Heimkino-Tipp: „Scream VI“ (2023)

Ghostface takes Manhattan

Donnerstag, 30.10.1997: Offizieller Kinostart des Films „Scream – Schrei!“ in Deutschland. Das hiesige Kino zeigt die Horrorkomödie sowohl in der ungeschnittenen, als auch in einer leicht entschärften FSK16-Version. Von etlichen Zeitungsberichten neugierig gemacht – dies war das Leben vor dem Internet –, sprintet der zu dieser Zeit noch nicht volljährige Autor dieser Zeilen direkt nach dem Schultag ins Lichtspielhaus und erbettelt von den gnädigen Ticketverkäuferinnen die Erlaubnis, in die ‚Erwachsenen-Version‘ des Films gehen zu dürfen. Kreisch! Doch damit nicht genug: Während sämtliche KlassenkameradInnen in den Folgetagen lediglich die jugendfreie Fassung zu Gesicht bekommen, gewinnt CineCsaba sogar noch ein T-Shirt beim Preisausschreiben des Verleihs. Und vier Jahre später dann sogar noch eine Eintrittskarte für die Premierennacht von Teil 3.

Ergo: Ja, die originale „Scream“-Filmreihe hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Umso größer war die Freude, als sich Regisseur Wes Craven und sein Team sowie viele Darsteller der ursprünglichen Besetzung 2011 noch einmal zusammenfanden, um dem Franchise ein Update und den Fans einen nostalgischen Nachklapp zu geben – beides gelang jedoch nur teilweise. Daher war meine Skepsis einer erneuten Neuauflage 2022, noch dazu wenig originell identisch betitelt wie das Original, groß. Doch hoppla! „Scream (5)“ machte Vieles (nicht Alles!) richtig und fand eine ausgeglichene Mischung zwischen Neuem und Bewährtem.

Ähnlich schnell wie einst zwischen Teil 1 und 2, die in einem Abstand von gerade mal sechs Monaten in den Kinos anliefen, folgt nach der 5 nun schon die nächste Fortsetzung. Und die beginnt mit einer erfreulichen Überraschung: Gleich in den ersten Minuten wird der Täter hinter der Maske entblößt und der für die Reihe typische „Wer-ist-der-Killer“-Plot läuft ins Leere. Sollten es die Autoren James Vanderbilt und Guy Busick, die auch Teil 5 skripteten, tatsächlich gewagt haben, andere Wege zu gehen? Kein schlechter Start!

Unabhängig davon schließt die Handlung quasi direkt an den Vorgänger an: Die Schwestern Sam (Melissa Barrera) und Tara (Jenna Ortega) sind nach New York gezogen, um die blutigen Ereignisse in ihrer Heimatstadt Woodsboro endlich hinter sich zu lassen. Das Großstadt- und Partyleben wird jedoch bald schon getrübt, als sich Todesfälle häufen, an deren Tatorten Variationen der bekannten Ghostface-Maske gefunden werden. Und deren Besitzer hat Sam und Tara bereits ins Visier genommen.

Es ist den Drehbuchautoren und den beiden Regisseuren Matt Bettinelli-Olpin & Tyler Gillett hoch anzurechnen, dass sie Teil 6 zumindest den Anschein geben, ein wenig aus der (Film-)Reihe zu tanzen. Zumindest suggeriert dies der Trailer und eines der Teaser-Plakate:

Schade nur, dass es ebenso wie 1989, als es Jason Voorhees für Teil 8(!) des „Freitag, der 13.“-Franchises nach Manhattan zog, ein leeres Versprechen bleibt. Denn bis auf ein paar wenige Stadtansichten aus der Totalen und einer – zugegebenermaßen packenden – Sequenz in der U-Bahn, bleibt das Potenzial einer großen Stadt als Spielwiese weitgehend ungenutzt. Letztendlich kommt es doch wieder nur in engen Räumen zur Konfrontation zwischen potenziellen Opfern und dem Killer. Ob WG, Supermarkt oder verfallenes Kino: Auch Woodsboro (oder Bielefeld oder Dresden oder Wiesbaden) hätte diese Orte zu bieten und die Fluchtwege bleiben immer noch dieselben.

Erfreulich zumindest, dass sich dieser Teil zunächst sehr viel Zeit lässt, um die Beziehung der beiden Schwestern etwas tiefer zu beleuchten. Dass sich die beiden engstirnigen Charaktere im Laufe der Handlung annähern (müssen), um die brutalen Attacken des selbsterklärten Sensenmanns abzuwehren, überrascht nicht unbedingt. Was hingegen verwundert, ist das Agieren von Ghostface während seiner Angriffe. Hier wird der Wille nach Veränderung seitens der Macher deutlich, der ihnen im (einmal mehr) viel zu zähem Finale inklusive überlanger Rechtfertigung des Killers jedoch leider wieder abhandenkommt.

But wait! „Scream VI“ ist immer noch unterhaltsamer und vor allem blutiger (das Los der Sequels) als der verkorkste vierte Teil anno 2011. Oder wie es Autor Vanderbilt selbst so treffend formuliert: „Nummer 5 war eine Art ‚Best of‘ der Reihe. Dieser hier ist die punkrockige B-Seite dazu.“ Und ich ergänze: Eine, die es nicht unbedingt gebraucht hätte. Als Zugabe jedoch nehm ich sie gern.

Die 4K Ultra HD/Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in englischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Untertitel sind ebenso optional vorhanden. Als Bonus gibt es diverse Featurettes, die sich mit der Entstehung des Films beschäftigen sowie einen Audiokommentar. „Scream VI“ erscheint am 13. Juli auch als Steelbook (hier abgebildet) bei Paramount Pictures / Universal und ist bereits seit Mai 2023 digital erhältlich. (Packshot + stills: © Paramount Pictures)