Heimkino-Tipp: „Warfare“ (2025)

No Way Out

Der Brite Alex Garland scheint ein Händchen dafür zu haben, aktuelle Themen stets ein wenig im Voraus erahnen zu können, um dann pünktlich inmitten gesellschaftlicher Diskussionen darüber seine Werke quasi als Argumentationshilfe beisteuern zu können. So geschehen bei „Ex-Machina“ (2014, zum Thema KI), „Men“ (2022, männliches Dominanzdenken) oder zuletzt „Civil War“ (2024) über einen Bürgerkrieg in den USA, ausgelöst von einem Präsidenten, der seine Amtszeit eigenwillig verlängert.

Bei „Warfare“ nun verhält es sich ein wenig anders: Der Film greift ein Ereignis aus dem Jahre 2006 auf, bei dem U.S. Navy SEALS, eine militärische Spezialeinheit der US-Streitkräfte, in einen erbitterten Häuserkampf im Irak verwickelt wurden und nur unter Verlusten teilweise gerettet werden konnten. In Echtzeit erzählt, verweilt die Handlung/Kamera komplett an der Seite der westlichen Soldaten, während ihre Gegner lediglich aus der Entfernung gezeigt werden.

Unabhängig von der Qualität der filmischen Umsetzung bewegen sich solche Werke oftmals auf dem schmalen Grat zwischen Kriegsverherrlichung und dumpfem Patriotismus einerseits und schmerzhafter Abrechnung mit Waffengewalt und Entmenschlichung andererseits. „Warfare“ ist da keine Ausnahme und kann je nach ,Gesinnung’ seines Publikums auf beide Arten gelesen werden: Als Loblied auf Kameradschaft und gegenseitige Unterstützung in lebensgefährlichen Situationen oder als flammender Appell gegen die Überheblichkeit amerikanischer Besatzer, die für ihre Taten bestraft werden. Ganz gleich jedoch, für welche Interpretation mensch sich entscheidet: So nah an der Kriegsrealität waren bisher nur wenige Filme.

Die Truppe um den befehlshabenden Erik (Will Poulter) dringt nachts in ein Wohnhaus zweier irakischer Familien ein und besetzt dieses mit dem Auftrag, Gebäude der Umgebung zu observieren und mögliche Al-Qaida-Kämpfer zu identifizieren. Ihre Anwesenheit bleibt jedoch nicht unbemerkt und schon bald darauf wird das Haus angegriffen. Eine Flucht scheint unmöglich, eine Rettung von Außen ebenso. Während sich die Kämpfe intensivieren, versuchen die Soldaten einen kühlen Kopf zu bewahren – und schlicht zu überleben.

Psychologischer Druck, schmerzhafte Verletzungen, konstanter Gefechtslärm und Schreie, die bis ins Mark gehen: „Warfare“ katapultiert sein Publikum inmitten eines Albtraums. Routinierte Handgriffe der Soldaten geraten aus dem Tritt, die anfängliche Langeweile während der Observierung weicht beständiger Angst, in der nächsten Sekunde zu sterben. Was im Horror- oder Thrillergenre perfekte Zutaten für ein gelungenes Filmerlebnis wären, erweist sich beim quasi-dokumentarischen „Warfare“ als Geschmäckle – denn was hier präsentiert wird, geschieht mit hoher Wahrscheinlichkeit genau in diesem Moment (nicht nur) an den Außengrenzen Europas. Dass der Film zudem die zivile Bevölkerung nur in wenigen Szenen integriert und sich komplett auf das Schicksal der Soldaten fokussiert, hilft ebenso wenig dabei, das klare Anliegen dieses Streifens zu deuten. Denn letztendlich sind die Amerikaner die Besatzer eines fremden Landes, wählen sich gewaltsam ein Mehrfamilienhaus als Operationszentrale aus und nehmen die Gefahr für die irakischen Zivilisten ohne weiteres in Kauf. Dass von deren Besitz und Unterkunft nach 90 Minuten nichts mehr übrig ist, spielt keine Rolle.

Nun halte ich Regisseur Garland für zu intelligent, um lediglich eine Lobhudelei für die Navy SEALS präsentieren zu wollen. Tatsächlich gelingt es durch den begrenzten Handlungsort und das beeindruckende Sounddesign, die Hölle Krieg fühlbar zu machen. Doch wozu? Nichts, was „Warfare“ als Aussage zurücklässt, ist neu. Nichts, was die Kämpfer auf beiden Seiten des Schlachtfelds tun, erweckt Mitgefühl oder Bewunderung. „Das erste Opfer des Krieges ist die Unschuld.“, lautete schon 1986 die Tagline des vierfach mit dem Oscar ausgezeichneten Vietnam-Kriegsfilms „Platoon“. Dem hat auch Garland (und Co-Regisseur Ray Mendoza, auf dessen Erinnerungen der Film basiert) nichts hinzuzufügen. „Das zweite Opfer des Krieges sind die Zivilisten.“, wäre meine Ergänzung. Doch das ist in „Warfare“ nicht von Belang.

So bleibt ein Film zurück, der gleichsam Mutmacher wie Kritiker sein will (oder soll?), technisch herausragend daherkommt und doch keinerlei neue Erkenntnis bringt. Aber das trifft ja auch auf jeden neuen bewaffneten Konflikt zu, den die Bestie Mensch von Zaun bricht.

Die DVD/Blu-ray/4K Ultra HD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es eine kurze Werbe-Featurette und Trailer. „Warfare“ erscheint bei Leonine und ist seit 1. August 2025 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)