Colorado Burning
Vor allem die 1980er- und frühen 1990er-Jahre waren reich an amerikanischen Actionthrillern, in denen einsam agierende, geschiedene Cops Bösewichte jagen und dabei so ziemlich jede Regel brechen, die es im Polizeidienst zu beachten gilt (u.a. „Die City-Cobra“, „Murphys Gesetz“, „Last Boy Scout“). Im Hollywood der Reagan-Ära waren ‚law and order‘-Typen, die sich eben nicht an Gesetze hielten und ihre Ermittlungen gerne mit Gewalt durchsetzten, die perfekte Prämisse für ordentlich Geballer auf der Leinwand. „Dead Bang“ von John Frankenheimer („French Connection 2“, „Ronin“) ist auf den ersten Blick sicherlich auch diesen Produktionen zuzuordnen. Doch hat der Streifen mehr zu bieten.
Der alkoholkranke, geschiedene L.A.-Ermittler Jerry Beck (Don Johnson) wird am Weihnachtsabend auf den Fall eines Doppelmordes angesetzt: Ein kleiner Laden wurde ausgeraubt, dessen Besitzer erschossen, und kurz darauf ist auch ein Streifenpolizist tot, der den Tatverdächtigen zufällig angetroffen hatte. Bei seinen Recherchen stößt Beck auf eine ganze Reihe von tödlich verlaufenden Überfällen in mehreren Bundesstaaten, die allesamt einem ähnlichen Muster folgen. Trotz einiger bürokratischer Hindernisse, die Beck zunehmend in den Weg gestellt werden, kommt er einer vernetzten Organisation von Rassisten auf die Spur, die offenbar sehr viel Größeres und Weitreichenderes planen, als es selbst das hinzugezogene FBI bisher vermutet.
Anders als der ein Jahr zuvor entstandene und mehrfach Oscar-nominierte (und für die ‚Beste Kamera‘ sogar ausgezeichnete) „Mississippi Burning“, der sich – in anderem zeitlichen Kontext – ebenfalls mit polizeilichen Ermittlungen in einem von Rassenhass geprägten Land beschäftigt, legt „Dead Bang“ den Fokus zunächst sehr viel näher auf den Protagonisten und dessen persönliche Konflikte. Zwar gibt es im gesamten Verlauf immer wieder wohldosierte – und bezogen auf die Stunts beeindruckende – Actionszenen, jedoch entfaltet sich die Story an sich angenehm ruhig. Zudem bleiben einzelne Charaktere lange undurchsichtig, was die Spannungskurve konstant hochhält. Dass „Dead Bang“ mehr sein will, als bloße Unterhaltung, schimmert immer dann durch, wenn sich das Skript von Robert Forster und (dem realen) Jerry Beck den Rechtsextremen widmet, die ihren Schwachsinn sogar religiös zu untermauern versuchen. Leider kratzt „Dead Bang“ jedoch nur an der Oberfläche, sodass die Nazi-Spackos im weiteren Verlauf mehr und mehr zu austauschbaren Bösewichtern werden – und der Film dann doch etwas Potenzial verschenkt.
Darstellerisch gibt’s hingegen nichts zu mäkeln: Don Johnson gelingt es, trotz ähnlichem ‚Berufs‘, seine Figur nicht zur bloßen Kopie von Sonny Crockett zu machen (sein Charakter, den er von 1984 bis 1989 in der Serie „Miami Vice“ verkörperte), Penelope Ann Miller bezaubert in einer kleinen, aber interessanten Nebenrolle, und William Forsythe ist entgegen seiner sonstigen Rollen als (guter?) FBI-Mann besetzt, was seinen Handlungen eine wunderbare Ambivalenz verleiht.
„Dead Bang“ ist ein gelungener, ‚altmodischer‘ Thriller, der zwar ein paar seiner Ansätze ungenutzt lässt, jedoch mehr bietet, als tumbe Ballerei von zeitgleich entstandenen Genre-Vertretern.
P.S.: Das Szenenbild entwarf der legendäre Ken Adams, der für seine wegweisenden Arbeiten u.a. in den James-Bond-Filmen sowie Kubricks „Dr. Strangelove“ und „Barry Lyndon“ bekannt wurde.
Das Mediabook enthält den Film als Blu-ray- und DVD-Version in englischer Original- und deutsch synchronisierter Sprachfassung. Untertitel sind auf deutsch und englisch optional verfügbar. „Dead Bang – Kurzer Prozess“ erscheint bei Plaion Pictures und ist seit 23. Oktober 2025 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Plaion Pictures GmbH)
Liebe Filmfreunde!
Ein halbes Dutzend Kinoneustarts wöchentlich und unzählige Heimkino-Veröffentlichungen machen es heutzutage nicht leicht, „cineastische Perlen“ zu entdecken. Ob Rezensionen da helfen? Ich weiß es nicht, trotzdem will ich hier meinen Senf zum Thema Film & Kino dazugeben, möchte es wagen Neues zu loben, Klassiker zu verdammen, Aktuelles zu verteufeln, Altes zu empfehlen.
Und wer weiß: Vielleicht entdecken Sie so Ihren neuen Lieblingsfilm?
Heimkino-Tipp: „Ballerina“ (2025)
Girl on Fire
Als 2014 „John Wick“ erstmals über die Kinoleinwände rannte und dabei unzählige Bösewichte zerpflügte, kicherte ich noch über die lächerliche Prämisse, dass ein Mann aufgrund des Todes seines kleinen Hundes derart Amok läuft. Doch da die Geschichte ohnehin nur als Vorwand für großartig inszenierte Konfrontationen diente, um Genre-Fans zu begeistern, war dieses Manko schnell vergessen. Zumal auch die drei Fortsetzungen die Ernsthaftigkeit und – zumindest teilweise – beeindruckende Gestaltung der Actionsequenzen fortführten. Inhaltlich war da zwar spätestens nach Teil zwo nix mehr zu holen, aber der Erfolg ließ nicht nach und bereitete so die Bühne für einen Serienableger („The Continental“, u.a. mit Mel Gibson) und nun „Ballerina“, eine Art halb-Prequel, das eine weitere Killerin in den Mittelpunkt stellt, die im John-Wick-Universum ihrem blutigen Handwerk nachgeht.
Verkörpert wird diese Ein-Frau-Armee von Ana de Armas, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich sowohl im Programmkino- („Blond“, „Eden“) als auch Blockbuster-Bereich („Blade Runner 2049“, „Knives Out“, „James Bond: Keine Zeit zu sterben“) an die Spitze von Hollywood gespielt hat und zu Recht als eines der momentan größten Talente gilt.
Eve (de Armas) wächst nach der Ermordung ihres Vaters unter der Obhut der Verbrecherorganisation ‚Ruska Roma‘ auf, wo sie zu einer Killerin ausgebildet wird. Obwohl es ihr untersagt wird, nutzt sie ihre dort erlernten Fähigkeiten später dafür, die Mörder ihres Papas zu jagen, die scheinbar im Auftrag eines konkurrierenden Syndikats und dessen Boss (Gabriel Byrne) handelten. Dass dieser Alleingang ihrer Chefin (Anjelica Huston) einen ungewollten Bandenkrieg beschert, juckt Eve zunächst wenig – bis ihr selbst ein Kollege auf den Hals gehetzt wird: John Wick (Keanu Reeves).
Glaubt mensch den diversen Berichten zu den Dreharbeiten, war die Geburt von „Ballerina“ keine einfache: Die von Regisseur Len Wiseman („Stirb langsam 4.0“) eingereichte Schnittfassung fand zunächst keinen guten Anklang, sodass Chad Stahelski, Regisseur und Produzent der vorherigen vier „John Wick“-Filme mit Reeves in der Hauptrolle, einen Großteil der Actionszenen noch einmal selbst nachdrehte und der Film schließlich erst ein Jahr später als ursprünglich geplant fertiggestellt wurde.
Das Ergebnis: „Ballerina“ fügt sich qualitativ nahtlos in die etablierte Filmreihe ein, präsentiert eine charismatische Hauptdarstellerin, eine blattdünne Story, eine coole Optik – und viel viel Action. Im Gegensatz zu „John Wick 4“ diesmal auch wieder ideenreicher was die Locations und vor allem die ‚Hilfsmittel‘ angeht, die die miteinander Kämpfenden nutzen. Höhepunkt: ein Duell, bei dem nicht mit Pistolen, Gewehren, Schwertern oder Messern aufeinander losgegangen wird, sondern mit Flammenwerfern! Trotz des Wissens um digitale Hilfsmittel, die in der heutigen Zeit inzwischen Standard sind, ist dieser Kampf unübersehbar hauptsächlich mit Stuntleuten realisiert worden und nichts weniger als spektakulär.
Ohne „Ballerina“ nur darauf reduzieren zu wollen: Wenn es – neben der Umbesetzung des Hauptcharakters von Mann zu Frau – einen Grund gibt, diesen Film zu schauen, dann ist es dieses Finale. Alles drumherum ist „John Wick“ as usual, von hoher Qualität und unterhaltsam, aber inhaltlich substanzlos. Doch genau das ist es, was die Filmreihe zwar schlicht, aber doch so reizvoll macht: Die Konzentration auf (größtenteils) handgemachte Action, tolle Stunts und einem angenehmen ‚old school‘-Gefühl bei den Zuschauern, die mit übertriebenen, wenig glaubhaften Actionproduktionen wie „Fast & Furious“ oder zuletzt „The Gray Man“ nicht viel anfangen können.
Die 4K UHD/Blu-ray/DVD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional verfügbar. Als Bonus gibt es diverse Minidokus zu verschiedenen Aspekten der Produktion, gelöschte Szenen und Trailer. „Ballerina: From the World of John Wick“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 26. September 2025 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)
Als 2014 „John Wick“ erstmals über die Kinoleinwände rannte und dabei unzählige Bösewichte zerpflügte, kicherte ich noch über die lächerliche Prämisse, dass ein Mann aufgrund des Todes seines kleinen Hundes derart Amok läuft. Doch da die Geschichte ohnehin nur als Vorwand für großartig inszenierte Konfrontationen diente, um Genre-Fans zu begeistern, war dieses Manko schnell vergessen. Zumal auch die drei Fortsetzungen die Ernsthaftigkeit und – zumindest teilweise – beeindruckende Gestaltung der Actionsequenzen fortführten. Inhaltlich war da zwar spätestens nach Teil zwo nix mehr zu holen, aber der Erfolg ließ nicht nach und bereitete so die Bühne für einen Serienableger („The Continental“, u.a. mit Mel Gibson) und nun „Ballerina“, eine Art halb-Prequel, das eine weitere Killerin in den Mittelpunkt stellt, die im John-Wick-Universum ihrem blutigen Handwerk nachgeht.
Verkörpert wird diese Ein-Frau-Armee von Ana de Armas, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich sowohl im Programmkino- („Blond“, „Eden“) als auch Blockbuster-Bereich („Blade Runner 2049“, „Knives Out“, „James Bond: Keine Zeit zu sterben“) an die Spitze von Hollywood gespielt hat und zu Recht als eines der momentan größten Talente gilt.
Eve (de Armas) wächst nach der Ermordung ihres Vaters unter der Obhut der Verbrecherorganisation ‚Ruska Roma‘ auf, wo sie zu einer Killerin ausgebildet wird. Obwohl es ihr untersagt wird, nutzt sie ihre dort erlernten Fähigkeiten später dafür, die Mörder ihres Papas zu jagen, die scheinbar im Auftrag eines konkurrierenden Syndikats und dessen Boss (Gabriel Byrne) handelten. Dass dieser Alleingang ihrer Chefin (Anjelica Huston) einen ungewollten Bandenkrieg beschert, juckt Eve zunächst wenig – bis ihr selbst ein Kollege auf den Hals gehetzt wird: John Wick (Keanu Reeves).
Glaubt mensch den diversen Berichten zu den Dreharbeiten, war die Geburt von „Ballerina“ keine einfache: Die von Regisseur Len Wiseman („Stirb langsam 4.0“) eingereichte Schnittfassung fand zunächst keinen guten Anklang, sodass Chad Stahelski, Regisseur und Produzent der vorherigen vier „John Wick“-Filme mit Reeves in der Hauptrolle, einen Großteil der Actionszenen noch einmal selbst nachdrehte und der Film schließlich erst ein Jahr später als ursprünglich geplant fertiggestellt wurde.
Das Ergebnis: „Ballerina“ fügt sich qualitativ nahtlos in die etablierte Filmreihe ein, präsentiert eine charismatische Hauptdarstellerin, eine blattdünne Story, eine coole Optik – und viel viel Action. Im Gegensatz zu „John Wick 4“ diesmal auch wieder ideenreicher was die Locations und vor allem die ‚Hilfsmittel‘ angeht, die die miteinander Kämpfenden nutzen. Höhepunkt: ein Duell, bei dem nicht mit Pistolen, Gewehren, Schwertern oder Messern aufeinander losgegangen wird, sondern mit Flammenwerfern! Trotz des Wissens um digitale Hilfsmittel, die in der heutigen Zeit inzwischen Standard sind, ist dieser Kampf unübersehbar hauptsächlich mit Stuntleuten realisiert worden und nichts weniger als spektakulär.
Ohne „Ballerina“ nur darauf reduzieren zu wollen: Wenn es – neben der Umbesetzung des Hauptcharakters von Mann zu Frau – einen Grund gibt, diesen Film zu schauen, dann ist es dieses Finale. Alles drumherum ist „John Wick“ as usual, von hoher Qualität und unterhaltsam, aber inhaltlich substanzlos. Doch genau das ist es, was die Filmreihe zwar schlicht, aber doch so reizvoll macht: Die Konzentration auf (größtenteils) handgemachte Action, tolle Stunts und einem angenehmen ‚old school‘-Gefühl bei den Zuschauern, die mit übertriebenen, wenig glaubhaften Actionproduktionen wie „Fast & Furious“ oder zuletzt „The Gray Man“ nicht viel anfangen können.
Die 4K UHD/Blu-ray/DVD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional verfügbar. Als Bonus gibt es diverse Minidokus zu verschiedenen Aspekten der Produktion, gelöschte Szenen und Trailer. „Ballerina: From the World of John Wick“ erscheint bei Leonine Studios und ist seit 26. September 2025 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)
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