Heimkino-Tipp: „Enemies – Welcome To The Punch“ (2013)

Oh Boy, was für ein Brett! James McAvoy jagt Mark Strong durch ein nächtlich-bläulich-glitzerndes London und zwischendurch kriegt der Zuschauer ob zum Bersten spannender Mini-Duelle einen Herzinfarkt nach dem anderen. So in etwa lässt sich die erste Seherfahrung von Eran Creevys „Welcome To The Punch“ zusammenfassen.

Der Polizist Max (McAvoy) hat vor Jahren eine Kugel ins Knie bekommen, als er sich in einem Anflug von Übermut dem Profi-Bankräuber Jacob Sternwood (Strong) in den Weg stellte. Innerlich verkrüppelt und seit dem Vorfall „ohne Arsch in der Hose“, wie es seine Kollegin Sarah (Andrea Riseborough) treffend formuliert, macht Max seine Arbeit zwar gut. Der Wunsch nach Rache an seinem Peiniger lässt ihn aber seither nicht ruhen und sorgt immer mal wieder für leichte Überreaktionen im Dienst. Die eher zufällige Verhaftung von Sternwoods verletztem Filius könnte nun seine Chance sein. Denn wenn der Gangster zurückkommen sollte, um seinen im Sterben liegenden Sohn zu besuchen, will Max bereitstehen und das zu Ende bringen, was ihm einst misslang. Es dauert nicht lang, und die Jagd durch London beginnt tatsächlich erneut.

Mehr als diese überschaubare Storyline hätte es nicht gebraucht, um mit der vorhandenen, formidablen Besetzung einen geradlinigen, actionreichen Krimi hinzulegen. Regisseur und Autor Eran Creevy hat es sich jedoch nicht nehmen lassen, seinem Mano-a-Mano-Actionballett noch einige inhaltliche Zutaten hinzuzufügen, wodurch „Welcome To The Punch“ qualitativ nochmal ordentlich zulegt: Die Figuren haben Tiefe, die Handlung Komplexität und das Duell der beiden Protagonisten ist nur eines von vielen Puzzleteilen in einem clever konstruierten (Verschwörungs-)Thriller, der neben allerhand Schauwerten eben auch bemerkenswerte Darstellerleistungen im Gepäck hat.

Großes Lob verdienen vor allem jene großartig inszenierten Szenen, in denen sich einzelne Charaktere in Situationen wiederfinden, die nur Sekundenbruchteile von einer emotionalen oder physischen Explosion entfernt sind. Wie Creevy diese Momente bis zum absoluten Maximum steigert um sie dann nicht minder knallig aufzulösen, ist ganz großes Kino! Wenn dazu noch bekannte Gesichter wie David Morrissey und der wie immer genial-undurchschaubare Peter Mullan die Szenerie veredeln, kann man sicher sein, mit „Welcome To The Punch“ einen wirklich guten Genrevertreter vor Augen zu haben.

Auch wenn der Film letztendlich nicht das „Klassiker-Gen“ in sich trägt, wer seine Action gern stylisch, ein wenig anspruchsvoll und gut gespielt mag, sollte sich dieses Werk nicht entgehen lassen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung, deutsche Untertitel für Hörgeschädigte (sehr vorbildlich!), Interviews mit Cast & Crew, ein ansprechendes Making of sowie Trailer. „Enemies – Welcome To The Punch“ erscheint bei universum film und ist ab 25. Oktober erhältlich (Packshot: © Universum Film).

Heimkino-Tipp: „Europa Report“ (2013)

Wer bereits das Vergnügen hatte, den momentanen Überfilm „Gravity“ im Kino zu sehen, kennt dieses Gefühl womöglich: Berauscht und begeistert von der Weite, Bedrohlichkeit und Stille des Alls möchte man am liebsten gleich den nächsten Science-Fiction-Film anschauen, der die schwarze Unendlichkeit, die unseren Planeten umgibt, bebildert. Die bittere Erkenntnis: Bis auf wenige Ausnahmen („2001 – Odyssee im Weltraum“, „2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“, „Apollo 13“, „Moon“) gibt selbst die beste Videothek dazu nicht viel her. Immerhin: „Europa Report“, realisiert von dem gebürtigen Ecuadorianer Sebastián Cordero, kommt qualitativ sehr nahe an die genannten Genrevertreter heran.

Der in der Jetztzeit angesiedelte Film berichtet von der Mission einer sechsköpfigen Crew Richtung „Europa“, einem der vielen Jupitermonde. Aktuellen (übrigens wahren) wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge, befindet sich ein riesiger Ozean unter seiner kilometerdicken Eiskruste – und wo Wasser ist, sollte Leben nicht weit sein. Die vier Männer und zwei Frauen sind ihrem Ziel schon sehr nahe, als der Funkkontakt zur Erde abbricht. Zwar setzen sie ihre Reise fort, doch weitere technische Probleme und unvorhergesehene Ereignisse bringen die Forscher zunehmend in Teufels Küche.

Besetzt mit einem halben Dutzend herausragender Schauspieler, unter anderem Michael Nyqvist („Millennium“-Trilogie), Anamaria Marinca („4 Monate 3 Wochen 2 Tage“) und Sharlto Copley („District 9“), fällt „Europa Report“ allein schon aufgrund seiner Form aus dem Rahmen: Regisseur Cordero und sein Kameramann Enrique Chediak („127 Hours“) entschieden sich nämlich für das Found Footage-Konzept, also der Reduzierung auf Bilder, die nur von im Film selbst vorhandenen (Video-)Kameras aufgenommen werden. Zum Glück erwartet den Zuschauer aber nicht die x-te Variation des „Blair Witch“-Effekts oder die hektische (wenn auch effektive) „Cloverfield“-Variante, sondern lediglich Filmmaterial, das von im oder am Raumschiff fest installierten Kameras mitgeschnitten wird. Eingebettet in ein Interview mit einer NASA-Mitarbeiterin zeigt der Film somit die letzten existierenden Aufnahmen der Unternehmung – und zwar in angenehmer und, trotz der selbst auferlegten Limitierung, optisch eindrucksvoller Art und Weise.

Der Spannungskurve schadet das damit einhergehende Vorwissen vom unschönen Ende der Mission nicht. Denn Cordero nutzt für seinen Film eine non-lineare Erzählweise. Die steuert zwar unabhängig davon geradlinig zum dramatischen Höhepunkt, der Ankunft auf Europa, zu. Gleichzeitig verdeutlicht diese Vorgehensweise aber auch wunderbar den Gegensatz zwischen wissenschaftlichem Optimismus zu Beginn der Reise mit der Einsamkeit und Ernüchterung, die sich im Laufe der Mission bei den Figuren einstellt. Dass es sich bei allen sechs zudem um sympathische, aber ehrgeizige Charaktere handelt, verstärkt ebenso die Glaubhaftigkeit des ohnehin technisch sehr realistisch dargestellten Trips. Gerade auf dieser Ebene kann „Europa Report“ tatsächlich mit dem oben genannten „Gravity“ mithalten und zeigt eindrucksvoll, dass das Vertrauen auf die Funktionalität aller Geräte sowie die Entfernung zur bewohnten Erde sehr viel nervenzerrender und gruseliger sein kann als jedes unbekannte Weltraummonster.

„Europa Report“ ist ein ruhig erzählter, gut gespielter und spannender Genrevertreter mit Anspruch und Atmosphäre. Wer sich von der ungewöhnlichen Found Footage-Umsetzung nicht abschrecken lässt, wird diesen Weltraumspaziergang sicher nicht bereuen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Als Extras befinden sich ein kurzer Clip zu den Special Effects, Fotogalerien, Trailer sowie (in Textform) Informationen zu den Jupitermonden auf den Discs. „Europa Report“ erscheint auch als 3D-Version bei Elite Film AG (Ascot Elite) und ist ab 22. Oktober erhältlich. (Packshot: © Ascot Elite)

Heimkino-Tipp: „Der Dieb der Worte“ (2012)

Schon mal einen Computerabsturz gehabt, bevor die E-Mail fertig geschrieben war? Oder einen Aufsatz versehentlich gelöscht? Wie muss sich dann erst ein Künstler fühlen, wenn sein fertiges Werk verschwindet? Etlichen Musikern, Filmemachern und auch Schriftstellern ist so etwas schon zugestoßen. Einer der bekanntesten Namen in dieser Liste dürfte Ernest Hemingway sein: Seine erste Frau Hadley ließ 1922 während einer Zugreise eine Tasche mit Manuskripten ihres Gatten wenige Sekunden unbeaufsichtigt – und fand sie niemals wieder. Lee Sternthal und Brian Klugman nutzten diese historische Begebenheit als Inspiration für ein Drehbuch, das sie bereits 1999 verfassten und viele Jahre später nun endlich unter dem Titel „The Words“ (dt. Titel „Der Dieb der Worte“) verfilmen konnten.

Rory Jansen (Bradley Cooper) ist ein hochmotivierter und auch talentierter Autor, der auf seinen Durchbruch hofft. Mit seiner Frau Dora (Zoë Saldana) lebt er in New York und sitzt jede Nacht an der Tastatur, in der Hoffnung, endlich den großen Wurf gedichtet zu haben. Zwar loben ihn sämtliche Literaturagenten für seinen außergewöhnlichen Stil, verlegen möchten sie seine Bücher trotzdem nicht.

Eines Tages stößt Rory in einer Tasche, die ihm Dora auf einem Flohmarkt gekauft hat, auf ein fremdes Manuskript. In einem Rausch, den er sich später selbst nicht erklären kann, liest Rory das Werk und tippt es auf seinem Laptop ab – nur, um es kurz darauf als das Seine beim Verlag, bei dem er als Aushilfe tätig ist, einzureichen. Wenige Monate später ist aus dem erfolglosen Nachtschreiber DER neue Star der Literaturszene geworden. Zwar weiß er, dass sein Erfolg auf wackeligen Beinen steht. Doch er genießt den Ruhm. Zumindest, bis ihn beim Spaziergang im Park ein alter Mann (Jeremy Irons) anspricht und Rory sehr schnell klar wird, dass ihm der wahre Autor gegenübersitzt.

Klingt vertraut? Richtig, „Lila, Lila“ (2009) von Alain Gsponer (siehe HIER) mit Daniel Brühl und Hannah Herzsprung in den Hauptrollen hatte eine ähnliche Prämisse zu bieten. Und jener Film basierte wiederum auf einer literarischen Vorlage von Martin Suter. Ging es bei „Lila, Lila“ jedoch mehr in die amüsante Richtung, so bleibt „Der Dieb der Worte“ nicht nur aufgrund seines vollkommen anderen Inhalts mehr in Melancholie und Tragik verhaftet.

Die Regisseure Sternthal/Klugman erzählen in ihrem Film parallel drei Geschichten, die in verschiedenen Zeitebenen eine Verbindung zu den von Rory gefundenen und veröffentlichten Zeilen haben. Sie bilden eine Art Leitmotiv, während die einzelnen Charaktere der kunstvoll ineinander verflochtenen Episoden alle auf ihre Weise an einen Wendepunkt in ihren Leben kommen. Ganz im Sinne der Aussage „Wir alle fällen Entscheidungen in unserem Leben. Das Schwierige ist jedoch nicht der Moment, wo wir sie treffen. Das Schwierige ist, mit ihnen zu leben.“ So folgt der optisch unauffällig, aber reizvoll inszenierte Film Rory und seiner Frau vor, während und nach den Ereignissen seines erschwindelten Erfolgs, dem alten Mann und seiner Erinnerung, als er das Werk geschrieben hat, sowie der Figur des Clay Hammond (Dennis Quaid), die all das Vorangegangene selbst einem Publikum bei einer Lesung präsentiert.

Verzwickt, anspruchsvoll, fordernd? Ja, all dies ist „Der Dieb der Worte“, zumal es der Film seinen Zuschauern am Ende nicht unbedingt einfach macht, die einzelnen Puzzleteile zusammenzusetzen. Aber auch falls dies nicht gelingt, so bietet das Drama eine Fülle an großen Schauspielmomenten, interessante Charaktere mit bewegenden, aufrüttelnden und glaubhaften Schicksalen, und darüberhinaus auch eine Vielzahl an Reminiszenzen und direkten Verweisen auf Hemingways Leben und Schaffen, die es wert sind, entdeckt zu werden.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung, deutsche Untertitel, einen kurzen, aber informativen Blick hinter die Kulissen sowie Trailer. „Der Dieb der Worte“ erscheint bei universum film und ist seit 18. Oktober erhältlich (Packshot: © Universum Film).

Heimkino-Tipp: „Emperor“ (2012)

Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg (1914-1918) stand der Verursacher des Infernos vom Zweiten Weltkrieg, der von 1939-1945 wütete, von Anfang an außer Frage. Trotzdem war mit der Niederlage Hitlerdeutschlands das Schuldproblem nicht restlos geklärt. Denn mit Japan existierte im pazifischen Raum ein Verbündeter des „Dritten Reiches“, der bezogen auf moralische Grausamkeiten kurz vor und während des Krieges den Nazis beinahe ebenbürtig war (Stichwort: Massaker von Nanking). Aber wer sollte nach der Kapitulation Japans im August 1945 dafür zur Rechenschaft gezogen werden? Peter Webbers Film „Emperor“ widmet sich dieser Frage auf spannende und intelligente Weise.

Der US-General Bonner Fellers (Matthew Fox) wird nach Kriegsende an der Seite von General Douglas MacArthur (Tommy Lee Jones) in das Kaiserreich gesandt, um den Wiederaufbau des Landes zu organisieren. Fellers hat nicht nur aufgrund einer Liebesbeziehung zu einer Japanerin, die vor dem Krieg in den USA studierte, eine besondere Beziehung zu dem Volk: Er ist darüber hinaus mit den Riten, Traditionen und der Geschichte des Landes vertraut und somit für MacArthur bestens geeignet für einen ganz besonderen Auftrag: Fellers soll innerhalb von nur zehn Tagen herausfinden, inwieweit der japanische Kaiser Hirohito (Takatarô Kataoka) bei Kriegsausbruch involviert war. Hat er womöglich persönlich den Befehl zum Angriff auf Pearl Harbor gegeben, der die USA zum Kriegseintritt bewog? Oder ist Hirohito tatsächlich nur eine Marionette des Militärapparats, der lediglich repräsentative Aufgaben wahrnimmt? Während seiner Ermittlungen wird der US-Soldat nicht nur wahlweise mit Skepsis oder Wut der leidenden Bevölkerung konfrontiert, sondern auch mit schweigsamen Politikern und Militärs, die nur sehr zögerlich bereit sind, über ihre und die Verflechtungen ihres „Gottkaisers“ Auskunft zu geben.

Differenziert und ehrfurchtsvoll wenden sich Regisseur Webber und seine beiden Autoren David Klass und Vera Blasi einer historischen Episode zu, die bisher kaum Beachtung fand – zumindest in cineastischer Form. Dabei verwebt Webber ebenso wie in seinem hochgelobten „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ gekonnt wahre Ereignisse mit einer Romanze als Rahmenhandlung, die mehr ist als bloße emotionale Zugabe. Denn sie macht dem Zuschauer von Beginn an klar, warum Fellers kein leichtfertiges Pauschalurteil über ein Land und seinen politischen Führer fällen kann und wird. Anders als viele seiner Kameraden und – so wird es zumindest im Film suggeriert – einer Mehrzahl der amerikanischen Bevölkerung, gilt für ihn in Bezug auf Hirohito die Unschuldsvermutung. Obwohl der Film somit hauptsächlich Dialogszenen präsentiert, die Fellers bei seinen Recherchen zeigen, gelingt es „Emperor“ hervorragend, ein faszinierendes, interessantes und vielschichtiges Bild einer Nation am Scheideweg zu zeigen. Zwar folgt der Film stets dem amerikanischen Protagonisten, allerdings ist dieser dank seines persönlichen Schicksals weit davon entfernt, ein engstirniger Besatzer zu sein, der rücksichtslos seine Ideale und Sichtweisen durchsetzt. Matthew Fox spielt diesen Charakter glaubhaft und überzeugend.

Ihm Gegenüber repräsentiert Tommy Lee Jones’ MacArthur zunächst den typischen(?) US-Kriegshelden, dem mehr an guter Publicity gelegen scheint als an einer Aussöhnung mit dem einstigen Feind. Lange bleibt diese Figur dank Jones’ fabelhaftem Spiel undurchsichtig und unberechenbar, hat aber im Verlauf der Handlung weit mehr zu bieten als Eindimensionalität.

Verbunden mit guter Kameraarbeit und beeindruckenden „production values“, die das Werk sehr viel teurer aussehen lassen als es wahrscheinlich war, ist Peter Webber mit „Emperor“ ein anspruchsvoller und gleichzeitig unterhaltsamer Film zu einer wichtigen historischen Gegebenheit gelungen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Als Extras befinden sich gestrichene Szenen, Interviews, ein Making of, Impressionen vom Dreh und Trailer auf den Discs. Zusätzlich gibt es auch ein sogenanntes Mediabook, das neben dem Film auf DVD und Blu-ray noch eine dritte Scheibe mit der Dokumentation „Japan, The Emperor and the Army“ sowie ein umfangreiches Booklet enthält. „Emperor“ erscheint bei Elite Film AG (Ascot Elite) und ist seit 4. Oktober erhältlich. (Packshot: © Ascot Elite)

... im Nachgang: „Michael Kohlhaas“ (Kinostart: 12.09.2013)

Literaturklassikeralarm im Kino! Diesmal hat es Heinrich von Kleists „Michael Kohlhaas“ erwischt. Meine Meinung dazu findet sich HIER.

(Bild: © Polyband/24 Bilder Filmagentur)

Heimkino-Tipp: „Broken City“ (2013)

Politik ist ein mörderisches Geschäft. Es wird intrigiert, gelogen, geflunkert, kaltgestellt. Ungewöhnliche Koalitionen werden geschlossen, Versprechen ignoriert. Ab und an wird auch etwas für jene getan, die zur Wahlurne gegangen sind, doch im Grunde beginnt am ersten Tag im Amt schon der Wahlkampf für die nächste Runde. Dieses zugegeben sehr pessimistische Bild vom Politikzirkus eignet sich seit jeher wunderbar für spannende Thriller und packende Verschwörungsgeschichten – wie beispielsweise „Broken City“ von Allen Hughes.

Der New Yorker Cop Billy Taggart (Mark Wahlberg) musste einst seine Polizeimarke abgeben, nachdem er nur knapp einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes entgangen war. Jahre später arbeitet er als Privatdetektiv, ist dabei allerdings mehr mit Anrufen bei zahlungsunwilligen Ex-Kunden beschäftigt als mit wirklichen Kriminalfällen. Bis er eines Tages vom Bürgermeister der Stadt, Nicolas Hostetler (Russell Crowe), engagiert wird, um dessen Frau Cathleen (Catherine Zeta-Jones) zu beschatten. Hostetler ist überzeugt, sie habe eine Affäre, Taggart soll nun die Beweisfotos liefern. Tatsächlich wird der Schnüffler bald Zeuge eines scheinbar geheimen Treffens der Dame mit einem Mann, der sich als Wahlkampfhelfer von Hostetlers politischem Gegner entpuppt. Als der vermeintliche Rivale kurz darauf stirbt, schwant Taggart, dass sein Auftraggeber keine Skrupel vor drastischen Methoden hat – sowohl im Privatleben wie auch in der Politik. Sein Versuch, den mächtigen Mann ans Messer zu liefern, hat für Taggart lebensgefährliche Folgen.

Ein Mann im Kampf gegen einen übermächtigen Politikapparat: Der Film „Broken City“ bietet inhaltlich zu Beginn ein klassisches, vertrautes Szenario, wenn er dem Außenseiter dabei folgt, wie er die üblen Machenschaften der Unantastbaren nach und nach aufdeckt. Allerdings bietet die Story mit zunehmender Laufzeit sehr viel mehr Twists und Wendungen, als es zunächst den Anschein hat. Zwar sind die Rollen Gut und Böse von Anfang an klar verteilt, wer mit wem was ausheckt um einem anderen zu schaden, bleibt jedoch lange Zeit im Dunkeln und lässt die Spannung gemächlich, aber doch spürbar wachsen. Leider macht sich das Drehbuch dabei keine Mühe, abseits von Wahlbergs Taggart den einzelnen Figuren etwas Tiefe zu verleihen, was angesichts der Stardichte in den Nebenrollen (u.a. Jeffrey Wright, Barry Pepper, Kyle Chandler) schon ein wenig verblüfft. Dafür entschädigen glücklicherweise ein paar amüsante Wortgefechte zwischen Taggart und seiner Assistentin (Alona Tal), die den ansonsten sehr ernst gehaltenen Streifen ein wenig auflockern.

Interessantes gibt es aber auch hinter der Kamera zu entdecken. So ist „Broken City“ der erste Kinofilm, den Allen Hughes ohne seinen Bruder Albert inszenierte, mit dem er schon solch beeindruckende Werke wie „Menace II Society“ (1993), „Dead Presidents“ (1995) oder zuletzt „The Book of Eli“ (2010) schuf. Die Musik zum Film steuerte Atticus Ross bei, dessen Zusammenarbeit mit Trent Reznor ihm 2011 einen Oscar für „The Social Network“ bescherte. Viel Qualität also, die „Broken City“ auch anzumerken ist.

Fazit: Ein unterhaltsamer, gelungener Thriller, dem zwar das Außergewöhnliche fehlt, aber im Vergleich zu anderen Genrevertretern dank der Stars vor und den Profis hinter der Kamera auf jeden Fall einen Blick wert ist.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung, deutsche Untertitel für Hörgeschädigte (sehr vorbildlich!), sechs Making of-Clips, zusätzliche Szenen, ein kurzes (aber interessantes) alternatives Ende sowie Trailer. „Broken City“ erscheint bei universum film und ist seit 4. Oktober erhältlich (Packshot: © Universum Film).

Heimkino-Tipp: „Celeste & Jesse“ (2012)

Wer es filmisch gern romantisch mag, hat es besonders mit Blick auf amerikanische Produktionen nicht leicht: Innovationen sind selten, Plotentwicklungen vorhersehbar und der Witz meist eine Mischung aus verklemmten Sexkalauern und Fäkalhumor. Offenbar hatte auch Multitalent Rashida Jones (Tochter von Produzenten-Legende Quincy Jones und nebenbei noch als Comic-Autorin und Sängerin aktiv) genug davon und setzte sich mit ihrem Ex Will McCormack an den Schreibtisch, um „Celeste & Jesse Forever“ (so der Originaltitel) zu kreieren. Oder um es mit den Worten von Kritiker-Guru Roger Ebert zu formulieren: „Wenn sich eine Schauspielerin heutzutage keine eigene gute Rolle schreibt, wird es auch niemand anderes tun.“

Schon die Prämisse von „Celeste & Jesse“ lässt erahnen, dass es sich nicht um die übliche Schema F-Romanze handelt. Denn der Film beginnt dort, wo andere meist aufhören – mit dem Ende einer Beziehung. Und statt die anschließenden 90 Minuten mit Rückblenden an vergangene, glückliche Tage auszuschmücken, blickt die Tragikomödie nach vorn: Celeste (Jones) und Jesse (Andy Samberg) sind seit sechs Monaten getrennt. Ihrer Freundschaft schadete das allerdings bisher nicht und so verbringen sie auch jetzt noch jede freie Minute miteinander, teilen gemeinsame Erinnerungen und Gesten ebenso wie ihre Freunde, die das alles überaus seltsam finden. Das ungezwungene Mit- und Nebeneinander geht solange gut, bis Jesse seiner besten Freundin eines Tages ein überraschendes Geständnis macht. Der heitere Alltag weicht fortan Eifersucht, Frust und schließlich dem schmerzhaften Eingeständnis, dass weder sie noch er mit ihrer gerade beendeten Ehe wirklich abgeschlossen haben.

Das Schöne an Regisseur Lee Toland Kriegers Buddy-Movie ist das Gefühl, mit Celeste und Jesse tatsächlich einmal zwei reife Figuren in einer Liebeskomödie erleben zu dürfen. Rashida Jones und ihrem Kollegen Andy Samberg gelingt es, ihre Figuren als sympathische Mitt-Dreißiger darzustellen, die zwar ab und an ihre kindische Seite ausleben müssen, aber bei den Fragen des (Liebes-)Lebens erfreulich erwachsen daherkommen. Zugegeben, mit der Verwendung einzelner bekannter Versatzstücke des Genres erfindet „Celeste & Jesse“ die „romantic comedy“ nicht neu. Die melancholisch-heitere Atmosphäre jedoch, ein leicht satirischer Unterton gegenüber dem Genre (Stichwort: Elijah Wood als Möchtegern-schwuler Beziehungsratgeber) sowie ein wunderbarer Soundtrack machen „Celeste & Jesse“ zu einem besonderen Kleinod – speziell für jene, die die rosarote Brille bereits abgelegt haben.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und original englischer Sprachfassung. Untertitel in deutsch sind optional zuschaltbar. Interviews (u.a. ein sehr witziges mit den beiden Autoren) sowie Trailer runden das Bonusmaterial ab. „Celeste & Jesse“ erscheint bei DCM Filmdistribution GmbH/EuroVideo und ist seit 26. September erhältlich. (Packshot: FilmPressKit online/DCM)

Heimkino-Tipp: „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ (2012)

Gleich zu Beginn gibt es Regisseur André Erkau („Arschkalt“, 2011) seinem Publikum knüppeldick: Die Ehefrau tot, die Mutter (Christine Schorn) an Krebs erkrankt, die Tochter (Helen Woigk) ein schweigsamer Teenager mit einem Faible für schwarze Kleidung und morbide Statistiken. Für Familienvater Markus Färber (Wotan Wilke Möhring) nicht gerade die besten Voraussetzungen, um fröhlich seinem Job als Caterer nachzugehen – und für einen Filmemacher eine selbstbewusste Entscheidung, einen 90-Minüter derart schwer zu eröffnen.

Aber „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ ist – passend zum Titel – zum Glück kein Werk, das sich in seinem präsentierten Unglück suhlt, sondern optimistisch, temporeich und wahrlich ungewöhnlich das Beste aus den Schicksalen seiner Protagonisten macht. Und, man muss es so deutlich formulieren, einer der gelungensten „Trauerfilme“ der jüngeren Zeit ist. Regisseur Erkau und sein Drehbuchautor Gernot Gricksch (gleichzeitig Verfasser der Romanvorlage) zeigen mit Mut und Ideenreichtum, wie eine kleine Familie gegen ein ihr geballt auferlegtes trauriges Schicksal ankämpft, sich dabei der Absurditäten des Alltags erwehrt und auf höchst unterschiedliche Weise den Verlust eines geliebten Menschen versucht zu verarbeiten. Dass es dabei immer wieder zu (Gefühls-)Kollisionen kommt, überrascht nicht, die Art und Weise, wie „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ diese umsetzt, umso mehr. Mit Frederick Lau als rebellischen Außenseiter und Schwarm der Tochter sowie Rosalie Thomass als daueroptimistische Krankenpflegerin würzen sie ihr melancholisch-lakonisches Familiendrama zudem mit zwei spannenden Nebenfiguren, die jede auf ihre Art das Miteinander der Färbers beeinflussen.

Eine derart leichtfüßige, dem Thema trotzdem angemessene Herangehensweise gab es zuletzt 2003 in Robert Schwentkes („R.E.D.“) Tragikomödie „Eierdiebe“, ebenfalls mit Möhring in der Hauptrolle. Darin machten sich die Patienten einer Krebsstation auf die Suche nach ihren amputierten Hoden, um so „um ihre Männlichkeit zu kämpfen“. Ein Film, der sich bei Gefallen von „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ wunderbar zum Weiterschauen empfiehlt. Denn letztendlich bleibt uns wahrscheinlich sowieso nichts anderes übrig, als dem Unvermeidlichen, dem Tod, mit einem Grinsen entgegen zu gehen – in der Gewissheit, ein erfülltes Leben gelebt zu haben. Dazu zählen für mich auch jene 90 Minuten, in denen ich „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ genießen durfte.

Die DVD/Blu-ray bietet neben dem Film (leider ohne Untertitel für Hörgeschädigte) einen Audiokommentar von Regisseur und Drehbuchautor, ein ausführliches Making of (48 Minuten), Interviews mit Cast & Crew sowie die komplette Sammlung an Trailern und Teasern, die zum Kinostart des Films produziert wurden. „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ erscheint bei NFP marketing & distribution/boxfish films/Warner Home Video und ist seit 4. Oktober erhältlich. (Packshot: FilmPressKit online/NFP)