Monsters at sea
Eine Zeitlang sah es so aus, als sollte der australische Schauspieler Jai Courtney als neuer Actionstar in Hollywood aufgebaut werden. Erst mimte er Tom Cruises Gegenspieler in „Jack Reacher“ (2012), ein Jahr später durfte er sich an der Seite von Bruce ‚McClane‘ Willis als dessen Sohn im fünften Teil der „Stirb langsam“-Reihe durch Russland ballern, und 2015 gar die Kultfigur Kyle Reese im „Terminator“-Franchise („Terminator: Geneshit Genisys“) mit Arnold Schwarzenegger zu neuem Leben erwecken. Das Problem: Mr. Courtney verfügt [Achtung: subjektive Meinung!] über null Charisma, wenig darstellerische Finesse und agiert steif wie ein Fanboy, der erstmalig seine Idole trifft – blöderweise während er mit ihnen vor einer Kamera steht.
Doch nun die Überraschung: Ähnlich einem Quentin Tarantino, der allein mit seinem kongenialen Besetzungstalent ungeahnte Leistungen aus Stars rauskitzeln kann, die mensch vorher nicht für möglich gehalten hätte (siehe Til Schweiger in „Inglourious Basterds“, 2009), legt Courtney in „Dangerous Animals“ eine Performance hin, die ihn (scheinbar) auf den Leib geschrieben wurde – selten war ein Antagonist so böse, so unerbittlich und so angsteinflößend wie der von ihm verkörperte Bruce Tucker. Ja, er heißt tatsächlich ‚Bruce‘. Kenner des unerreichten Klassikers „Der weiße Hai“ (1975) werden diese Anspielung zu deuten wissen. Und sie ist wahrlich nicht unpassend für diesen garstigen Kerl.
An der Surf-Küste Australiens bietet der Einzelgänger Bootstouren für Touristen an, die freilebende Haie einmal aus nächster Nähe erleben wollen. Auf seinem Kutter können sie mit Taucherausrüstung einen Eisenkäfig besteigen, den er anschließend zu Wasser lässt, während er die hungrigen Fressmaschinen mit Fleischresten anlockt. Zwar kommen seine Gäste auch stets wieder aus dem Wasser raus – nur vom Boot nicht mehr runter. Denn Tucker sperrt sie lieber unter Deck ein, um sie später in aller Ruhe mitten auf dem Ozean als Beute über Bord zu hieven – und dabei gleichzeitig alles für sein eigenes Amüsement zu filmen.
Sein neuestes Opfer jedoch, die toughe Zephyr (Hassie Harrison), will sich ihrem Schicksal nicht kampflos übergeben und bietet ihrem irren Kidnapper mutig die Stirn. Der wiederum fühlt sich davon erst recht herausgefordert.
Keine Frage, „Dangerous Animals“ ist nicht dafür gemacht, psychologische Erklärungen für das völlig moralfreie Agieren des Bösewichts zu finden. Es ist ein geradliniger Thriller, der allerdings sehr viel mehr bietet als Blutorgien und ein simples Täter-jagt-junge-Frauen-Schema. Neben der gelungenen handwerklichen Umsetzung ist dies einem guten Skript zu verdanken, das u.a. die weibliche Protagonistin nicht nur als bloßes Opfer dastehen lässt, sondern als Kämpferin mit hoher Leidensfähigkeit.
Das große Verkaufsargument jedoch ist ihr Gegenspieler, der mit Courtney eine derartige Präsenz hat, dass es einen erschaudern lässt. Im Gegensatz zu früheren Rollen wirkt er hier befreit, locker und mit jeder Pore in seiner Rolle aufgehend, was nicht nur seine eigenwillige, aber erinnerungswürdige Tanzszene beweist. Zudem bietet Regisseur Sean Byrne seinem Publikum gefühlt ein Dutzend Showdowns, die stetig mitfiebern (und mitleiden) lassen.
„Dangerous Animals“ ist irre spannend, nicht zimperlich in seinen blutigen Szenen und dank des omnipräsenten Bösewichts über Wasser teilweise pures old school ‚Terrorkino‘. Von den Killern unter der Wasseroberfläche ganz zu schweigen. Top!
Die Blu-ray/DVD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind optional vorhanden. Als Bonus gibt es ein Mini-Making of und Trailer. „Dangerous Animals“ erscheint bei Constantin Film/Leonine Studios und ist seit 5. Dezember 2025 erhältlich. (Packshot + stills: © Constantin Film / Leonine Studios)





