringen. Sein Enthusiasmus wird allerdings schnell vom anwesenden Ensemble gebremst, das mit einer Mischung aus Desinteresse, Provokation und Gleichgültigkeit reagiert und Kai zunehmend verzweifeln lässt. Als sich zudem die politischen Ereignisse in Ostberlin überschlagen, will der übermotivierte Kai dies alles in sein Stück mit einfließen lassen. Es soll nicht seine einzige Herausforderung bleiben.

Mit nur zwei Jahren Abstand zu den realen Ereignissen drehte Dresen 1991/1992 seine ironisch-melancholische Momentaufnahme zum innerdeutschen Umbruch inmitten der Provinz. Konstanter Nebel, fehlende Statisten auf den Straßen, verfallene Häuser und kaputte Busse haben dabei fast schon dokumentarischen Charakter, passen gleichzeitig aber auch wunderbar in die Geschichte, die Dresen und seine Drehbuchautorin Laila Stieler erzählen möchten. Von der Symbolkraft einiger Szenen ganz zu schweigen.

Dass dieses zweifellos interessante Konzept – die ‚Wende‘ im Mikrokosmos einer Kleinstadt – nicht auf ganzer Länge überzeugt, ist laut Dresens eigenen Aussagen zum Teil seiner damaligen Unerfahrenheit geschuldet. Ein wenig holprig in der Inszenierung, in Teilen selbst zu theaterhaft vorgetragen, lässt „Stilles Land“ die spätere Leichtigkeit seiner Werke noch vermissen. Nichtsdestotrotz ist der Film „vom Herzen und seiner Seele her sehr sehr ehrlich“, wie er es selbst formuliert. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die DVD/Blu-ray enthält den Film in deutscher Originalsprachfassung mit optionalen Untertiteln in mehreren Sprachen. Als Bonus zu den oben bereits erwähnten sechs Kurzfilmen (Gesamtlaufzeit ca. 140 Min.!) gibt es neben einem Making of noch ein ausführliches Interview mit Dresen aus dem Jahre 2007, in dem er ehrlich und kritisch auf seine ersten Gehversuche als Filmregisseur zurückblickt. „Stilles Land“ erscheint bei Pandora Film und ist seit 25. Januar 2019 erhältlich. (Packshot + stills: © Pandora Film / Thomas Spikermann)