Heimkino-Tipp: „The Lego Movie“ (2014)

Ja, es ist ein gigantischer Werbeclip. Aber er macht so viel Spaß! Hat man den Gedanken des cleveren Marketings (und die der Blu-ray-Hülle beiliegenden Werbeflyer für Lego-Videospiele, -Themenpark und –Spielzeug) beiseite geschoben, beginnt der Genuss eines liebevoll animierten, herrlich überdrehten und unterhaltsamen Films, der sowohl junges (Ziel-), als auch älteres Publikum gleichermaßen anspricht.

Emmet ist ein fleißiger Arbeiter in einer Stadt, die dank einfacher Regeln allen Bewohnern ein sorgenfreies, aber gleichsam ereignisloses Leben beschert. Der Tagesablauf ist festgelegt, gute Laune „von oben“ verordnet und aus dem Radio dudelt tagein tagaus „Everything is Awesome“, ein Popsong, den natürlich alle mitsingen können. Den eigenen Kopf benutzt hier niemand, schon gar nicht der naive Emmet. Bis er eines Tages fälschlicherweise für „den Besonderen“ gehalten und von der feschen Wyldstyle in ein Abenteuer gezogen wird, das ihn mit allerhand Superhelden zusammenführt und nichts weniger als die Befreiung vom Tyrannen Lord Business zum Ziel hat. Denn er ist der Urheber dieser gleichgeschalteten Welt und duldet keinen Individualismus. Ein Zustand, den Wyldstyle, ihre Mitstreiter und später natürlich auch Emmet beenden wollen.

Vollgestopft mit Verweisen, Zitaten und Kommentaren zum Zeitgeist (sowohl optisch als auch auditiv), die unmöglich alle beim einmaligen Sehen des Films erkannt werden können, flitzen die süßen Figürchen durch eine Geschichte, die spannend und abwechslungsreich daherkommt, viele Schauwerte bietet und 100 Minuten Vollgas gibt. Hinzu kommen witzige (manchmal schlicht alberne) Dialoge, für die im Gegensatz zum O-Ton in der deutschen Synchronisation sämtliche Originalsprecher herangekarrt wurden, um die zahlreichen Cameo-Auftritte bekannter (Film-)Charaktere zu präsentieren. Aber auch der Detailreichtum bei den Steinklötzen ist bemerkenswert: Ob Seriennummern, typische Bruchstellen und Kratzer im Material oder Verzierungen: Wer selbst einmal mit Lego gespielt hat, wird vieles wiedererkennen und einen „Ach ja, ich erinnere mich!“-Moment nach dem anderen haben.

Zugegeben, derart viel Herzblut und Witz hätte ich „The Lego Movie“ nicht zugetraut. Die Regisseure und Drehbuchautoren Phil Lord und Christopher Miller, die ebenso unter anderem für die Neuauflage von „21 Jump Street“ verantwortlich zeichneten, haben zusammen mit ihrem Team einen sehenswerten Streifen fabriziert, der clever vom „Werbefaktor“ ablenkt und sich selbst (zum Glück!) nicht so ernst nimmt, wie einige Handlungskapriolen vor allem im letzten Drittel verdeutlichen. Und wer sich fragt, ob es sich um eine reine Animation handelt oder doch aufwendige Stop-Motion-Technik à la „Wallace & Gromit“: „The Lego Movie“ stammt fasst vollständig aus dem Computer, wurde aber absichtlich so gestaltet, dass alle Figuren, Fahrzeuge und Gebäude mit echten Steinen nachgebaut werden können. Da war sie wieder, diese hässliche Fratze des Marketings…

P.S. für Fans: Den deutschen Titelsong des Films gibt es HIER für kurze Zeit ganz offiziell und legal als kostenlosen Download.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie Untertitelspuren in deutsch/englisch. Während die DVD zusätzlich lediglich zwei kurze Features enthält, wartet die Blu-ray mit umfangreichen Bonusmaterial (Making of, weitere Szenen etc.) auf. Eine 3D-Version wurde ebenfalls separat veröffentlicht. „The Lego Movie“ erscheint bei Warner Bros. und ist seit 21. August erhältlich. (Packshot: © Warner Bros.)

Heimkino-Tipp: „Leonard Cohen: I’m Your Man“ (2005)

Diese Stimme, diese Texte, diese Melancholie: Leonard Cohen zählt zweifellos seit vielen Jahrzehnten zu den markantesten Künstlern weltweit. Ob als Musiker, Poet oder Autor, sein Œuvre wird geschätzt, verehrt und vor allem von nicht minder berühmten Kollegen immer wieder zitiert oder neu interpretiert. Nach zahlreichen Tribute-Alben (eines der bekanntesten ist sicherlich „I’m Your Fan“ von 1991, mit Cover-Versionen von R.E.M., den Pixies oder Nick Cave and the Bad Seeds) fanden sich im Januar 2005 abermals Musikgrößen zusammen, um Cohen und seinem Werk im Rahmen eines Konzerts zu huldigen. Die Regisseurin Lian Lunson hielt die Auftritte mit der Kamera fest, kombinierte sie mit Interviewschnipseln sowie Archivmaterial und kredenzte daraus eine gelungene Dokumentation unter dem Titel „Leonard Cohen: I’m Your Man“.

Nun könnte man sicherlich bemängeln, dass Lunson, ebenso wie viele ihrer Kollegen in der heutigen Zeit, das Konzert nicht in seiner kompletten Form zeigt, sondern bewusst immer wieder unterbricht, um die Künstler und vor allem Cohen selbst zu Wort kommen zu lassen. Mir persönlich gefällt diese Herangehensweise sehr, zumal Lunson die Pausen zwischen den Auftritten vornehmlich für Passagen nutzt, in denen der stets demütig auftretende Meister nicht nur die gewählten Songs kommentiert, sondern ebenso in sein Leben und seinen Blickwinkel auf die Welt einordnet. Ehrliche Geständnisse über seine eigene Sangeskunst oder die Qualität der Cover-Versionen geben den Gesprächen die nötige Würze und enthüllen so manches Detail, von denen vielleicht auch Fans noch nichts wussten. Die Aussagen der Gastmusiker beschränken sich hingegen auf Lobhudeleien, verdeutlichen andererseits aber die Bewunderung und Achtung, die sie vor Cohen und seiner Arbeit haben.

So entstand ein interessantes Porträt, das weder chronologisch noch vollständig, aber dafür sehr unterhaltsam und dem Künstler angemessen daherkommt. Einige der auftretenden Bands und Musiker waren mir bisher zwar unbekannt, ihre mitunter sehr eigenwilligen Cover sprechen aber für sich und heben die Kraft der Cohen-Songs, Cohens Wandelbarkeit als Komponist und die Tiefe seiner Texte wunderbar hervor.

Mit „Leonard Cohen: I’m Your Man“ ist Lunson ein Film gelungen, der ganz im Sinne seines Protagonisten entspannt und unaufgeregt daherkommt und das außergewöhnliche Talent Cohens für Sprache und Musik feiert.

Noch ein paar Zeilen zur Blu-ray: Auch wenn die Dokumentation ein in sich geschlossenes Werk darstellt, wäre ein „Music-only“-Feature eine schöne Zugabe gewesen. So könnte man beim wiederholten Anschauen die gesprochenen Passagen auf Wunsch ausblenden und das pure Konzert erleben. Auch die Kapiteleinteilung erscheint etwas wahllos, zumal die Blu-ray auch kein separates Verzeichnis der Künstler und Songs bereithält, die im Film vorkommen. Daher hier die Info:

Nick Cave: „I’m Your Man“

Linda Thompson and The Handsome Family: „A 1000 Kisses Deep“

Rufus Wainwright with Martha Wainwright, Kate & Anna McGarrigle: „Everybody Knows“

Martha Wainwright: „The Traitor“

Kate & Anna McGarrigle: „Winter Lady“

Teddy Thompson: „Tonight Will Be Fine“

Antony: „If It Be Your Will“

Beth Orton: „Sisters Of Mercy“

Rufus Wainwright: „Chelsea Hotel No.2“

Nick Cave: „Suzanne“

Jarvis Cocker: „I Can`t Forget“

Julie Christensen & Perla Batalla: „Anthem“

Rufus Wainwright with Martha Wainwright & Joan Wasser: „Hallelujah“

Leonard Cohen with U2: „Tower Of Song“

Die Blu-ray präsentiert den Film in englischer Originalfassung sowie als mit einem Offsprecher synchronisierte Fassung. Untertitel sind leider nur für das Bonusmaterial vorhanden (ein kurzes Interview mit Cohen, offenbar eine aus dem Film entfernte Szene; zusätzliche Konzertausschnitte sowie eine Aufnahme aus dem Proberaum; Audiokommentar der Regisseurin; Bildergalerie). „Leonard Cohen: I’m Your Man“ erscheint bei 3L Vertriebs GmbH & Co. KG und ist seit 21. August erhältlich. (Packshot: © 3L)

Heimkino-Tipp: „Joe, der Galgenvogel“ (1979)

Vor dem Siegeszug des Videorekorders war es keine Seltenheit, dass ältere Filme noch einmal eine Wiederaufführung im Kino spendiert bekamen. Neben Hitchcock-Werken und James Bond-Einsätzen zählten in Deutschland auch die frühen Abenteuer von Bud Spencer und/oder Terence Hill dazu. Allerdings galten deren Arbeiten künstlerisch wohl nicht als so wertvoll und einzigartig wie beispielsweise „Psycho“ oder „Goldfinger“, weshalb die Filme des schlagkräftigen Duos nicht nur umbetitelt, sondern häufig auch umgeschnitten und neu synchronisiert wurden.

Was heute einem Sakrileg gleichkommt, hatte im Fall von Spencer/Hill durchaus Berechtigung. Denn nach ihrem Erfolg in zahlreichen Actionkomödien Anfang und Mitte der 1970er-Jahre, nahm man sich die meist ernsten Streifen vom Karrierebeginn vor, um sie nun ebenfalls als amüsante Prügelfilme zu vermarkten. „Vier Fäuste für ein Halleluja“ (1972/1982, siehe HIER) ist diesbezüglich sicherlich das bekannteste Beispiel. Aber auch Hills 1968 veröffentlichter „Django und die Bande der Gehenkten“ ereilte dieses Schicksal. Im Original als ein durchaus ernst zu nehmender, recht brutaler Nachfolger des legendären „Django“ (1966) mit Franco Nero konzipiert, wurde daraus 1979 „Joe, der Galgenvogel“ – ein mit Fäusten und frechen Sprüchen um sich schlagender Revolverheld, der bösen Buben auf die Finger und den Nischel haut.

Joe (Hill) wird das Opfer eines Überfalls auf einen Geldtransport, den er begleitet. Nachdem er zusehen musste, wie nicht nur seine Kollegen, sondern ebenso eine mitgereiste Frau von dem Banditen Lukas (Luigi Montefiori) und seiner Bande erschossen werden, will er die Bösewichter ihrer gerechten Strafe zuführen. Als „Friedensrichter“ (= Henker) reist er durchs Land und rettet mit fingierten Hinrichtungen diverse Männer vor dem Galgen, die ihm anschließend bei seinem Plan unterstützen sollen. Was Joe (noch) nicht weiß: Lukas‘ Boss ist der Senator David Barry (Horst Frank), ein alter Freund von ihm.

Wer sich die Mühe macht, sowohl das Original „Django und die Bande der Gehenkten“ als auch „Joe, der Galgenvogel“ nacheinander zu schauen, wird erstaunt sein, mit wie viel Kreativität bezüglich der Dialoge einerseits, und Grobschlächtigkeit bezüglich des Inhalts andererseits anno 1979 vom Verleih vorgegangen wurde, um aus dem alten Rachefilm einen halbwegs familientauglichen Spaß zu machen: Personen werden in andere Beziehungen zueinander gesetzt, einzelne Handlungsfäden entfernt und Gespräche komplett umgedichtet. Frech ist dies schon, angesichts des betriebenen Aufwands jedoch beachtlich. Was bei den Dialogen noch wunderbar funktioniert (es ist erstaunlich, wie viele neue Informationen in einen Off-Kommentar verpackt werden können!), kommt beim Schnitt allerdings gehörig ins Straucheln. Ganz offensichtliche Szenensprünge oder Lippenbewegungen ohne Ton sind immer wieder erkennbar, und trüben den Spaß ein wenig.

Trotzdem ist es eine Freude, den typischen lakonischen Bemerkungen Joes zuzuhören, die in der Neufassung von Thomas Danneberg, Hills Stammsprecher, stammen. Vor allem die Verweise auf „den Dicken“ sind lustige neue Zugaben und spielen unverhohlen auf die Erfolge mit Kollege Spencer an.

Rein optisch ist „Joe, der Galgenvogel“ wie schon sein im Oktober 2013 auf Blu-ray veröffentlichtes Pendant „Django und die Bande der Gehenkten“ ein Genuss. Frei von Verschmutzungen und in satten Farben erscheint der Film auf der blauen Scheibe in einer angemessenen Qualität.

Vom Standpunkt eines Cineasten aus gesehen, ist das ‘68er Original natürlich die einzig legitime Version des Films. Filmhistorisch und mit den Augen eines Spencer/Hill-Fans betrachtet, ist die ‘79er Comedy-Version jedoch ebenso interessant und essenziell, zeigt sie doch, wie manipulierbar das Medium Film und somit das Publikum sein kann.

Die Blu-ray präsentiert den Film lediglich in der deutschen Sprachfassung, was darauf schließen lässt, dass „Joe, der Galgenvogel“ nur im deutschsprachigen Raum in dieser Schnittfassung erschienen ist. Als Extras gibt es einen Trailer, einen Bildvergleich vor und nach der Restauration sowie eine Bildergalerie. Der Erstauflage liegt abermals ein informatives Booklet zur Entstehungsgeschichte des Films bei. „Joe, der Galgenvogel“ erscheint bei 3L Vertriebs GmbH & Co. KG und ist ab 21. August erhältlich. (Packshot: © 3L)