Blutroter Sirup
Gewöhnlich ist ein Clown im Zirkus anzutreffen, wo er mit Slapstick-Einlagen vor allem junges Publikum zum Lachen bringen soll. Nach den erfolgreichen Horrorfilm-Auftritten von Pennywise („Es“, 1990, 2017, 2019) und Art („Terrifier“, seit 2016) sind die Maskenmänner inzwischen jedoch auch immer häufiger außerhalb ihrer gewohnten Zelt-Umgebung unterwegs und scheinen dabei eine Vorliebe für die blutige Menschenjagd entwickelt zu haben. Nun also in einem Kornfeld.
Dass ein Film mit einer solchen Prämisse, noch dazu mit einem Titel wie diesem, der wenig Raum für Zwischentöne lässt, nicht dazu bestimmt ist, neue Anhänger für ein bereits (scheinbar) totgerittenes Genre zu gewinnen, sollte wenig überraschen. Vielmehr stehen Regisseure von Horrorfilmen, die das ‚Slasher‘-Motiv aufgreifen, vor der Herausforderung, Fans Altes in neuem Gewand unterhaltsam zu präsentieren – und zwar nicht nur in Bezug auf Brutalität.
„Clown in a Cornfield“ von Eli Craig („Tucker & Dale vs Evil“, 2010) gelingt dies zumindest ansatzweise und besser weil temporeicher als zuletzt seinem Namensvetter Eli Roth mit „Thanksgiving“ (2023, Rezi HIER). Craig hält die Exposition seiner Protagonistin Quinn (Katie Douglas) und ihres Umfelds (u.a. Aaron Abrams, Carson MacCormac, Kevin Durand) kurz, etabliert das Setting ausreichend (Neuanfang in Kleinstadt mit traditionsliebenden Einwohnern) und lässt dann den fiesen Clown von der Kette – oder zumindest erweckt er den Anschein. Denn Quinns neue Schulfreunde sind zunächst selbst die Strippenzieher hinter einigen Schreckmomenten, mit denen sie ‚die Neue‘ begrüßen und ihren YouTube-Kanal füllen. Aber wer ist dann der zweite Clown, den Quinn beim Anschauen des gelungenen Videos im Hintergrund stehen sieht?
Es ist nun genau diese Doppeldeutigkeit, aus der „Clown in a Cornfield“ seinen Spaß/seine Spannung zieht: Ist es nur wieder ein Prank oder doch der echte Killer, der da gerade angerannt kommt? Mit diesem Unwissen auch für die ZuschauerInnen schafft es Craig, seinem Film eben jenen neuen Twist zu geben, um aus bekannten Szenen in wahrsten Sinne frisches Blut zu zapfen.
Apropos: Mag es auch blutig hergehen, übertrieben explizit wird es erfreulicherweise nicht. Gleichzeitig macht sich der Film einen Spaß daraus, Generationen-typische Sprache und Macken in schönen kleinen Momenten aufeinander prallen zu lassen, dabei aber keine Seite der Lächerlichkeit preiszugeben. Schön zu sehen, dass es eben auch ohne dümmlich daherredende Dumpfbacken funktioniert, einen zwar nicht anspruchsvollen, aber keinesfalls dämlichen Slasher-Film zu machen.
Die Blu-ray/DVD-Disc bietet den Film in deutscher Synchron- und englischer Originalsprachfassung. Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte sind optional vorhanden. Als Extras gibt es Trailer. „Clown in a Cornfield“ ist seit 22. August 2025 auch digital bei Constantin Film im Vertrieb von Highlight/Universal erhältlich. (Packshot + stills: © Constantin Film)
Liebe Filmfreunde!
Ein halbes Dutzend Kinoneustarts wöchentlich und unzählige Heimkino-Veröffentlichungen machen es heutzutage nicht leicht, „cineastische Perlen“ zu entdecken. Ob Rezensionen da helfen? Ich weiß es nicht, trotzdem will ich hier meinen Senf zum Thema Film & Kino dazugeben, möchte es wagen Neues zu loben, Klassiker zu verdammen, Aktuelles zu verteufeln, Altes zu empfehlen.
Und wer weiß: Vielleicht entdecken Sie so Ihren neuen Lieblingsfilm?
Heimkino-Tipp: „Warfare“ (2025)
No Way Out
Der Brite Alex Garland scheint ein Händchen dafür zu haben, aktuelle Themen stets ein wenig im Voraus erahnen zu können, um dann pünktlich inmitten gesellschaftlicher Diskussionen darüber seine Werke quasi als Argumentationshilfe beisteuern zu können. So geschehen bei „Ex-Machina“ (2014, zum Thema KI), „Men“ (2022, männliches Dominanzdenken) oder zuletzt „Civil War“ (2024) über einen Bürgerkrieg in den USA, ausgelöst von einem Präsidenten, der seine Amtszeit eigenwillig verlängert.
Bei „Warfare“ nun verhält es sich ein wenig anders: Der Film greift ein Ereignis aus dem Jahre 2006 auf, bei dem U.S. Navy SEALS, eine militärische Spezialeinheit der US-Streitkräfte, in einen erbitterten Häuserkampf im Irak verwickelt wurden und nur unter Verlusten teilweise gerettet werden konnten. In Echtzeit erzählt, verweilt die Handlung/Kamera komplett an der Seite der westlichen Soldaten, während ihre Gegner lediglich aus der Entfernung gezeigt werden.
Unabhängig von der Qualität der filmischen Umsetzung bewegen sich solche Werke oftmals auf dem schmalen Grat zwischen Kriegsverherrlichung und dumpfem Patriotismus einerseits und schmerzhafter Abrechnung mit Waffengewalt und Entmenschlichung andererseits. „Warfare“ ist da keine Ausnahme und kann je nach ,Gesinnung’ seines Publikums auf beide Arten gelesen werden: Als Loblied auf Kameradschaft und gegenseitige Unterstützung in lebensgefährlichen Situationen oder als flammender Appell gegen die Überheblichkeit amerikanischer Besatzer, die für ihre Taten bestraft werden. Ganz gleich jedoch, für welche Interpretation mensch sich entscheidet: So nah an der Kriegsrealität waren bisher nur wenige Filme.
Die Truppe um den befehlshabenden Erik (Will Poulter) dringt nachts in ein Wohnhaus zweier irakischer Familien ein und besetzt dieses mit dem Auftrag, Gebäude der Umgebung zu observieren und mögliche Al-Qaida-Kämpfer zu identifizieren. Ihre Anwesenheit bleibt jedoch nicht unbemerkt und schon bald darauf wird das Haus angegriffen. Eine Flucht scheint unmöglich, eine Rettung von Außen ebenso. Während sich die Kämpfe intensivieren, versuchen die Soldaten einen kühlen Kopf zu bewahren – und schlicht zu überleben.
Psychologischer Druck, schmerzhafte Verletzungen, konstanter Gefechtslärm und Schreie, die bis ins Mark gehen: „Warfare“ katapultiert sein Publikum inmitten eines Albtraums. Routinierte Handgriffe der Soldaten geraten aus dem Tritt, die anfängliche Langeweile während der Observierung weicht beständiger Angst, in der nächsten Sekunde zu sterben. Was im Horror- oder Thrillergenre perfekte Zutaten für ein gelungenes Filmerlebnis wären, erweist sich beim quasi-dokumentarischen „Warfare“ als Geschmäckle – denn was hier präsentiert wird, geschieht mit hoher Wahrscheinlichkeit genau in diesem Moment (nicht nur) an den Außengrenzen Europas. Dass der Film zudem die zivile Bevölkerung nur in wenigen Szenen integriert und sich komplett auf das Schicksal der Soldaten fokussiert, hilft ebenso wenig dabei, das klare Anliegen dieses Streifens zu deuten. Denn letztendlich sind die Amerikaner die Besatzer eines fremden Landes, wählen sich gewaltsam ein Mehrfamilienhaus als Operationszentrale aus und nehmen die Gefahr für die irakischen Zivilisten ohne weiteres in Kauf. Dass von deren Besitz und Unterkunft nach 90 Minuten nichts mehr übrig ist, spielt keine Rolle.
Nun halte ich Regisseur Garland für zu intelligent, um lediglich eine Lobhudelei für die Navy SEALS präsentieren zu wollen. Tatsächlich gelingt es durch den begrenzten Handlungsort und das beeindruckende Sounddesign, die Hölle Krieg fühlbar zu machen. Doch wozu? Nichts, was „Warfare“ als Aussage zurücklässt, ist neu. Nichts, was die Kämpfer auf beiden Seiten des Schlachtfelds tun, erweckt Mitgefühl oder Bewunderung. „Das erste Opfer des Krieges ist die Unschuld.“, lautete schon 1986 die Tagline des vierfach mit dem Oscar ausgezeichneten Vietnam-Kriegsfilms „Platoon“. Dem hat auch Garland (und Co-Regisseur Ray Mendoza, auf dessen Erinnerungen der Film basiert) nichts hinzuzufügen. „Das zweite Opfer des Krieges sind die Zivilisten.“, wäre meine Ergänzung. Doch das ist in „Warfare“ nicht von Belang.
So bleibt ein Film zurück, der gleichsam Mutmacher wie Kritiker sein will (oder soll?), technisch herausragend daherkommt und doch keinerlei neue Erkenntnis bringt. Aber das trifft ja auch auf jeden neuen bewaffneten Konflikt zu, den die Bestie Mensch von Zaun bricht.
Die DVD/Blu-ray/4K Ultra HD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es eine kurze Werbe-Featurette und Trailer. „Warfare“ erscheint bei Leonine und ist seit 1. August 2025 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)
Der Brite Alex Garland scheint ein Händchen dafür zu haben, aktuelle Themen stets ein wenig im Voraus erahnen zu können, um dann pünktlich inmitten gesellschaftlicher Diskussionen darüber seine Werke quasi als Argumentationshilfe beisteuern zu können. So geschehen bei „Ex-Machina“ (2014, zum Thema KI), „Men“ (2022, männliches Dominanzdenken) oder zuletzt „Civil War“ (2024) über einen Bürgerkrieg in den USA, ausgelöst von einem Präsidenten, der seine Amtszeit eigenwillig verlängert.
Bei „Warfare“ nun verhält es sich ein wenig anders: Der Film greift ein Ereignis aus dem Jahre 2006 auf, bei dem U.S. Navy SEALS, eine militärische Spezialeinheit der US-Streitkräfte, in einen erbitterten Häuserkampf im Irak verwickelt wurden und nur unter Verlusten teilweise gerettet werden konnten. In Echtzeit erzählt, verweilt die Handlung/Kamera komplett an der Seite der westlichen Soldaten, während ihre Gegner lediglich aus der Entfernung gezeigt werden.
Unabhängig von der Qualität der filmischen Umsetzung bewegen sich solche Werke oftmals auf dem schmalen Grat zwischen Kriegsverherrlichung und dumpfem Patriotismus einerseits und schmerzhafter Abrechnung mit Waffengewalt und Entmenschlichung andererseits. „Warfare“ ist da keine Ausnahme und kann je nach ,Gesinnung’ seines Publikums auf beide Arten gelesen werden: Als Loblied auf Kameradschaft und gegenseitige Unterstützung in lebensgefährlichen Situationen oder als flammender Appell gegen die Überheblichkeit amerikanischer Besatzer, die für ihre Taten bestraft werden. Ganz gleich jedoch, für welche Interpretation mensch sich entscheidet: So nah an der Kriegsrealität waren bisher nur wenige Filme.
Die Truppe um den befehlshabenden Erik (Will Poulter) dringt nachts in ein Wohnhaus zweier irakischer Familien ein und besetzt dieses mit dem Auftrag, Gebäude der Umgebung zu observieren und mögliche Al-Qaida-Kämpfer zu identifizieren. Ihre Anwesenheit bleibt jedoch nicht unbemerkt und schon bald darauf wird das Haus angegriffen. Eine Flucht scheint unmöglich, eine Rettung von Außen ebenso. Während sich die Kämpfe intensivieren, versuchen die Soldaten einen kühlen Kopf zu bewahren – und schlicht zu überleben.
Psychologischer Druck, schmerzhafte Verletzungen, konstanter Gefechtslärm und Schreie, die bis ins Mark gehen: „Warfare“ katapultiert sein Publikum inmitten eines Albtraums. Routinierte Handgriffe der Soldaten geraten aus dem Tritt, die anfängliche Langeweile während der Observierung weicht beständiger Angst, in der nächsten Sekunde zu sterben. Was im Horror- oder Thrillergenre perfekte Zutaten für ein gelungenes Filmerlebnis wären, erweist sich beim quasi-dokumentarischen „Warfare“ als Geschmäckle – denn was hier präsentiert wird, geschieht mit hoher Wahrscheinlichkeit genau in diesem Moment (nicht nur) an den Außengrenzen Europas. Dass der Film zudem die zivile Bevölkerung nur in wenigen Szenen integriert und sich komplett auf das Schicksal der Soldaten fokussiert, hilft ebenso wenig dabei, das klare Anliegen dieses Streifens zu deuten. Denn letztendlich sind die Amerikaner die Besatzer eines fremden Landes, wählen sich gewaltsam ein Mehrfamilienhaus als Operationszentrale aus und nehmen die Gefahr für die irakischen Zivilisten ohne weiteres in Kauf. Dass von deren Besitz und Unterkunft nach 90 Minuten nichts mehr übrig ist, spielt keine Rolle.
Nun halte ich Regisseur Garland für zu intelligent, um lediglich eine Lobhudelei für die Navy SEALS präsentieren zu wollen. Tatsächlich gelingt es durch den begrenzten Handlungsort und das beeindruckende Sounddesign, die Hölle Krieg fühlbar zu machen. Doch wozu? Nichts, was „Warfare“ als Aussage zurücklässt, ist neu. Nichts, was die Kämpfer auf beiden Seiten des Schlachtfelds tun, erweckt Mitgefühl oder Bewunderung. „Das erste Opfer des Krieges ist die Unschuld.“, lautete schon 1986 die Tagline des vierfach mit dem Oscar ausgezeichneten Vietnam-Kriegsfilms „Platoon“. Dem hat auch Garland (und Co-Regisseur Ray Mendoza, auf dessen Erinnerungen der Film basiert) nichts hinzuzufügen. „Das zweite Opfer des Krieges sind die Zivilisten.“, wäre meine Ergänzung. Doch das ist in „Warfare“ nicht von Belang.
So bleibt ein Film zurück, der gleichsam Mutmacher wie Kritiker sein will (oder soll?), technisch herausragend daherkommt und doch keinerlei neue Erkenntnis bringt. Aber das trifft ja auch auf jeden neuen bewaffneten Konflikt zu, den die Bestie Mensch von Zaun bricht.
Die DVD/Blu-ray/4K Ultra HD bietet den Film in englischer Original- sowie deutscher Synchronsprachfassung. Deutsche Untertitel sind optional zuschaltbar. Als Bonus gibt es eine kurze Werbe-Featurette und Trailer. „Warfare“ erscheint bei Leonine und ist seit 1. August 2025 auch digital erhältlich. (Packshot + stills: © Leonine)
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