Heimkino-Tipp: „Happy Burnout“ (2017)

Ein Fussel fliegt über das Kuckucksnest

Der charmante Alt-Punk Andreas ‚Fussel‘ Poschka (Wotan Wilke Möhring) ist schon ‘ne Marke: Lebt entspannt in den Tag hinein, erschnorrt sich von seinen Mitmenschen alles vom Apfel bis zur Wurst, vernascht zwischendurch eine hübsche Nachbarin und tischt der Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt regelmäßig emotionale Stories auf, damit sie ihm nicht die finanzielle Stütze kürzt. Das geht so lange gut, bis eine interne Prüfung beim Amt zum Handeln zwingt. Um Fussel einen lästigen Job zu ersparen, schickt ihn Frau Linde (Victoria Trauttmansdorff) mit einem Arbeitsunfähigkeits-Attest in eine Klinik – Diagnose Burnout. Hier landet der Querkopf in einem Zimmer mit dem suizidgefährdeten Günther (Michael Wittenborn) und lernt noch eine ganze Reihe weiterer Menschen kennen, die dem Optimierungswahn der Gesellschaft zum Opfer gefallen sind. Für sie und die gestrenge Klinikleitung (Ulrike Krumbiegel, Anke Engelke) wird Fussel schnell zu einem (positiven) Störfaktor in der nur oberflächlichen Landidylle.

Endlich sind die wiedervereint: Darsteller Möhring, Regisseur André Erkau und Drehbuchautor Gernot Gricksch, das Team hinter dem wunderbaren „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ (2012, Rezi HIER), legen mit „Happy Burnout“ eine leichtfüßige Tragikomödie vor, die genau den richtigen Ton trifft zwischen Amüsement und Ernsthaftigkeit, liebevoller Charakterstudie und nüchternem Gesellschaftskommentar. Das Aufeinandertreffen zwischen dem unangepassten Rebellen (Möhring) und gestrandeten Existenzen (Julia Koschitz, Kostja Ullmann, Torben Liebrecht), die den unsinnigen Erwartungen ihrer Umwelt nicht mehr gewachsen sind, dient dabei nicht als Vorlage für billige Gags, sondern legt (sanft) die Finger auf eine omnipräsente Wunde der Gegenwart.

Das Schöne: „Happy Burnout“ versucht nicht krampfhaft, allen Figuren am Ende eine rosige Zukunft zu verpassen. Die Illusion, dass nur ein Mensch genügt, um sämtliche Burnout-geschädigten Patienten einer Klinik zu heilen, bleibt dem Publikum glücklicherweise erspart. Das erdet die Handlung ebenso wie das glaubhafte Spiel der Darsteller, die unübersehbar sehr viel Spaß bei der Arbeit an diesem filmischen Schmuckstück hatten.

P.S.: Kleine Insider-Info für Filmnerds: Regisseur Erkau ist selbst kurz als Patient zu sehen: Als ‚Herr Rekau‘ schaut er im Aufenthaltsraum der Klinik „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ im TV.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in original deutscher Sprachversion mit optionalen Untertiteln (auch für Hörgeschädigte). Zudem ist eine Hörfilmfassung vorhanden. Unter den Extras finden sich ein Audiokommentar von Regisseur und Hauptdarsteller, ein informatives Making of, Interviews, gelöschte Szenen und Trailer. „Happy Burnout“ erscheint bei NFP marketing & distribution GmbH/Warner Bros. und ist seit 26. Oktober 2017 erhältlich. (Packshot + stills: © FilmPressKit online/NFP/Thomas Kost)

... im Nachgang: „Blade Runner 2049“ (Kinostart: 5. Oktober 2017)

Ein legendärer Science-Fiction-Film namens „Blade Runner“ (1982) erhält eine späte Fortsetzung. Meine Rezension dazu findet ihr HIER (von mir stammt der Pro-Teil des Textes).

Leider haben sich darin - im Gegenteil zum eingesandten Ursprungstext - einige grammatikalische und orthografische Fehlerchen eingeschlichen. Ich bitte um Verständnis.

(Plakat: © 2017 Sony Pictures/Warner Bros.)

„Maudie“ (Kinostart: 26. Oktober 2017)

Wonder Woman

Das Kino hat sein Herz für Maler wiederentdeckt. Das lassen zumindest die Filmstarts der kommenden Wochen vermuten, in denen sich gleich drei außergewöhnliche cineastische Porträts über Meister der Pinselkunst finden: „Maudie“, „Gauguin“ (ab 2.11.) sowie „Loving Vincent“ (ab 28.12.) nähern sich auf sehr unterschiedlichen Wegen ihrem Sujets an und sind nicht nur für Auskenner einen Blick wert.

Beweis Nr. 1: „Maudie“ von Regisseurin Aisling Walsh. Mit einer wie immer wunderbaren Sally Hawkins („Happy-Go-Lucky“, „Blue Jasmine“) in der Hauptrolle, porträtiert der Film die kanadische Folk-Art-Künstlerin Maud Lewis (1903-1970), die ein überaus einfaches Leben in einem kleinen Ein-Zimmer-Haus führte und mit selbstgemalten Postkarten zu bescheidenem Ruhm kam. Besonders wird ihre Geschichte umso mehr, da Maud seit ihrer Kindheit mit rheumatischer Arthritis zu kämpfen hatte, was ihre Körperbewegungen einschränkte. Von ihrer Familie verstoßen, ging sie ihren eigenen Weg und fand in dem Hausierer Everett, gespielt von Ethan Hawke, einen Ehemann, der sie zwar grummelnd, aber gewissenhaft unterstützte.

Walsh ordnet ihren Film chronologisch an und verdeutlicht somit gleich zu Beginn, dass ihre Protagonistin keinen leichten Stand innerhalb ihrer Verwandten hatte. Jeglicher Selbstbestimmung beraubt, kehrt sie ihrer Familie mit Anfang 30 den Rücken und findet eine Anstellung als Hausmädchen bei dem Einzelgänger Everett, der ihr zunächst nicht viel Achtung entgegenbringt und auch schon mal seine Hand gegen sie erhebt. Maud jedoch bleibt standhaft – ob aus Naivität, Übermut, Alternativlosigkeit oder Liebe bleibt unklar – und wird so sehr bald ein Teil von Everetts Leben. Als eine seiner Kundinnen zufällig auf ein kleines Bild aufmerksam wird, das Maud gezeichnet hat, wird aus dem Hobby Malerei eine zweite Einnahmequelle für das ungleiche Paar – und die kleine Frau mit dem gebückten Gang so etwas wie eine örtliche Berühmtheit.

Obwohl das Ehepaar Lewis ein ‚einfaches‘ Leben nahe der Armut führte, findet Regisseurin Walsh immer wieder eine beeindruckend schöne Bildsprache, die die Entbehrungen ihrer Protagonistin vergessen lassen. Das fällt umso leichter, da Maud Lewis wohl tatsächlich eine Frau war, die immerzu freundlich lächelnd allen Herausforderungen des Alltags begegnete. Ihr ging es nicht darum, mit ihrer Kunst reich zu werden, sondern Menschen eine Freude zu bereiten. Mehr als 5 Dollar wollte sie daher nicht für eines ihrer verkauften Werke haben.

Trotzdem ist „Maudie“ kein Wohlfühlfilm. Das Temperament ihres Gatten bleibt undurchsichtig, zudem fällt es ihm schwer, die traditionellen Geschlechterrollen zu überdenken und abzuschütteln – zumindest verbal, während er in seinem Handeln Maud und ihre Kunst unterstützt. Hawke spielt diesen sozial etwas ungeschickt agierenden Charakter schlicht phänomenal und schafft es so, die Herzensgüte, die Maud offenbar hinter seinem Panzer entdeckt hat, auch für das Publikum sichtbar zu machen.

Entstanden ist ein Film, der sich nicht darum bemüht, ein objektives Porträt zu sein, sondern ganz unverhohlen die Person Maud Lewis feiert. Aber das ist in diesem Fall kein Grund zur Kritik sondern vielmehr ein Blick auf die Welt, wie ihn offenbar auch die Hauptfigur Zeit ihres Lebens hatte: optimistisch, vorurteilslos, freundlich. Was ist daran schon verkehrt?

(Plakat: © 2017 NFP marketing & distribution / Stills: © 2017 Duncan Deyoung, Courtesy of Mongrel Media / Bilder: Maud Lewis/Art Gallery of Nova Scotia)

Heimkino-Tipp: „USS Indianapolis – Men of Courage“ (2016)

Open Water

Es gibt viele erinnerungswürdige Szenen in Steven Spielbergs Meisterwerk „Der weiße Hai“. Eine ist zweifellos der Monolog des Hai-Jägers Quint (gespielt von Robert Shaw) über seine Erlebnisse an Bord der USS Indianapolis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Das amerikanische Kriegsschiff hatte die „Little Boy“-getaufte Atombombe, die am 6. August 1945 über Hiroshima niedergehen sollte, nach Tinian Island gebracht und war nun auf dem Rückweg, als es von japanischen Torpedos getroffen wurde und sank. Von 1197 Männern an Bord überlebten letztendlich nur 317. Und Haie spielten bei dieser Tragödie eine nicht unbedeutende Rolle. Spielberg nutzte diese wahre Begebenheit, um seinem Film in lediglich ca. vier Minuten eine erschütternde Realität und der Figur des Quint charakterlichen Tiefgang zu geben.* Sein Regiekollege Mario Van Peebles hat sich dieser Episode der Militärgeschichte mit „USS Indianapolis – Men of Courage“ nun in Spielfilmlänge angenommen – mit durchwachsenem Ergebnis.

Nun bin ich absolut kein Fan von Vorverurteilungen oder Filmrezensionen, die zum Beispiel nur aufgrund eines Trailers formuliert werden. Ein wenig mulmig ist mir aber schon, wenn in den Credits des DVD-Hüllentextes nicht weniger als 29(!) Produzenten genannt werden. Regisseur Van Peebles ist zwar kein Unbekannter, allerdings liegt sein größter Erfolg hinter der Kamera („New Jack City“) bereits 16 Jahre zurück. Er mag ein versierter Filmemacher sein, das ganz große Ding ist ihm jedoch noch nicht gelungen. Immerhin schafft er es hier mit viel Raffinesse und seinen beiden Assistenten, Kameramann Andrzej Sekula („Pulp Fiction“, „American Psycho“) sowie Cutter Robert E. Ferretti („Tango & Cash“, „Stirb Langsam 2“), das moderate Budget so gut es geht zu kaschieren.

Das ist auch bitter nötig, denn Van Peebles hat viel vor: Vom Auslaufen des schwimmenden Panzers über die dramatische Nacht des Untergangs bis hin zum langen Verharren der Überlebenden im offenen Meer und einem anschließenden Gerichtsprozess braucht es etliche Schauplätze und -werte. Da hapert es dann doch ein wenig mit der Professionalität, denn weder die zahlreichen Matrosen noch der menschlich stets korrekt agierende Kapitän McVay (Nicolas Cage) bleiben dem/der ZuschauerIn im Gedächtnis. Statt der halbgaren, auf unpassende Weise amüsant erzählten Liebesgeschichte eines Soldaten, der später planlos jeden seiner Kameraden beschuldigt, seinen Verlobungsring gestohlen zu haben, hätte der Fokus vielmehr auf die Gruppendynamik nach dem Untergang gelegt werden können. Überlieferungen zufolge haben sich die Überlebenden nämlich beim Kampf um Rettungswesten auch selbst dezimiert. Van Peebles konzentriert sich aber lieber auf die Haiangriffe und beschwört dabei immer wieder den Zusammenhalt der Mannschaft herauf – was andererseits bei einem Filmverleih wie „Patriot Pictures“ nicht groß verwundert.

Nun will ich Van Peebles keinesfalls vorwerfen, ein Werk voller ‚Hurra‘-Patriotismus abgeliefert zu haben. Denn an einigen wenigen Stellen lässt er durchschimmern, wie sehr diese Tragödie in den Entscheidungen einflussreicher Militärs begründet liegt. Aber auch hier wäre mehr möglich gewesen, statt den Schiffbrüchigen 30 Minuten lang ohne inhaltliches Vorankommen beim langsamen Sterben zusehen zu müssen.

„USS Indianapolis“ hat die richtigen Ansätze, kentert aber letztendlich wegen eines schwachen Drehbuchs und der in meinen Augen falschen Schwerpunktsetzung. Mit einem besseren Skript wäre vielleicht sogar mehr Budget drin gewesen – und ein besserer Film entstanden.

* Wer mehr über Spielbergs „Der weiße Hai“, die wahren Hintergründe von Quints Monolog sowie das kulturelle Erbe des Horrorfilmklassikers wissen möchte, bitte HIER entlang.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und original englischer Sprachfassung. Untertitel in deutsch sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es ein Making of, eine Bildergalerie und Trailer. „USS Indianapolis – Men of Courage“ erscheint bei New KSM und ist seit 23. Oktober 2017 erhältlich. (Packshot + stills: NEW KSM)

Heimkino-Tipp: „The Autopsy of Jane Doe“ (2016)

Der Tod steht ihr gut

Kennste einen, kennste alle? Im Horrorfilm-Genre ist es schwer, den/die FanIn noch zu überraschen. Ob ernsthafter Grusel, satirische Überzeichnung oder Gewaltphantasie: Alles scheint in der einen oder anderen cineastischen Form bereits zu existieren. Hin und wieder aber gelingt es talentierten Regisseuren und Autoren, aus vorhandenen Zutaten und Stilmitteln etwas zu kreieren, das auf unterhaltsame Weise wirklich an die Substanz geht – Sessellehnenzerkratzen und Unter-die-Decke-Verkriechen inklusive. „It Follows“ (2014) war so ein Kandidat. Und „The Autopsy of Jane Doe“ gehört ab sofort ebenfalls zu diesem erlauchten Filmkanon.

Die erste Hälfte des 90-Minüters fordert vom Publikum vor allem einen starken Magen: Tommy (Brian Cox) und sein Sohn Austin (Emile Hirsch) arbeiten als Pathologen und sezieren gewissenhaft und routiniert diverse Leichen, um der Todesursache des/der Verstorbenen auf die Spur zu kommen. Eines Abends rollt ihnen der örtliche Sheriff den Körper einer jungen Frau in den OP-Raum, die im Keller eines Hauses halb verbuddelt entdeckt wurde. Seltsamerweise sind an ‚Jane Doe‘ – so der Name, der unbekannten Personen in den USA gewöhnlich gegeben wird – zunächst keinerlei äußerliche Verletzungen zu erkennen. Vater und Sohn machen sich an die Arbeit, das Geheimnis der Schönen zu entschlüsseln. Je weiter sie dabei jedoch ins – wortwörtlich – Innere von ihr vorstoßen, desto widersprüchlicher erscheinen die Erkenntnisse. Es sollen nicht die einzigen Überraschungen in jener Nacht bleiben.

Wer sich tapfer durch die ersten 45 Minuten geschaut hat, in denen Regisseur André Øvredal zwar offenherzig und direkt, dabei aber stets respektvoll den Job der Seziermeister abbildet, der sollte sich für den weiteren Handlungsverlauf anschnallen. Denn ebenso professionell wie die beiden Figuren vor der Kamera zeigt sich Øvredal beim Spiel mit den Erwartungen, dreht kräftig an der Spannungsschraube und verwandelt einen ohnehin schon packenden Krimi in einen wunderbaren Horrorstreifen.

Wie schon bei „It Follows“, der thematisch absolut nix mit „The Autopsy of Jane Doe“ zu tun hat, zeigt sich, dass eine clevere Storyidee und ein gemächlicher Handlungsaufbau mit interessanten und sympathischen Charakteren die halbe Miete ist, wenn die ZuschauerInnen später gruseltechnisch ordentlich eins auf die Mütze kriegen sollen.

Das funktioniert natürlich nur, wenn mensch sich vor dem Filmgenuss dagegen entscheidet, einen Trailer zu schauen, der nicht ganz so spoilerfrei daherkommt, die es diese Rezension versucht hat zu sein. So oder so: eine absolute Empfehlung!

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie optionale deutsche Untertitel für Hörgeschädigte. Als Bonusmaterial gibt es diverse Interviews mit Beteiligten, einen kommentarlosen Blick hinter die Kulissen bei den Dreharbeiten sowie Trailer. „The Autopsy of Jane Doe“ erscheint bei Universum Film und ist seit 20. Oktober 2017 erhältlich. (Packshot + Filmstills: © Universum)

Heimkino-Tipp: „Jahrhundertfrauen“ (2016)

20th Century Women

Es gehört zweifellos viel Mut dazu, eigene Erfahrungen und Erlebnisse künstlerisch zu verarbeiten und öffentlich zu machen. Mike Mills wagte dies bereits mit seiner wundervollen Tragikomödie „Beginners“, die aus dem Leben seines Vaters erzählte. Für die Darstellung dieses besonderen Charakters erhielt der Schauspieler Christopher Plummer 2012 einen Oscar. Mit „Jahrhundertfrauen“ folgt nun quasi das weibliche Gegenstück, fokussiert der Film doch vornehmlich Mills’ Mutter, großartig verkörpert von der vierfach Oscar-nominierten Annette Bening.

In der Rolle der alleinerziehenden Dorothea kämpft sie sich Ende der 1970er-Jahre durch die Pubertät ihres Sohnes Jamie (Lucas Jade Zumann), der zwar eine vertrauensvolle Beziehung zu seiner Mutter hat, doch zunehmend eigene Wege gehen und die Welt entdecken will. Auch Dorothea ist sich dessen bewusst und bittet daher Hausmitbewohnerin Abbie (Greta Gerwig) und Jamies beste Freundin, die frühreife Julie (Elle Fanning), ihrem Sohn beim Erwachsenwerden zu helfen. Nicht mit sexuellen Gefälligkeiten, sondern mit Fürsorge, Liebe und Ratschlägen für den Alltag und das Partyleben.

Braucht es einen Mann, um einen Jungen großzuziehen? Dies ist die zentrale Frage, deren Antwort Regisseur und Autor Mills auf die Spur kommen will. Zwar sind männliche Charaktere nicht komplett absent, doch außer dem ebenfalls im Haus lebenden ruhigen Handwerker William (Billy Crudup), spielen sie in Jamies Leben tatsächlich kaum eine Rolle. Das ist weniger ein Statement, als vielmehr dramaturgische Notwendigkeit. Denn wer drei solch starke und interessante Frauenfiguren in seinem Film hat, benötigt schlicht keine weiteren Spielfiguren.

Denn eigentlich sind sie – wie der Titel korrekt suggeriert – die Hauptattraktion des Films. Dorothea, Abbie und Julie stammen aus unterschiedlichen Generationen und haben somit ganz verschiedene Ansichten, Wünsche und Verhaltensmuster, die Mills hervorragend herausarbeitet. Perfekt gecastet, spiegeln sie eine Gesellschaft im Wandel wider, die in scheinbar allen Altersklassen nach ihrem Weg sucht.

„Jahrhundertfrauen“ ist jedoch kein leicht zugänglicher Streifen: Episodenhaft, nicht immer einer kohärenten Handlung folgend, entfaltet der Film seinen Zauber erst nach und nach. Geduld und Interesse sind nötig, um emotional gefangen genommen zu werden. Und ja, nicht immer fällt das bei den eigenwilligen aber niemals langweiligen Charakteren leicht.

Mike Mills hat einmal mehr etwas Besonderes geschaffen: anspruchsvoll, in Teilen sonderbar, stets überraschend. Und zum Daniederknien fantastisch gespielt.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Extras gibt es ein Making of, ein Special zur Besetzung, einen Audiokommentar von Mike Mills sowie Trailer. „Jahrhundertfrauen“ erscheint bei Splendid Film GmbH und ist seit 29. September 2017 erhältlich. (Packshot + Filmstills: © Splendid Film GmbH)