„Colombiana“ (Kinostart: 15. September 2011)

Premiere auf diesem Blog: Erstmalig (aber hoffentlich nicht letztmalig) gibt es einen Gastbeitrag. Meine sehr geschätzte Kollegin vom „Meißner Tageblatt“, Franziska Schröter, hat eine wunderbare Rezension zu „Colombiana“ verfasst. Lesen und genießen:

Sex sells! Das war schon immer so. Ist ja auch schön und wirklich ansehnlich, wenn eine heiße Braut wie Zoe Saldana („Avatar“, „Star Trek“) mal zeigen kann, was sie hat... äh, kann. Das macht sich auch Regisseur Oliver Megaton zu Nutze und hält in „Colombiana“ tapfer drauf. Bauch, Beine, Po – alles da, alles knackig. Ist das schön anzusehen? Definitiv ja! Trägt das einen Actionfilm, oder eine Rache-Geschichte, die all ihre Lieben an skrupellose Mörder verliert? Definitiv nicht!

Kultcineast Luc Besson hat hier seinen Namen und sein Drehbuch für einen Streifen hergegeben, der weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Saldana gibt die Figur des sexy knallharten und doch tief einsamen Racheengels Cataleya durchaus überzeugend. Stark sind die Momente, wo die Kamera einmal still steht, sich Zeit nimmt für die ausdrucksstarken Züge der Hauptfigur. Dies passiert leider viel zu selten. Regisseur Megaton („Transporter 3“) macht seinem Namen alle Ehre und fährt mega auf – Tonnen an Pyro und BumBum. Die Kamera verharrt nur selten, Auge und Gehirn kommen oft zu spät, wenn Kameraschwenk, Zeitraffer und interne Szenenbewegung gemeinsam dafür sorgen, dass man auch wirklich nichts erkennt bei den Kampfszenen und Verfolgungsjagden. Davon gibt es eine Menge und es ist schade, dass Megaton seinen gelegentlich schönen Bildern selbst so wenig zutraut.

Vielmehr vergeht er sich in technischen Spielereien und immer neuen Schlupflöchern für Cataleya, die clevere sympathische Serienkillerin, die ihren Feinden immer zwei bis drei Schritte voraus ist. Das wird irgendwann zur Gewohnheit und man hört auf, mit der Hauptfigur mitzufiebern.

Alles in allem ist „Colombiana“ leicht verdauliche Massenware ohne prägenden Effekt. Quasi ein Quickie...

Franziska Schröter
Aus dem „Meißner Tageblatt“ vom 21. September 2011.

... im Nachgang: „Planet der Affen - Prevolution“ (Kinostart: 11.08.2011)

Zwar haben wir uns nicht mit Bananen beworfen, aber Worte flogen schon - HIER eine Pro/Contra-Rezension zum neuesten Affenabenteuer.

Heimkino-Tipp: „In einer besseren Welt“ (2010)


Innerhalb von nur etwa 15 Jahren hat sich das skandinavische Kino einen festen Platz auf dem internationalen Filmmarkt erkämpft. Seine Macher sind inzwischen weltweit anerkannte – und im Falle von Lars von Trier auch gefürchtete – Künstler, etliche ursprünglich in Europa entstandene Werke wurden und werden bereits von Hollywood adaptiert (z.B. „So finster die Nacht“, „Verblendung“).

Neben von Trier sind es vor allem Bent Hamer („Kitchen Stories“, „Factotum“), Anders Thomas Jensen („Adams Äpfel“) und Susanne Bier („Nach der Hochzeit“, „Things we lost in the fire“), die immer wieder für Furore sorgen. Letztere gewann für „In einer besseren Welt“ 2010 den Oscar (‚Bester fremdsprachiger Film‘), der nun auf DVD/BluRay erschienen ist.

Ihre vierte Zusammenarbeit mit Jensen als Autor ist auch diesmal wieder – und das ist durchaus positiv zu verstehen – alles andere als leicht verdauliche Kost. Tatsächlich ist es eine schöne Konstante in der Arbeit der beiden, dass sie es verstehen, schwierige Themen in spannende und ansprechende Filme umzusetzen, die unterhalten und gleichsam zu Diskussionen anregen können.

Verpackt in den Mantel eines Melodrams wirft „In einer besseren Welt“ in verschiedenen Variationen die Frage nach dem Sinn und dem moralischen Wert von Rache auf.
Der Arzt Anton (Mikael Persbrandt) arbeitet in einem afrikanischen Flüchtlingslager und wird dort mit verwundeten und geschändeten Menschen konfrontiert, die einem Warlord namens „Big Man“ zum Opfer fielen. Zuhause in Dänemark versucht er, seine Ehe mit der Ärztin Marianne (Trine Dyrholm) zu retten, während sein Sohn Elias (Markus Rygaard) täglich auf dem Schulhof von älteren Mitschülern gemobbt und verletzt wird. Fest davon überzeugt, dass dieses zweite Problem mit „konstruktiven Vorschlägen“ zu lösen sei, lässt er die Sache nach einem klärenden Gespräch mit Lehrern auf sich beruhen. Und auch gegenüber seiner (Noch-)Ehefrau verhält er sich eher passiv und bringt nicht mehr zustande als ein ins Telefon gehauchtes „Entschuldigung“.

Elias neuer Klassenkamerad Christian (William Jøhnk Nielsen) denkt da anders. Soeben mit seinem verwitweten Vater (Ulrich Thomsen) von London nach Dänemark zurückgekehrt, bedroht er Eliasʼ Peiniger mit einem Messer und fordert ihn auf, Elias nicht mehr zu belästigen. Für Christian ist klar: Nur wer sich wehrt, kann sein Gegenüber auch besiegen. Er fühlt sich umso mehr darin bestätigt, als er Zeuge wird, wie ein Fremder Elias Vater Anton auf einem Spielplatz grundlos attackiert und ohrfeigt. Der Vorgang wiederholt sich einige Tage später als Anton den Mann an seinem Arbeitsplatz zur Rede stellt. Und trotzdem: Anton behauptet, der moralische Sieger zu sein, auch wenn er körperlich einstecken musste. Denn außer Gewalt habe sein Gegner keinerlei Macht und Argumente. Verärgert über diese in seinen Augen feige Reaktion will Christian dem Schläger daraufhin mit einer selbstgebauten Bombe einen Denkzettel verpassen. Währenddessen wird Anton in Afrika persönlich mit „Big Man“ konfrontiert, der den Arzt vor den Augen seiner Opfer um Hilfe bittet.

So komplex die Handlung auch erscheinen mag, „In einer besseren Welt“ schafft es, all diese Geschichten in einem glaubhaften Geflecht miteinander zu verbinden. Alle Figuren stehen an einem Punkt des Films vor Situationen, in denen sie das ‚moralisch Richtige‘ gegen das Gefühl der Rache und Genugtuung abwägen müssen. Situationen, die dank des glaubhaften Settings, fantastischer Darsteller und einer einfachen, realen Optik den Zuschauer zwangsläufig in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen. Ein Film, der auffordert selbst Partei zu ergreifen und über das eigene Verhalten in einem solchen Moment nachzudenken.

Erfreulicherweise vermeiden es Bier/Jensen, das Publikum zu belehren oder selbst eine Lösung vorzugeben. Auch wird nicht klar, welchen Weg die Protagonisten nach dem Gezeigten einschlagen, ob sie ihr Handeln bei der nächsten Konfrontation ändern. Diese Art des offenen Endes kann man sicherlich kritisieren. Oder sich damit abfinden, dass es für manche Geschichten, ebenso wie die Frage nach ‚richtig‘ oder ‚falsch‘, wohl nie ein korrektes Ende bzw. eine korrekte Antwort geben wird ...

... es sei denn, „In einer besseren Welt“ wird irgendwann in Hollywood neu verfilmt.

Die DVD bietet den Film in dänisch/englischer Originalfassung mit optionalen deutschen Untertiteln. Das Bonusmaterial beschränkt sich auf ein Interview mit der Regisseurin, einen Werbeclip für Dänemark und einige Trailer. Ärgerlich: Die Fragen des Interviews wurden durch Schwarzbild ersetzt, zudem sind hierfür keine Untertitel vorhanden. Der Mehrwert des ohnehin sehr kurzen Gesprächs hält sich somit in Grenzen. „In einer besseren Welt“ ist erschienen bei universum film und seit 2. September erhältlich.