Heimkino-Tipp: „Ein Gauner & Gentleman“ (2018)

Abgang mit Stil

Ach, dieses Cover! Simpel, unaufdringlich und irgendwie altmodisch. Wie schön, dass sich der deutsche Verleih dazu entschieden hat, das Kinoplakatmotiv auch für das Heimrelease zu verwenden. Denn es ist genauso wie der Film selbst: simpel, unaufdringlich, altmodisch.

Das zeigt sich nicht nur in der Farbgebung und der angenehm ruhigen Inszenierungsweise des Regisseurs David Lowery, sondern ebenso im Verhalten der Hauptfigur, dem 70-jährigen Forrest (Robert Redford): Dessen Lebensinhalt ist das Ausrauben von Banken. Nicht das erbeutete Geld, der Adrenalinkick oder die Lust, andere mit einer Waffe zu bedrohen – nein, es ist der Überfall an sich. Mit Charme, ruhiger Stimme und einem Lächeln (Hallo George Clooney in „Out of Sight“!) sind er und seine beiden Komplizen (gespielt von den wunderbaren Tom Waits und Danny Glover) seit vielen Jahren erfolgreich unterwegs, ohne dabei auch nur eine Person verletzt zu haben. Doch die Glückssträhne scheint beendet, als sich der Polizist John Hurt (Casey Affleck) an ihre Fersen heftet mit dem festen Ziel, die „Altherren-Gang“ hinter Gitter zu bringen.

Schon vor Beginn der Dreharbeiten gab Robert Redford zu Protokoll, dass dies wohl sein letzter Film sein werde. Wenn es tatsächlich dabei bleibt, ist es ein gelungener Schlusspunkt einer beeindruckenden Hollywood-Karriere, die von etlichen Höhepunkten geprägt war. „Ein Gauner & Gentleman“ spielt genau damit, indem es hier und da Anspielungen, Verweise und sogar Szenen gibt (Aufnahmen aus früheren Redford-Filmen wurden für Rückblenden benutzt), die untrennbar mit der Schauspieler-Legende verbunden sind. Ein filmischer Rückblick sozusagen, ohne Wehmut und Angeberei, sondern vielmehr entspannt und melancholisch-schön. Mag sein, dass dies von (jüngeren?) Zuschauern, die Redford möglicherweise bisher nur als Nebenfigur in Marvel-Filmen wahrgenommen haben, ganz anders wahrgenommen wird. Für Cineasten-Rentner allerdings ist „Ein Gauner & Gentleman“ eine wahre Freude.

Auch deshalb, da es zwar in den vergangenen Jahren immer wieder sehenswerte Filme mit ‚alten‘ Ikonen gab (z.B. „Stand Up Guys“, „Last Vegas“ oder „Book Club“), diese dann aber meist in Komödienform daherkamen, in denen die Figuren kaum charakterliche Tiefe vorweisen konnten. Wenn hier jedoch Redfords Forrest mit Sissy Spacek alias Jewel flirtet und über vergangene Lebensentscheidungen sinniert, sind das große schauspielerische und cineastische Momente. Mitunter werden da Erinnerungen an Filme wie „Die Brücken am Fluss“ (Clint Eastwood/Meryl Streep) und „Ewige Jugend“ (Michael Caine/Harvey Keitel) wach, die ihre Darsteller ebenso huldigten wie es nun Regisseur Lowery in seinem Werk vollbringt.

Es ist jedoch nicht nur Redfords Show: Casey Affleck, der hier bereits zum dritten Mal mit Lowery zusammenarbeitet, bekommt als Jäger des Räuber-Trios ebenso viel Screentime und darf einmal mehr nuschelnd den Eigenbrötler geben, der mit der Zeit eine gewisse Bewunderung für seine Beute in spe entwickelt. Interessant ist hierbei vor allem die Gegenüberstellung der Familien beider Männer: auf der einen Seite ein liebevolles Zusammensein, auf der anderen Seite nichts als verbrannte Erde.

„Abgang mit Stil und Anspruch“ wäre somit wohl die passendere Überschrift für diese Rezension gewesen. Auf jeden Fall ein schönes Finale für einen Künstler, den ich auf der Leinwand sehr vermissen werde. Ich ziehe meinen Hut vor Ihnen, Mr. R.!

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Eine Hörfilmfassung ist ebenfalls mit an Bord (sehr vorbildlich!). Als Bonusmaterial gibt es Interviews und Trailer. „Ein Gauner & Gentleman“ erscheint bei DCM Film Distribution GmbH/Universum Film und ist seit 13. September 2019 erhältlich. (Packshot + stills: © Eric Zachanowich/DCM)

Heimkino-Tipp: „Fighting with my Family“ (2019)

Welcome to the suck

Dwayne Johnson gilt als einer der bestbezahltesten Schauspieler der Welt. Nun möchte ich an dieser Stelle keine Diskussion über Verdienst und Können anstoßen, jedoch ist es schon bemerkenswert, dass ausgerechnet ein ehemaliger(?) Wrestler in den Top 5 der ‚wertvollsten‘ Darsteller auftaucht. Zweifellos erfordert Wrestling, auch Catchen genannt, ein gewisses Talent fürs So-tun-als-ob. Wirklich ernst nehmen viele diese Schaukampf-Sportart aber wohl nicht. Wie viel körperliche Arbeit und Präzision jedoch diese oftmals belustigenden Ringduelle von den Akteuren erfordern, wird dabei meist vergessen. Darren Aronofskys zweifach Oscar-nominiertes Drama „The Wrestler“ (2008) verdeutlichte dies wunderbar melancholisch, Stephen Merchants Tragikomödie „Fighting with my Family“ fügt diesem Meisterwerk nun ein weiteres, in weiten Teilen sehr amüsantes Kapitel hinzu.

Der Film erzählt die wahre Geschichte der Familie Knight aus Norwich, Großbritannien, deren Mitglieder allesamt dem Wrestling sehr zugetan sind. Als die amerikanische WWE, das weltweit führende Unternehmen für solcherlei Veranstaltungen, junge Talente zum Vorsprechen/-Catchen einlädt, sind natürlich die Knight-Kinder Saraya (Florence Pugh) und ihr Bruder Zak (Jack Lowden) mit dabei. Allerdings wird er im Gegensatz zu seiner Schwester nicht in die nächste Runde eingeladen. Während er an diesem Misserfolg zu zerbrechen droht, durchläuft Saraya, deren Künstlername nun Paige lautet, in den folgenden Monaten ein hartes Training bei der WWE. Und wer dort bestehen will, muss hart schuften. Sehr hart.

Regisseur Merchant ist im Komödiengenre kein Unbekannter: Zusammen mit Ricky Gervais kreierte er die Erfolgsserie „The Office“, die u.a. fürs amerikanische Publikum mit Steve Carell adaptiert und in Deutschland mit Christoph Maria Herbst unter dem Titel „Stromberg“ neuverfilmt wurde. Merchant verfasste auch das Drehbuch zu „Fighting with my Family“ und findet einen sehr sympathischen, leichtfüßigen Zugang zu der manchmal etwas seltsamen Welt des Wrestlings. Denn ihm gelingt es, sowohl die Mühen und Anforderungen, als auch den Spaß und die Begeisterung der Knights für diesen Job zu verdeutlichen. Ja, Catchen ist eine Freakshow, ist viel Lärm um Nichts und lebt von Übertreibungen. Aber für die Knights ist es ebenso eine Leidenschaft, eine Flucht vor der kriminellen Vergangenheit und das, was sie zusammenhält.

Dank frecher Dialoge, die Gags im Minutentakt bereithalten, und herrlich aufspielender Darsteller (als Eltern glänzen Nick Frost und Lena Headey, Vince Vaughn hingegen macht seine Schüler als Coach verbal herrlich fies rund), verliert man sein Herz schon nach fünf Minuten an diese sympathische Clique. Besonders schön: Merchant räumt ganz nebenbei mit etlichen Vorurteilen bezüglich des Wrestlings, der Akteure und deren Fans auf, wenn er hinter ihr Äußeres blickt und die Shows als das feiert, was sie sind: Eskapismus, Hoffnungsschimmer, gemeinsames Glücklichsein. Da ist der selbstironische Auftritt von Produzent Dwayne „The Rock“ Johnson nur noch das i-Tüpfelchen zu einem rundum gelungenen, warmherzigen und ungemein witzigen Filmerlebnis.

Die Blu-ray/DVD bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie diverse Untertitel. Als Extras gibt es ein Making of, entfallene und verpatzte Szenen und einen Audiokommentar des Regisseurs. „Fighting with my Family“ erscheint bei Universal Pictures Germany GmbH und ist seit 5. September 2019 erhältlich. (Packshot + stills: © Universal Pictures)