Heimkino-Tipp: „In voller Blüte“ (2023)

The Great Escaper

Ein Hauch von Melancholie durchzieht das Werk „In voller Blüte“ von Regisseur Oliver Parker („Das Bildnis des Dorian Gray“, „Johnny English – Jetzt erst recht“). Dies hat nicht nur inhaltliche Gründe, sondern vor allem eine Ankündigung seitens des Hauptdarstellers: Sir Michael Caine, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stolze 90 Jahre alt, erklärte während der Pressetour, dass dies sein letzter Filmauftritt sei. Seufz! Der ‚King of Cool‘, zweifacher Oscar-Preisträger, britisches Kulturgut sowie Standardbestückung (fast) jeder Christopher-Nolan-Produktion. Ein Mann, der gefühlt in mehr Klassikern mitgewirkt hat als Taylor Swift jemals Hits haben wird. Und doch ist es ein passender Moment für sein darstellerisches Finale, wie er selbst anmerkt: „I am bloody 90 now, and I can't walk properly and all that. I sort of am retired now.“ (Quelle: imdb) Dazu die guten Kritiken zum Film in seinem Heimatland (und natürlich diese hier) und nochmal eine Hauptrolle – was könnte schöner sein? Einzig der Tod seiner Schauspielkollegin Glenda Jackson – ebenfalls mit zwei Oscars gewürdigt – , die hier seine Ehefrau spielt und kurz nach Ende der Dreharbeiten im Alter von 87 Jahren verstarb, hätte jetzt nicht unbedingt sein müssen.

Der Film selbst ist nicht minder wehmütig: Erzählt wird die (wahre) Geschichte des britischen Kriegsveteranen Bernie Jordan, der 2014 mit 89 Jahren aus seinem Pflegeheim ‚ausbüxte‘, um an den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung alliierter Streitkräfte in der Normandie teilzunehmen. Die Heimleitung erfuhr von der Reise erst aus den Medien, nachdem diese davon Wind bekommen hatten. Zwar kehrte Jordan wohlbehalten zurück, doch – so erzählt es zumindest Regisseur Parker in seinem Film – verlief der Trip nicht ganz ohne Komplikationen.

Inszeniert in einem angenehm leichten Tonfall, lässt „In voller Blüte“ hier und da nämlich seelische Blessuren durchschimmern, die nicht nur Bernie, sondern auch seine einstigen Kameraden und Gegner sowie jüngere SoldatInnen mit sich herumtragen, seit sie auf dem Schlachtfeld mit- und gegeneinander gekämpft haben. Wenn parallel Gattin Irene Zuhause alte Platten auflegt und in Erinnerungen an frühere Zeiten schwelgt, so verschwimmen die Grenzen zwischen Kunst und Realität fast schon ein wenig und treffen tief ins Herz – sicherlich umso mehr, wenn mensch beim Zuschauen eigene Erfahrungen mit Alter und Verlust wiedererkennt.

„In voller Blüte“ lebt von seiner herzerwärmenden Geschichte und von seinen beiden wunderbaren Hauptdarstellern, die vor allem ihren gemeinsamen Szenen viel Gravitas verleihen und deren Spielfreude unübersehbar ist. Ein wirklich schöner Schlusspunkt zweier außergewöhnlicher Karrieren.

Die DVD (bisher ist keine Blu-ray angekündigt) bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es drei kurze Hinter-den-Kulissen-Clips und Trailer. „In voller Blüte“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 8. März 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)

Heimkino-Tipp: „Anatomie eines Falls“ (2023)

Cannes’ Film des Jahres

Okay, das war mir neu: In Cannes werden nicht nur Preise an RegisseurInnen, DarstellerInnen und AutorInnen vergeben – sondern auch an Hunde! Die „Palm Dog“ bzw. der „Palm Dog Award“ zeichnet seit 2001 außergewöhnliche Leistungen von Vierbeinern in Filmen aus. So gewannen u.a. bereits der Jack Russell Terrier Uggie (aus „The Artist“) sowie die Englische Bulldogge Nellie („Paterson“) diesen Preis, der 2023 an Messi ging, einem Border Collie, der in „Anatomie eines Falls“ auftritt. Nach Schauen des auf der DVD/Blu-ray befindlichen Hinter-den-Kulissen-Clips, der das Training von Messi thematisiert, ist auch klar warum. Bravo!

Messi spielt zwar nur eine kleine, aber im Verlauf des Films doch nicht ganz unbedeutende Rolle in dem mit der Goldenen Palme, einem der Hauptpreise des Festivals in Cannes, ausgezeichneten Werks von Justine Triet. Familiendrama? Gerichtsthriller? Krimi? „Anatomie eines Falls“ einem Genre zuzuordnen, fällt schwer. Dabei liegt die Mehrdeutigkeit schon im Titel selbst, behandelt der Film doch sowohl einen Fenstersturz als auch die juristische Auseinandersetzung danach: Samuel (Samuel Theis), der Mann von Sandra (Sandra Hüller, für diese Rolle für den Oscar als Beste Hauptdarstellerin nominiert), liegt eines Tages tot vor dem gemeinsamen Haus in den französischen Alpen. Ist er bei Renovierungsarbeiten im Obergeschoss aus dem Fenster gefallen? Hat er Suizid begangen? Oder wurde er ermordet? Für die Ermittler ist schnell klar, dass nur Letzteres passiert sein kann, weshalb Sandra fortan als Hauptverdächtige gilt und ihr nun vor Gericht der Prozess gemacht wird. Zeugen gibt es keine, doch jede Menge Indizien, Vermutungen, offene Fragen – und die Aussagen von Daniel (Milo-Machado-Graner), Samuels und Sandras gemeinsamen Sohn. Der Elfjährige war zum Zeitpunkt des Ereignisses mit seinem Hund Gassi gehen – und ist zudem fast blind. Und doch wird er bald zu einer Schlüsselfigur in der Gerichtsverhandlung.

Was „Anatomie eines Falls“ von etlichen anderen ‚Gerichtsfilmen‘ unterscheidet, ist einerseits die ausschließliche Fokussierung der Handlung auf die Familie und andererseits das Unwissen der Zuschauer. Denn ebenso wie Daniel als auch diejenigen, die den Prozess im Saal verfolgen, wissen sie nicht, was tatsächlich passiert ist. So bleibt dem Publikum – im Gerichtssaal und vor dem Fernseher – nichts anderes übrig, als sich aus den präsentierten Puzzleteilen ein eigenes Urteil zu bilden. Ein spannendes Experiment, das Regisseurin Triet überwiegend formidabel inszeniert. Besonders eindrücklich gelingt ihr das in Szenen, die zwischen sichtbar und nur hörbar variieren und so verdeutlichen, dass allein Worte und Geräusche ausreichen können, um etwas zu kreieren, das sehr real wirkt – obwohl es nur der Vorstellungskraft entspringt.

Darstellerisch ist es natürlich vor allem Sandra Hüller, die nicht nur mit ihrer Körpersprache, sondern auch mit ihrer sprachlichen Virtuosität beeindruckt und begeistert. Ebenso wie einst Christoph Waltz in „Inglourious Basterds“ wechselt sie in der Rolle einer Deutschen – zumindest in der Originalsprachfassung – mühelos vom Englischen ins Französische, lässt dabei aber stets etwas Unsicherheit durchscheinen, wenn sie sich in einer Sprache, die für ihre Figur nicht die Muttersprache darstellt, vor Gericht verantworten muss und letztlich um ihre Freiheit kämpft.

Ganz ohne ‚Aber‘ geht diese Lobhudelei jedoch nicht durch. Denn was auch immer sich Regisseurin Triet (und/oder ihr Kameramann Simon Beaufils) dabei gedacht haben: Manch kurze Mätzchen auf der Bildebene erschließen sich mir einfach nicht. So gibt es beispielsweise im Gerichtssaal seltsame Kameraschwenks oder amateurhafte Zooms, die sich inhaltlich nicht erklären lassen. An anderer Stelle sind diese Wackelbilder jedoch ganz bewusst eingestreut, um die Beweisaufnahme am Tatort zu illustrieren. Was also ist da am Drehort Gericht passiert? Ist womöglich versehentlich ein Outtake in die finale Fassung reingerutscht? Ein anderer Kritikpunkt: Auch wenn Sohnemann Daniel das Kind zweier Intellektueller ist: Einige seiner Gesprächskommentare wirken doch etwas zu erwachsen für sein Alter. Es sind kleine Schwächen wie diese, in denen jene Künstlichkeit durchschimmert, die in meinen Augen den oben benannten experimentellen Charakter der Geschichte entlarvt.

Doch dies schmälert diese spannende ‚Versuchsanordnung‘ zu den Themen Wahrheitsfindung, Jury-Beeinflussung (ergo: Zuschauermanipulation) und Szenen einer Ehe keineswegs. Vielmehr gelingt es „Anatomie eines Falls“ eindrucksvoll zu verdeutlichen, wie jede Entscheidung, jedes Wort und jede Handlung sowohl für uns sprechen als auch gegen uns verwendet werden kann.

Die 4K Ultra HD/Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in französisch-englisch-deutscher Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es Trailer, ein Interview mit der Hauptdarstellerin, besagte Featurette zum Dreh mit einem Hund und je nach gewählter Edition noch weitere Extras. „Anatomie eines Falls“ erscheint bei Plaion Pictures und ist seit 29.(!)Februar 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Les Films Pelléas/Les Films de Pierre/Plaion Pictures GmbH)

Heimkino-Tipp: „Dumb Money – Schnelles Geld“ (2023)

Der Schrecken der Wall Street

Möglicherweise hätte es diese – wahre – Geschichte ohne die Corona-Pandemie nie gegeben. Denn wenn es etwas gab, das Menschen während der Lockdowns zur Genüge hatten, so was das Zeit. Zeit, ihre Wohnungen zu renovieren (man erinnere sich an die Menschenmassen in und vor den Baumärkten), sich bescheuerten Verschwörungstheorien anzuschließen, oder sich mal in Ruhe den eigenen Finanzen zu widmen. Letzteres bei einigen wohl auch aus der Not heraus, eine alternative Einkommensmöglichkeit zu finden, da sie im Zuge der Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren hatten.

Was also tun, wenn Nebenjobs rar sind und die ganze Welt im Schlafmodus zu Hause hockt? Der Amerikaner Keith Gill, der zu jener Zeit bei einer Versicherungsgesellschaft arbeitete, handelte privat mit Kleinaktien. Auf Youtube und über die Website ‚Reddit‘ postete er darüber und argumentierte, dass die Aktie des Unternehmens „GameStop“, das sich auf den physischen Verkauf von Videospielen konzentriert, seiner Einschätzung nach unterbewertet sei. Keith investierte in sogenannte Long-Positionen in Höhe von 53.000$, er würde also von einer Wertsteigerung der Aktie profitieren. Damit positionierte er sich gegen die mächtigen Wall Street-Hedgefonds (Investmentfonds), die genau aufs Gegenteil, nämlich einen weiteren Werteverfall der Aktien spekulierten – kein Wunder, hatte doch die Pandemie auch dazu beigetragen, dass Menschen bevorzugt online Spiele kauften und physische Medien ohnehin seit Jahren immer weniger Absatz fanden.

Womit die großen Player der Wall Street jedoch nicht rechneten: Keiths Videos und Posts gingen viral und viele Kleinanleger folgten seinem Beispiel, was die „GameStop“-Aktie in ungeahnte Höhen trieb – und das in einem sehr sehr kurzen Zeitraum: Innerhalb 16 Tage stieg der Kurs von 20$ (12. Januar 2021) auf unglaubliche 480$ (28. Januar 2021) pro Aktie. Dass dies nicht ohne negative Folgen sowohl für Keith als auch seine einflussreichen Gegner bleiben sollte, davon erzählt der Film „Dumb Money“.

Regisseur Craig Gillespie („I, Tonya“, „Cruella“) inszeniert das Ganze ähnlich temporeich und ungezwungen wie es sein Kollege Adam McKay mit „The Big Short“ und „Vice – Der zweite Mann“ vorgemacht hat, indem er komplizierte Sachverhalte zwar nicht vereinfacht, aber mit Charme, Witz und charismatischen Darstellern versucht verständlich aufzubereiten. Das gelingt ihm bei „Dumb Money“ vor allem in der zweiten Hälfte ganz gut, während sein Film das Publikum zuvor leider etwas zu derb mit Fachbegriffen, Informationen und Charakteren bombardiert, was Zuschauer, die sich mit der Materie weniger gut auskennen (der Rezensent eingeschlossen), überfordern kann (Falls es doch nur meine eigene Wahrnehmung ist, habe ich wohl existenzielle Allgemeinbildungslücken).

Nichtsdestotrotz gelingt es dank der tollen Besetzung und deren wunderbarem Spiel schnell, die Fronten zu klären und Gut von Böse zu unterscheiden. Paul Dano alias Keith Gill ist ein sympathischer Nerd, während seinen Gegenspieler (dargestellt u.a. von Seth Rogen, Sebastian Stan, Vincent D’Onofrio, Nick Offerman) ihre Überheblichkeit und ihren unerhörten Reichtum quasi für jeden sichtbar vor sich herschieben. Inhaltlich gewinnt die Story zusätzlich durch die Einbindung mehrerer Kleinanleger-Figuren, die letztendlich den Erfolg der „GameStop“-Aktien erst ermöglichten, indem sie Keiths Beispiel folgten und damit den Hedgefonds-Managern schlaflose Nächte bereiteten. Nebenbei verdeutlichen kurze, amüsante Clip-Montagen zudem, welchen popkulturellen Einfluss Filme wie „The Wolf of Wall Street“ auf die Gesellschaft und den Blick auf die Finanzwelt haben.

„Dumb Money“ ist hier und da etwas zu speziell und verkopft, um in einer Liga wie „The Big Short“ mitspielen zu können. Als Zeitdokument für Ereignisse während der Pandemie und als Erinnerung daran, dass David auch im 21. Jahrhundert noch gegen Goliat(h) eine Chance hat, taugt dieser gut gemachte Film jedoch allemal.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es Trailer. „Dumb Money – Schnelles Geld“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 16. Februar 2024 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)

Heimkino-Tipp: „The Equalizer 3“ (2023)

The Final Chapter

Es gibt nur wenige mir bekannte SchauspielerInnen, die allein durch ihre Präsenz eine derartige Autorität und Glaubhaftigkeit ausstrahlen wie Denzel Washington. Der inzwischen 68-Jährige kann mit seiner Körpersprache, seinen Blicken und der Art seiner Dialogpräsentation derart punktgenau agieren, dass es eine wahre Freude ist. Wenn er dann, so wie nun hier im Rahmen einer Filmreihe, zum dritten Mal in dieselbe Rolle schlüpft, potenziert sich diese Präsenz noch um einiges mehr – und das Publikum weiß lange vor seinen Gegenspielern, dass ihnen Böses droht.

Basierend auf einer amerikanischen TV-Serie aus den 1980er-Jahren, schlüpfte Washington 2014 das erste Mal in die Rolle des Titelhelden Robert McCall, eines ehemaligen CIA-Agenten, der im stillen für Gerechtigkeit sorgt – oder zumindest das, was er dafür hält. Effizient und wenig zimperlich nimmt er sich dabei ‚kleine‘ und ‚große‘ Verbrecher zur Brust und bringt das zu Ende, was die Gerichte nicht können oder wollen. Für jemanden wie den Autor dieser Zeilen, der mit ‚Selbstjustiz-Streifen‘ mit Stallone, Schwarzenegger und Co. aufgewachsen ist, eine wunderbare inhaltliche Zeitreise. Nur im Vergleich mit den kultigen Machwerken von damals nun mit sehr viel höherem Budget, mehr technischen Mitteln – und einem zweifachen Oscar-Preisträger in der Hauptrolle.

Zu Beginn dieses neuen dritten Teils ‚kümmert‘ sich der Einzelgänger um einen Geschäftsmann in Italien – und muss diesen Aufenthalt in einem kleinen Küstenstädtchen unfreiwillig verlängern. Aber auch dort gibt es bald etwas für ihn zu tun, bedroht doch die örtliche Camorra das friedliche Miteinander der (selbstverständlich) hilfsbereiten, zuvorkommenden und tüchtigen Bewohner. McCall tut also das, was er immer tut in solchen Situationen: Er beobachtet, warnt – und greift wenn nötig selbst ein.

Mensch kann diese eher simple Gut-gegen-Böse-Geschichte einfallslos und langweilig finden. Doch, wie oben schon erwähnt, mit einem Darsteller dieses Kalibers vor und einem versierten Regisseur à la Antoine Fuqua hinter der Kamera, ist das nochmal eine andere Hausnummer. Es ist bereits ihre fünfte Zusammenarbeit und die Vertrautheit untereinander ist dem Film anzumerken. Sehr viel ruhiger als noch im vorangegangen Teil, der einen wie ich finde grandiosen, fast halbstündigen Showdown bot, verzichtet Fuqua diesmal auf ausufernde Actionsequenzen und lässt Washington/McCall lediglich kurze, aber sehr schmerzhafte Gewaltspitzen setzen. Der Subplot um eine internationale Terrororganisation ist dabei zwar völlig unnötig, beschert dem Publikum jedoch eine wunderbare zweite Kollaboration von Washington mit Dakota Fanning, die er einst im nicht minder sehenswerten „Man on Fire“ (2004) zu beschützen versuchte. Wer will, kann „The Equalizer 3“ sogar als inoffizielle Fortsetzung ihrer beiden Geschichten interpretieren: Ihre gemeinsamen Szenen sind – trotz wenig substanziellen Dialoginhalts – sehr schön anzusehen.

Die Gegner austauschbar, deren Motivation hanebüchen, der Verlauf der Story vorhersehbar. Macht es trotzdem Spaß? Oh ja! Dank Denzel, erfrischend einfacher Handlung, einer klasse Umsetzung mit tollen Schauwerten und der damit einhergehenden Befriedigung, dass zumindest im Film die – sorry! – Arschlöcher dieser Welt noch ordentlich auf die – sorry nochmal! – Fresse kriegen.

Die 4K Ultra HD/Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in englischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Untertitel sind ebenso optional vorhanden. Als Bonus gibt es mehrere kurze Featurettes zur Entstehungsgeschichte des Films. „The Equalizer – The Final Chapter“ erscheint am 7. Dezember bei Sony Pictures Entertainment im Vertrieb von Plaion Pictures und ist auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Sony/Plaion Pictures)

Heimkino-Tipp: „Blood“ (2022)

Red Red Wine

Wer selbst Kinder hat, kennt das sicherlich nur zu gut: Der Nachwuchs benötigt konstant Aufmerksamkeit, Fürsorge und Zuneigung und fordert diese auch – zu Recht – jederzeit ein. Das Benehmen ist oftmals eigenwillig, die Geduld gering und der Hunger mitunter groß. Für Eltern eine tägliche Herausforderung, besonders dann, wenn man/frau alleinerziehend ist und den Alltag mit den Kids solo meistern muss.

Regisseur Brad Anderson („Der Maschinist“, „The Call – Leg nicht auf!“) und sein Drehbuchautor Will Honley haben dieses Elterndasein mit „Blood“ in ein wunderbares filmisches Gleichnis übertragen, das sich packend und unterhaltsam das Vampir-Genre zunutze macht.

Die getrennt lebende Krankenschwester Jess (Michelle Monaghan) zieht mit ihren beiden Kindern zurück in ihr vereinsamtes Elternhaus auf dem Land. Während ihre Teenagertochter Tyler (Skylar Morgan Jones) mit dem neuen Umfeld hadert, begibt sich ihr jüngerer Bruder Owen (Finlay Wojtak-Hissong) zusammen mit seinem Hund auf Entdeckertour auf dem umliegenden Gelände. Als das Tier jedoch eines Nachts ausbüxt und Tage später erst zurückkehrt, nimmt das Unheil seinen Lauf: Der Hund fällt Owen an, dieser muss mit einer schlimmen Bisswunde ins Krankenhaus – und ist fortan nicht mehr derselbe. Denn scheinbar hilft ihm nur eine ‚Medizin‘: frisches Blut.

Wer nun einen deftigen Vampirhorrorstreifen erwartet, wird womöglich enttäuscht werden. Denn Regisseur Anderson interessiert sich nur beiläufig für die Jagd nach dem Lebenssaft und fokussiert in seinem Film vielmehr die Auswirkungen des Blutdursts auf Mutter Jess und ihr Handeln. Sie ist zunächst die Einzige, die das unheimliche Verlangen ihres Sohnes wahrnimmt und versucht mittels geklauter Blutkonserven, das Problem im Zaum zu halten. Eine Scheinlösung, da Owens Durst einerseits immer größer wird, Jess andererseits schnell andere Mittel und Wege finden muss, da ihr der Zugang zu den sensiblen Räumen im Krankenhaus aus Sicherheitsgründen verwehrt wird.

Womit Jess’ Kernkonflikt zutage tritt: Wie weit würde sie als Mutter gehen, um ihr Kind zu retten? Zu welchen Maßnahmen wäre sie fähig? Inhaltlich spannender wird dieser Konflikt auch dadurch, dass ihr mit ihrem (unwissenden) Ex-Mann Patrick (Skeet Ulrich) eine Person gegenübersteht, die ebenfalls bereit ist, zu allen (rechtlichen) Mitteln zu greifen, um seine Kinder zu schützen. Somit wird „Blood“ mehr und mehr zu einem Beziehungsdrama, das zwei sehr unterschiedliche Wege darstellt, um das ‚eigene Fleisch und Blut‘ zu retten.

Inszeniert ist das Ganze relativ unspektakulär, was keineswegs negativ gemeint ist, da so der Fokus komplett auf der inhaltlichen Ebene verweilt. Auch verzichtet „Blood“ auf witzige Momente und vermeidet Überzeichnungen ebenso wie übernatürliche Szenen, was der Glaubhaftigkeit der Erzählung zugutekommt.

Natürlich funktioniert „Blood“ auch ohne diesen psychologischen Überbau ganz hervorragend. Wer jedoch die oben benannte Gleichnis-These akzeptiert, wird vom Ende des Films sicherlich überrascht sein. Oder anders formuliert: Ein solches Finale ist mutig. Respekt!

Fazit: Ein schönes kleines filmisches Schmankerl, das zwar nicht außergewöhnlich ist, aber doch weit mehr als das übliche Vampirgeschichtchen zu bieten hat und spannend unterhält.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es Trailer. „Blood“ erscheint bei Square One Entertainment im Vertrieb von Leonine und ist seit 27. Oktober 2023 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © LEONINE Studios)

Heimkino-Tipp: „Die Zeit nach Mitternacht“ (1985)

After Hours

Während es im Kino gerade Martin Scorseses neuestes Werk „Killers of the Flower Moon“ zu bestaunen gibt, erscheint fürs Heimkino eine seiner etwas unbekannteren Arbeiten aus den 1980ern erstmals auf Blu-ray: „Die Zeit nach Mitternacht“. Wobei die Formulierung ‚etwas unbekannter‘ vielleicht etwas überspitzt ist, denn ein Scorsese-Film hat auch schon damals, im dritten Jahrzehnt seiner Karriere, für Aufmerksamkeit gesorgt. Im Gesamtœuvre aber, das von Klassikern wie „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“, „Goodfellas“, „Gangs of New York“ oder „The Departed“ nur so überquillt, ist die 1985 erschienene Komödie allerdings schon etwas versteckt.

Sie erzählt die Geschichte des alleinstehenden Texters Paul (Griffin Dunne), der nach Feierabend in einem Café die attraktive Marcy (Rosanna Arquette) kennenlernt. Ein sympathisches Gespräch und ein einladendes Telefonat später ist Paul bereits auf dem Weg in ihr Appartement, wo er auf ihre eigensinnige Mitbewohnerin, die Künstlerin Kiki (Linda Fiorentino) trifft. Von da an entwickelt sich Pauls Nacht zu einem unvorhersehbaren Abenteuer, das ihn dank vieler seltsamer Situationen und Personen beständig davon abhalten wird, wieder in sein sicheres Zuhause zu kommen.

Gewöhnlich reagiere ich stets etwas skeptisch, wenn mir ein Drehbuch erzählen will, dass unscheinbare, stille und nicht übermäßig sexy erscheinende Männer ganz spontan von sehr hübschen, witzigen und scheinbar Partnerlosen Damen angesprochen werden. Auch in diesem Film kommt die Handlung erst durch so eine ‚göttliche‘ Fügung ins Rollen, zum Glück wird in diesem Fall jedoch sehr schnell deutlich, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht oder zufällig geschieht. Oder doch?

Ganz ähnlich dem Gefühl, das mensch bei großer Müdigkeit und zu wenig Schlaf mitten in der Nacht überkommt, schlägt das Skript von Joseph Minion und Scorsese im Verlauf so viele Haken, dass es zunehmend schwerfällt, das Gezeigte als glaubhafte (Film-)Realität zu akzeptieren. Figuren handeln seltsam, Dialoge verwirren, viel zu viele Personen sind viel zu wach zu nachtschlafender Zeit.

Dieses an sich amüsante Konzept hat jedoch zwei kleine Schwächen: Es ist nur leidlich spannend und leider selten wirklich komisch. Hinzu kommen irrationale Entscheidungen der Hauptfigur, die es schwer machen, ihr als ZuschauerIn zu folgen oder zumindest mit ihr zu sympathisieren. Die Welt in „Die Zeit nach Mitternacht“ ist überfüllt von sehr eigenwilligen Charakteren, ‚Normalos‘ scheint es nachts in New York nicht zu geben.

Ist es genau das, was der Film erzählen will? New York als Schmelztiegel verrückter Menschen, in denen ein langweiliger Bürohengst selbst erst verrückt werden muss, um zu Überleben? Fast schon ein Kompliment für diese Millionenstadt. Bezüglich Scorseses Schaffen gibt‘s meine Komplimente aber eher für seine anderen Werke.

Die Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in englischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Deutsche und englische Untertitel sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es einen Audiokommentar, ein Making of, entfallene Szenen, Trailer und ein Booklet von Stefan Jung. „Die Zeit nach Mitternacht“ erscheint im Mediabook (Blu-ray/DVD) bei Plaion Pictures und ist seit 26. Oktober 2023 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Plaion Pictures)

Heimkino-Tipp: „Master Gardener“ (2022)

Boy Trouble

Liebe ist wie eine Pflanze: Ist der Samen erst einmal im Boden eingepflanzt, bedarf es konstanter Pflege und Fürsorge, um sie zum Wachsen, Erblühen und Erhalt zu bringen. Traurigerweise gilt dies ebenso für Hass. Eine Metapher, die Regisseur und Drehbuchautor Paul Schrader für sein neuestes Werk „Master Gardener“ nutzt, um von der Annäherung zweier sehr verschiedener Menschen zu erzählen, deren Vergangenheit kaum Sonnenstrahlen bereithielt.

Narvel (Joel Edgerton) arbeitet als Chefgärtner auf dem Anwesen der wohlhabenden Norma Haverhill (Sigourney Weaver). Während der Vorbereitungen zum jährlichen Charity-Event auf dem Gelände bittet Norma ihren Angestellten, eine neue Praktikantin unter seine ‚grünen Daumen‘ zu nehmen: Ihre Großnichte Maya (Quintessa Swindell), Anfang 20, steht ihr zwar nicht nahe, braucht Normas Meinung nach jedoch etwas Führung und Ordnung in ihrem Leben – auch, um der Drogensucht zu entkommen. Tatsächlich fügt sich die junge Frau schnell in Narvels Team ein und zwischen Lehrer und Schülerin erblüht bald darauf sogar etwas mehr. Nicht nur aufgrund der ‚Beziehung‘ zu seiner Chefin ist das für Narvel jedoch eine sehr problematische Entwicklung.

Problematisch ist vielleicht auch der passende Begriff für Paul Schraders wechselvolle Karriere. Nach einem fulminanten Start als Drehbuchautor in den 1970er-Jahren (u.a. „Taxi Driver“, 1976, und „Wie ein wilder Stier“, 1980) und vielen weiteren erfolgreichen Skripten, die er teilweise selbst verfilmte, hatte er seit den 2010er-Jahren zunehmend Probleme, seine Wunschfassungen eigener Filme auf die Leinwand zu bringen. Dies änderte sich glücklicherweise 2017 mit dem Drama „First Reformed“, in dem Ethan Hawke als zweifelnder Pfarrer brilliert und der – zusammen mit dem nicht minder fesselnden Nachfolgewerk „The Card Counter“ (2021) und nun „Master Gardener“ – eine Art lose Trilogie über einsame Männerfiguren darstellt, die versuchen mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.

Auch in „Master Gardener“ bleibt Schrader seinem Konzept treu, einer ruhigen und bedächtigen Inszenierung messerscharfe Dialoge gegenüberzustellen, die aufmerksames Zuhören erfordern, da sie einiges über jene Personen verraten, die sie von sich geben. Hinzu kommen viele kleine Nuancen, seien es Frisuren, T-Shirts, Tapetenmuster im Hintergrund oder kaum wahrnehmbare Charakterticks, mit denen es Schrader gelingt, sehr viel mehr über seine Figuren zu erzählen anstatt mithilfe konkreter Handlungen. Inhaltlich kreist der Film um Themen wie zweite Chancen, Neuanfänge und familiäre Prägungen sowie Rassismus, Vorurteile und Machtspiele, und spiegelt all diese Themen auch immer wieder in der Gartenarbeit wider, einem Mikrokosmos der menschlichen Natur sozusagen.

Zugegeben, die finalen 15 Minuten wirken nicht nur im Vergleich zu den vorherigen eineinhalb Stunden, sondern ebenso zu den beiden oben genannten Vorgängerfilmen etwas holprig und nicht ganz zu Ende gedacht. Allerdings entschädigen das nuancierte Spiel der fabelhaften Darsteller und die kontinuierlich bedrückend/bedrohlich wirkende Atmosphäre für diesen kleinen Lapsus am Ende zur Genüge.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es Trailer. „Master Gardener“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 6. Oktober 2023 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © LEONINE Studios)