Heimkino-Tipp: „Eo“ (2022)

A donkey life

Schande über mich: Nenne mich Cineast und Filmfan, habe aber bis zum Verfassen dieser Rezension noch nie den Regisseursnamen Jerzy Skolimowski wahrgenommen. Dabei zählt der heute 85-Jährige zu den international erfolgreichsten polnischen Filmemachern und hat während seiner inzwischen über 60 Jahre andauernden Karriere bereits mehrfach in Cannes, Venedig und anderen prestigeträchtigen Festivals zahlreiche Preise abgeräumt. Für sein bisher letztes Werk „Eo“ war er sogar für den Oscar („Bester fremdsprachiger Film“, 2023) nominiert und gewann u.a. den Preis der Jury in Cannes sowie den Europäischen Filmpreis für den Soundtrack vom Paweł Mykietyn.

Dabei klingt die Synopsis zu „Eo“ zunächst sehr ungewöhnlich: Eine dialogarme Odyssee eines Esels in der Welt der Menschen. Ein Zirkustier, das u.a. als Arbeitskraft und Maskottchen missbraucht wird und doch seinen eigenen Weg geht, während der Irrsinn der Zweibeiner an ihm vorbeizieht. „Gespielt“ von sechs Tieren, die – so erklärt es zumindest eine Texttafel am Ende – während des Drehs allesamt angemessen behandelt wurden, eröffnet der Film seinem Publikum einen überaus erhellenden, wenn auch ernüchternden und nicht ganz angenehmen Blick auf die Spezies Mensch und dessen Art, mit seiner Umwelt umzugehen.

Hin und wieder verlässt „Eo“ dabei die Perspektive des ‚Hauptdarstellers‘ und beobachtet kurze Episoden der menschlichen Figuren, um zumindest ein wenig deren Handlungsmotivation erklären zu können. Dies fügt sich überraschend gut in das Gesamtkonzept ein und dient auch dazu, Spannungsbögen aufzubauen. Der große zweite Hauptdarsteller neben dem Esel ist jedoch die Filmmusik. Zusammen mit der wunderbaren Kameraarbeit von Michał Dymek, Paweł Edelmann und Michał Englert, die erhabene Bilder im 4:3-Format eingefangen haben, lässt Komponist Mykietyn eine Soundkulisse entstehen, die bis ins Mark geht.

Dieses Zusammenspiel von verschiedenen Künsten macht „Eo“ zu einem Ausnahmewerk, das formal begeistert, während es inhaltlich fasziniert und erschreckt, aber ebenso erfreut und lange nachwirkt, weil es in seiner erzählerischen Schlichtheit nicht nur moralische, sondern existenzielle Fragen aufwirft, über die es nachzudenken lohnt.

Die Blu-ray bietet den Film in polnischer/italienischer Originalfassung mit optionalen deutschen Untertiteln. Als Bonus gibt es ein Interview mit dem Regisseur und der Produzentin sowie den Trailer zum Film. Zudem ist dem schön gestalteten Digipack noch ein Postkartenset beigefügt. „Eo“ erscheint bei Rapid Eye Movies (21. Juli 2023) und ist auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Rapid Eye Movies/Hanwayfilms)