Heimkino-Tipp: „Life“ (2015)

Young Rebels

Mit lediglich drei Filmen (u.a. „… denn sie wissen nicht, was sie tun“) gelang es dem amerikanischen Schauspieler James Dean in den 1950er-Jahren, zu einer Ikone der Jugend aufzusteigen. Ein Autounfall kostete ihn 1955 mit gerade einmal 24 Jahren das Leben und beendete so eine vielversprechende Karriere, die maßgeblich dank eines Fotoessays des Fotografen Dennis Stock ins Rollen kam. Anton Corbijn, selbst eine Legende des Metiers, hat sich der Entstehungsgeschichte dieser Bilder nun in seinem Film „Life“ angenommen.

Robert Pattinson, der sich mit einer konstant ungewöhnlichen Rollenauswahl längst vom Erfolg der „Twilight“-Saga gelöst hat und inzwischen als ernstzunehmender Schauspieler gilt, verkörpert den jungen Stock, der schon früh auf den rebellischen James Dean (Dane DeHaan, „The Place Beyond the Pines“) aufmerksam wird und ihn porträtieren will. Dean jedoch zögert, da er befürchtet, in der „Hollywood-Maschinerie“ verheizt zu werden. Denn der einflussreiche Jack Warner (Ben Kingsley), der Mann hinter dem Filmstudio „Warner Bros.“ und den Karrieren von Stars wie Humphrey Bogart oder James Cagney, hat bereits Pläne geschmiedet, um den Nachwuchsmimen in seinem Sinne aufzubauen. Erst als Dean merkt, dass auch Stock keine Lust auf Regeln hat und in Form und Stil ausgetretene Pfade verlassen will, stimmt er der Fotosession zu. Dabei ermöglicht er Stock einen sehr intimen Einblick in sein Privatleben.

Die Filme Anton Corbijns („The American“, „A Most Wanted Man“) sind bezüglich ihres Tempos so etwas wie das Gegenstück zu einem Michael-Bay-Movie: bedächtig, mit langen Einstellungen und oftmals schweigsamen Charakteren versehen, erzählt er auch hier nur sehr langsam über eine sich entwickelnde Beziehung zwischen zwei Außenseitern. Dass es sich bei beiden Charakteren zudem um Typen handelt, deren Benehmen nicht immer positiv auffällt, verlangt dem Zuschauer zusätzliche Geduld ab. So wirkt die von DeHaan überzeugend dargebotene Unlust Deans, irgendetwas für seine Karriere zu tun, ebenso befremdlich wie Stocks Egoismus bezüglich seines Jobs, dem er Frau und Kind bereitwillig opfert. Nein, Sympathiepunkte gewinnen beide Figuren damit nicht.

Doch Corbijn und seinem Autor Luke Davies („Candy“) geht es scheinbar primär gar nicht darum, Dean und Stock anzuhimmeln. Vielmehr ist „Life“ eine Art Schnappschuss einer Zeit, in der Film- und Fotokunst vor elementaren Veränderungen standen: das klassische Studiosystem der frühen Kinojahre fand ein Ende, die Fotografie entdeckte derweil die Vorteile von Spontanität und einer natürlichen Umgebung beim Porträtieren von Stars. Angesichts Corbijns eigener beruflicher Vergangenheit (er „kreierte“ u.a. den Look von Depeche Mode oder U2 in den 1980ern) verwundert diese Herangehensweise nicht. Leider schließt „Life“ damit jedoch einen Großteil des Publikums, das vielleicht ein etwas klassischeres Biopic erwartet hat, aus. Was bei „Control“, Corbijns Erstling über das Leben von Joy Division-Sänger Ian Curtis, noch wunderbar funktionierte, läuft hier ins Leere, gleichwohl von beiden Figuren zweifellos eine gewisse Faszination ausgeht.

Letztendlich bleibt Corbijn seinem Stil treu und macht „Life“ so zu einem ungewöhnlichen Porträt über zwei Männer, die selbst scheinbar gern gegen die Erwartungen ihrer Umwelt handelten. Hervorragend gespielt und bezüglich der Ausstattung superb, wäre eine andere Herangehensweise an diese Männerfreundschaft(?) vielleicht etwas zugänglicher gewesen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung, optionale deutsche Untertitel sowie deutsche und englische Untertitel für Hörgeschädigte. Als Extras sind Interviews enthalten. „Life“ erscheint bei SquareOne/Universum Film und ist seit 26. Februar 2016 erhältlich. (Packshot + Filmstills: © SquareOne/Universum)

Heimkino-/CD-Tipp: Michael Jackson: „Off The Wall“ (1979/2016)

„I think he was born dancing.“ (Katherine, Mutter von Michael Jackson)

Mit postum veröffentlichten Werken ist das so eine Sache: Wer verdient daran? Sind die Aufnahmen tatsächlich für die Öffentlichkeit bestimmt? Warum hielt sie der Künstler zu Lebzeiten zurück? Neben Elvis Presley, Kurt Cobain und 2Pac zählt Michael Jackson sicherlich zu den erfolgreichsten toten Musikern unserer Zeit. Beeindruckende 33 Millionen seiner Platten sind laut wikipedia.de seit seinem überraschenden Tod im Juni 2009 verkauft worden. Neben diversen Greatest Hits-Alben u.a. zwei CDs mit „neuen“ Songs, die aus unfertigen Demo-Schnipseln zusammengestellt und nachproduziert wurden. Es werden mit Sicherheit nicht die letzten sein.

Bei der nun erscheinenden Neuauflage seines 1979er Albums „Off The Wall“ verhält es sich ein wenig anders. Bonus Tracks, Demos oder Remixe sind hier nicht beigefügt. Auch auf ein Remastering, also einer zeitgemäßen „Bereinigung“ der Songs (u.a. „Don’t Stop ‘Til You Get Enough“, „Rock With You“), wie es beispielsweise bei Neuveröffentlichungen von Filmen auf Blu-ray üblich ist, wurde offenbar verzichtet – zumindest ist im Booklet keine solche Information enthalten. Warum also das Ganze?

Ausschlaggebend dürfte die neue Dokumentation von Spike Lee gewesen sein. Der bekannte Filmregisseur, der bereits zum Jubiläum des 1987er-Albums „Bad“ im Jahr 2012 die Retrospektive „Bad 25“ vorlegte, hat sich nun Jacksons erstem Solowerk angenommen, dem Vorgänger zum legendären „Thriller“ (1982): „Michael Jackson’s Journey from Motown to ’Off The Wall‘“ ist somit das eigentliche Herzstück dieses Pakets – und soll im Folgenden kurz rezensiert werden.

Im Gegensatz zu „Bad 25“ punktet die neue Doku mit einem nicht unerheblichen Vorteil: sie ist strukturiert und chronologisch aufgebaut. Der Vorgänger war dies nur bedingt, setzte Vorwissen zur Karriere von Michael Jackson voraus und schmiss einen O-Ton nach dem anderen Richtung Zuschauer, bis nur noch ein überambitioniertes Durcheinander übrig blieb. Zwischen überzuckerter Lobhudelei, plumper Selbstbeweihräucherung einiger „Stars“ (Justin Bieber? Chris Brown?? Hallo???) und unzähligen alten Interviewausschnitten blitzte dort nur selten eine interessante neue Info auf oder zeigte den kreativen Prozess der Entstehung. Die später auf Arte gezeigte, um ca. 60 Minuten gekürzte Filmversion wirkte da schon geordneter und zielgerichteter. Doch zurück zu „Off The Wall“ und Lees Film: In 90 Minuten kreiert er hier ein erfreulich kompaktes und weniger hektisches Porträt, das in der ersten Hälfte die frühe Karriere des späteren „King of Pop“ beim Traditionslabel „Motown“ nachzeichnet. Als Teil der „Jackson 5“ bzw. „The Jacksons“ zum Kinderstar aufgestiegen, wird schnell deutlich, dass Michael mehr wollte: mehr kreative Freiheit, mehr Erfolg, mehr Ruhm. Mit Produzentenlegende Quincy Jones als Mentor sowie vielen talentierten Songschreibern und Gastautoren (u.a. Stevie Wonder, Paul McCartney) entstand schließlich jenes Album, das Jackson vom belächelten Teenager zum anerkannten Musiker machen sollte.

Im zweiten Teil seiner Doku fokussiert Regisseur Lee die einzelnen Songs und lässt sie sowohl von prominenten Fans (u.a. Pharrell Williams, Questlove von The Roots, John Legend) als auch Mitwirkenden musikalisch interpretieren. Die inhaltliche Qualität schwankt dabei von detailliert bis nichtssagend (warum soll ein durchschnittlicher Song besser sein, nur weil ihn ein Prominenter mag?), lässt aber stets keinen Zweifel daran, dass diese Lieder vor allem für den damals 20-jährigen Michael ein großer Schritt Richtung Erwachsenwerden und Emanzipation bedeuteten. Die Dokumentation „Michael Jackson’s Journey from Motown to ’Off The Wall‘“ lohnt daher für Fans tatsächlich, bietet sie doch etliche historische und teilweise unbekannte Aufnahmen aus der Zeit vor und während der Album-Produktion.

Dass die CD und die darauf enthaltenen zehn Songs nicht bearbeitet wurden, ist ärgerlich aber verschmerzlich, da sie bereits 2001 für eine „Special Edition“ auf den neuesten Stand der Technik gebracht wurden. Dafür hat die Verpackung noch eine lobende Erwähnung verdient: Es handelt sich um ein Digipack, dem ein Stück Kreide(!) beigefügt ist. Auf der Innenseite der CD-Verpackung darf diese dann zur persönlichen Gestaltung der Hülle benutzt werden. Warum nicht?

Ergo: Eine für Fans lohnende Neuveröffentlichung, sollte es den Film von Spike Lee nicht demnächst einzeln zu erwerben geben. Ein neues Remastering der Songs wäre schön gewesen, ebenso weitere exklusive Zugaben wie beispielsweise ein Konzertmitschnitt aus jener Zeit oder zumindest die Musikvideos zur Platte. Für jene, die „Off The Wall“ bisher noch nicht im Plattenregal stehen haben, ist diese Edition jedoch keine Enttäuschung und ein schönes Paket.

„Michael Jackson: ‚Off The Wall‘ CD/DVD und CD/Blu-ray“ erscheint bei Sony Legacy Recordings/Sony Music und ist seit 26. Februar 2016 erhältlich. Untertitel für die Dokumentation sind u.a. in deutsch vorhanden. (Packshots: © Sony Music)

Heimkino-Tipp: „No Escape“ (2015)

The Raid

Das neue Werk der Gebrüder John Erick und Drew Dowdle („Katakomben“, 2014) ist ein zweischneidiges Schwert: Mit den Augen eines Actionfilm-Fans betrachtet, gibt es eine 90minütige Achterbahnfahrt mit nur wenig Verschnaufpausen, verzeihbaren Übertreibungen und ordentlich Blutzoll. So weit, so gut. Doch „No Escape“ kann aufgrund seines realistischen Szenarios, aktueller Ereignisse rund um den Globus und alltäglicher Meldungen über grausame Akte der Gewalt, verübt von und gerichtet gegen Menschen, nicht als bloße Unterhaltung durchgehen. Das macht „No Escape“ zu einem zynischen Beispiel für unsere kaputte Welt von heute: ein toller Film über eine grausame Realität.

Der Ingenieur Jack Dwyer (Owen Wilson) tritt einen neuen Job in einem (ungenannten) asiatischen Land an. Seine Frau Annie (Lake Bell) und seine beiden Töchter (Sterling Jerins, Claire Geare) ziehen deshalb zusammen mit ihm aus den USA hierher, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Als Jack eines Tages in der Nähe seines Hotels unterwegs ist, gerät er in eine Demonstration, die schnell außer Kontrolle gerät. Zwar schafft er es zurück in seine Unterkunft, doch es ist klar: dieser Aufstand beginnt gerade erst – und der wütende, bewaffnete Mob nimmt keine Gefangenen. Als die Meute schließlich ins Hotel eindringt, kämpfen die Dwyers ums nackte Überleben. Einzig der ebenfalls anwesende Brite Hammond (Pierce Brosnan) scheint einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch kann er Jacks Familie beschützen?

Hart, äußerst brutal und kein bisschen zimperlich: die Gewaltdarstellung in „No Escape“, die an Berichte von terroristischen Überfällen in Urlaubsländern erinnert, dürfte selbst hartgesottenen Zuschauern auf den Magen schlagen. Es geht den Machern nicht darum, möglichst „coole“ Szenen zu inszenieren, bei denen der Held lässig und mit einem flotten Spruch auf den Lippen Bösewichte killt. Vielmehr drängen sie mit ihrer Unmittelbarkeit ihr Publikum in dieselbe ausweglose Situation, wie sie auch Jack durchleben muss. So bietet die erste Flucht aufs Hoteldach nur eine scheinbare Sicherheit, die mit dem Auftauchen der schießwütigen Rebellen via pedes und Hubschrauber zu verzweifelten Aktionen führt: Um seine Kinder zu retten, wirft Jack sie in seiner Not auf das Hausdach gegenüber. Irrsinn? Unrealistisch? Lächerlich? Wer diesen Film als Familienvater sieht und ernst nimmt, wird an Jacks Entscheidung keine Sekunde lang zweifeln.

Die anschließende Odyssee der Dwyers, bei der sie nur partiell vom harten Hund Hammond begleitet und unterstützt werden, bleibt stets nachvollziehbar und konsequent: einfache Lösungen gibt es nicht, der gewaltsame Tod ist jederzeit möglich. Wie oben bereits angedeutet, ist dies für einen Film des Actiongenres storybezogen ein Geschenk. Sobald beim Zuschauer jedoch Parallelen zu aktuellen Geschehnissen gezogen werden, bekommt der Filmgenuss einen schalen Beigeschmack. Die Filmemacher selbst umgehen direkte Bezüge und entziehen sich damit (un-)gewollt(?) einer Meinungsbildung, wie ihr Film verstanden werden soll: als bloßes Amüsement oder traurige Bestandsaufnahme? Dass beides funktioniert, liegt neben der gelungenen optischen Umsetzung auch an den Darstellern, die trotz holzschnittartiger Charaktere etwas Persönlichkeit aus ihren Figuren herauskitzeln. Ihre Häscher hingegen bleiben eine undefinierte Masse, deren Ziele vage und Handlungen widerwärtig ist. Das spricht nicht unbedingt für den Film, erfüllt aber seinen Zweck, schließlich stehen die Dwyers im Mittelpunkt.

Fazit: Ein klasse inszenierter, atemloser Thriller, der beinahe zu realistisch ist, um „nur“ zu unterhalten.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und original englischer Sprachfassung. Deutsche Untertitel sind zuschaltbar. Als Bonus gibt es einen Audiokommentar der Filmemacher, zwei gelöschte Szenen, vier kurze Featurettes sowie Trailer. „No Escape“ erscheint bei EuroVideo und ist seit 25. Februar 2016 erhältlich. (Packshot + stills: © EuroVideo)

Heimkino-Tipp: „The Program“ (2015)

The Untouchables

Oscar-Preisträger Pepe Danquart veröffentlichte im Jahr 2004 die äußerst mitreißende Kino-Dokumentation „Höllentour“. Diese zeigte Aufnahmen, welche er im Jahr zuvor bei der Tour de France in Begleitung des deutschen Radfahrerteams um Erik Zabel aufgenommen hatte. Selten zuvor wurde der Kraftakt, der den Teilnehmern während einer solchen Tour abverlangt wird, derart schonungslos und hautnah präsentiert. Und selten zuvor litt der Zuschauer derart mit, wenn der amerikanische Konkurrent Lance Armstrong mal wieder vorbeizog und am Ende zum fünften Mal in Folge den Sieg einfuhr.

Zwölf Jahre, diverse Enthüllungen und ein publikumswirksam bei einer US-Talkshow verkündetes Geständnis später wirkt dies alles wie aus einer anderen Zeit. Nicht nur der einstige Publikumsliebling Armstrong, auch die deutschen Radler wurden inzwischen des Dopings überführt und trugen so möglicherweise zur bis heute andauernden Krise des Radsports bei. Beschämend ist dabei vor allem das Ausmaß des Betrugs, das weit verzweigte System im Hintergrund und die Anzahl der Mitwisser, Beteiligten, Schweigenden. Fifa, ick hör‘ dir trapsen!

Stephen Frears („The Queen“, „Philomena“) hat sich diesem Skandal nun als einer der ersten Filmemacher zugewandt und legt mit „The Program – Um jeden Preis“ eine Art Porträt-Dokudrama-Hybrid vor, das Armstrongs Karriere rund um die Toursiege betrachtet und das Doping-Programm, welches er maßgeblich mit konstruiert und am Laufen gehalten hat, in den Fokus rückt. Angefangen von Armstrongs erfolgreichem Kampf gegen den Krebs über seinen unbändigen Willen, der Beste seiner Profession zu sein, bis hin zum Ende seiner Karriere, bei dem ihm sämtliche Titel wieder aberkannt wurden. In der Hauptrolle von Ben Foster („Todeszug nach Yuma“, „The Messenger“) drahtig, agil und glaubhaft gespielt, versucht Drehbuchautor John Hodge („Trainspotting“, „The Beach“), sämtliche Fakten aufzuzählen – und vergisst dabei den Figuren Konturen und Tiefgang zu geben. Sei es Armstrongs Leibarzt Ferrari (Guillaume Canet), Journalist David Walsh (der den Skandal mit seinen Artikeln tatsächlich aufdeckte und die literarische Vorlage für den Film schuf; gespielt von Chris O’Dowd) oder Teamkollege Floyd Landis (Jesse Plemons): sie alle tauchen auf, erhalten ein paar mäßig wichtige Szenen, und verschwinden wieder aus der Geschichte, ohne vermisst zu werden. Sogar der Protagonist selbst wird vernachlässigt und dessen Charakter nicht weiter erkundet. So erfährt der Zuschauer zwar in einem Nebensatz beispielsweise etwas über die „Bekanntschaften“ Armstrongs. Dass er Kinder hat, verheiratet war und sicherlich auch ein Leben abseits des Asphalts führte, wird verschwiegen. Das mag Mittel zum Zweck sein, um Armstrong als Einzelgänger und Egoisten zu inszenieren. Eine Persönlichkeit erhält diese Figur dadurch aber noch lange nicht.

Ähnlich enttäuschend verhält es sich mit dem Blick „hinter die Kulissen“ des Radsports. Die Mechanismen und Kontakte, die nötig waren, um das massenhafte Doping bei fast allen Teams erst zu ermöglichen, werden kaum beleuchtet. Vielmehr wirkt es fast so, als sei Armstrong der alleinige Urheber und Strippenzieher, was angesichts der heute bekannten Fakten wenig glaubhaft erscheint.

So wirkt „The Program“ trotz der Prominenz und der Profis vor und hinter der Kamera wie ein Schnellschuss, der zügig gedreht werden musste, bevor konkurrierende Filmemacher sich des Themas annehmen. Episodenhaft, distanziert und emotionslos inszeniert, vermittelt das Drama nur ansatzweise die Beweggründe der Beteiligten sowie den Umfang eines Betrugs, der den Blick von Fans auf den Sport generell und die Tour des France im Speziellen für immer verändert hat.

Der Film erscheint auf DVD/Blu-ray in deutsch synchronisierter Sprachfassung sowie in englischer Originalversion. Untertitel in deutsch und in englisch für Hörgeschädigte sind vorhanden. Als Extras gibt es vier Featurettes, Interviews sowie Trailer. „The Program – Um jeden Preis“ erscheint bei Studiocanal ist seit 18. Februar 2016 erhältlich. (Packshot + stills: © Studiocanal)

P.S.: Weil es so vielsagend ist: Hier noch das großartige Teaser-Plakat, welches zum Kinostart veröffentlicht wurde. (© Studiocanal)

Heimkino-Tipp: „Still The Water“ (2014) + Gewinnspiel

To live and let die

Der Beginn hat es in sich: Noch ehe dem Zuschauer wirklich klar werden kann, was zu sehen ist, hat der alte Mann den Schnitt an der Kehle des Tieres vollzogen. Und doch hat dieser blutige Akt der Schlachtung einer Ziege etwas Poetisches an sich. Er wird sich im Laufe des Filmes wiederholen, ebenso intensiv, ebenso verstörend, ebenso poetisch.

„Still The Water“ von Naomi Kawase (aktuell mit „Kirschblüten und rote Bohnen“ im Kino) beschäftigt sich mit Leben und Tod, dem Werden und der Vergänglichkeit, und mit der zarten Liebe zweier Teenager, die langsam ihre Gefühle füreinander entdecken. Das ist viel für einen ‚kleinen‘ Film, der diese Herausforderung allerdings zu meistern weiß.

Der introvertierte Kaito (Nijirô Murakami) wächst bei seiner Mutter auf einer kleinen japanischen Fischerinsel auf und hat arg damit zu kämpfen, dass ihr Bett selten leer ist. Sein Vater, den er ab und an besucht, lebt in Tokio, das in seiner Hektik, seiner Lichterflut und seiner Anonymität das genaue Gegenteil von Kaitos Heimatort ist. Er selbst hat aber auch ein Gegenstück in seiner Umgebung: die hübsche Kyôko (Jun Yoshinaga), Mitschülerin, Vertraute, Freundin. Und vielleicht sogar mehr? Während Kaito defensiv bleibt, spricht Kyôko offen über ihre Gefühle und Gedanken und findet in ihrem Quasi-Boyfriend einen stillen Zuhörer, beim Schwimmen im Meer, Fahrrad fahren, füreinander Dasein.

Abseits ihrer gemeinsamen Unternehmungen müssen sich beide jedoch noch einer unschönen Realität stellen: Kyôkos todkranke Mutter liegt im Sterben, während Kaitos Mama sich lieber mit ihren Liebhabern abgibt, statt ihrem Sohn ein Kompass zu sein an der Schwelle zum Erwachsenwerden.

Eingefangen in ruhigen Bildern, die die Naturverbundenheit der Inselbewohner unterstreicht, entfaltet „Still The Water“ einen zarten Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Themen wie Sterblichkeit, Lebensfreude, Liebe, Zuneigung und Traditionen in einer modernen Welt werden indirekt angesprochen, das Nachdenken darüber überlässt Autorin/Regisseurin Kawase jedoch ihren Zuschauern, während (Achtung: Symbolik!) das Meer sanft rauscht und der Wind durch jahrhundertealte Bäume weht. Das hat zweifellos einen leicht esoterischen Touch, der aber erfreulicherweise nie die Oberhand gewinnt, denn im Mittelpunkt der Geschichte bleiben stets Kaito und Kyôko. Die werden von zwei wunderbaren Jungdarstellern präsentiert, deren natürliches, unverkrampftes Spiel sehr beeindruckt.

Kawase ist mit „Still The Water“ ein ungemein schöner, ruhiger und gleichsam anspruchsvoller Film über die großen Fragen des Lebens – und den Tod – gelungen.

Aufgepasst, aufgepasst! Zum Heimkinostart liegt eine DVD des Films zur Verlosung bereit. Der/Die erste Mailschreiber/in gewinnt! Einfach eine Nachricht an cinecsaba@gmx.net senden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, der Gewinner wird via Mail benachrichtigt. Viel Glück!

Der Film erscheint zunächst nur auf DVD. Diese bietet den Film lediglich in der japanischen Originalsprachfassung mit optionalen deutschen und englischen Untertiteln. Als Bonus sind Trailer beigefügt. „Still The Water“ erscheint bei filmkinotext/good!movies/SchwarzWeiss Filmverleih und ist seit 29. Januar 2016 erhältlich. (Packshot: filmkinotext)